Schwierig etwas über einen Gedichtband zu sagen, den ich nicht von vornherein besprechen wollte. Zumal wenn es sich um eine chronologische Auswahl aus einem ganzen und sehr reichen Dichterleben handelt. Es sind große Gedichte. Gewaltige Gedichte. Gedichte, die die ganze Ambivalenz des Lebens zwischen Schönheit und Grausamkeit einfangen.
Ganz sicher ist es nicht nur eine schöne, sondern auch eine überaus nützliche Begabung von schrecklichen Dingen so erzählen zu können, dass andere zuhören wollen. Tanja Maljartschuk hat dieses Talent. Wenn sie sich in „Erinnerungen an das Sinnliche“ über Hören, Riechen, Schmecken und sehen an ihre Familiengeschichte erinnert und dabei von ihrer Großmutter erzählt, die den stalinistischen Holodomor überlebt hat, klingt das so: „Meine Großmutter hat Pilze im Wald gesucht und geschworen, als es noch kalt war, einen seltenen Pilz gefunden zu haben, der Judasohr heißt und einem menschlichen Ohr sehr ähnlich sieht. Der Wald war voll von diesen Pilzen, sagte sie, der Wald wollte genau hinhören, was gerade geschah. Und es geschah eine unglaubliche Stille allerorts, weil alles, was singen, krähen, miauen oder bellen konnte, längst gegessen worden war. Gott versteckte sich auch, und zu Recht, sagte meine Großmutter. Seitdem habe sie ihn nicht mehr gesehen.“ Und dann diese traurige Geschichte von den Idealisten, die nach Lösungen suchen und mit ihren Idealen weitesgehend allein bleiben, in dem vielleicht längsten Essay in diesem Band „Ukraina Stelo oder: Die Zukunft verwischt alle Spuren“ schreibt Maljartschuk die gleichzeitig desillusionierende wie inspirierende Geschichte von Lejzer Zamenhof, dem Erfinder der Kunstsprache Esperanto.
Gruen analysiert ausgiebig an geschichtlichen Figuren und seinen eigenen Patienten, wie Autoritätsgläubigkeit, Grausamkeit und ebenso empathie- wie kritiklose Gefolgschaft aus Sozialisationsschäden entsteht. Aus dem Trauma als Kind nicht geliebt worden zu sein. Letztendlich schließt diese Lektüre an Tempest "Verbundenheit" an, aber auch an Cains Bittersüß. Gruen schreibt: "Ohne Bewußtwerden seines Schmerzes kann ein Mensch nicht zum Menschen werden. Er kann höchstens einer effizienten Maschine gleichkommen, die das Menschsein imitiert. Diejenigen dagegen, die Schmerz spüren, bleiben bei ihrem Bemühen, ihre Individualität, ihre Vitalität und ihre Liebe zum Leben zu realisieren. Das haben die anderen mit ihrem der unterdrückenden Rache gewidmeten Leben aufgegeben."
starke, sehr eigenwillige geschichten. ein ebenso starke hintergrundgeschichte. die manuskripte haben jahrzehntelang in einer kiste gelegen, die die tochter der früh verstorbenen autorin collins, nicht zu öffnen wagte. wieder so ein tragischer fall von viel zu frühem tod und einem großen talent, das erst postum entdeckt wird.
Die Menschen sprechen immerzu "leise", wenn sie etwas bedeutsames sagen und überhaupt ist für meine Geschmack manchmal zu viel dafür getan worden, dass sich das alles spannend und gut liest. Trotzdem ein wertvolles Buch, das mir Einsichten geschenkt und Prozesse in Gang gebracht hat.
Jung betrachtet den Traum als Ratgeber und unentbehrlichen Zugang zu „innerer Weisheit“. Irgendwie klingt das jetzt seltsam, aber er meint damit etwas, das ich wirklich gut nachvollziehen kann. Es ist so eine Art Wissen, die befreit von Willkur und im Alltag greifenden Kontrollmechanismen häufig immer tiefer vergraben wird, das aber nichtsdestotrotz da ist mit einer Fähigkeit uns zu beschützen, indem es uns durchschaut. Die Beispiele, die zu den jeweiligen Erkenntnissen oder Thesen angeführt werden, sind nicht nur sehr gut zu lesen, sondern verankern die Theorie in anschaulichen Bildern.
lyrische Erkundung von Neuland, zärtliche Beschreibungen von randständigen, häufig übersehenen Menschen. auch viele Engel, mit denen ich weniger anfangen kann.
Nachvollzug der Jahreszeiten mit Heilpflanzen im Naturschutzgebiet. Darin "die Wildnis so hilflos und alt."
Zeit online nennt es ein rasendes Requiem. Sehr passend. Aber es ist auch dieses großartig passende Bild von Einatmen und Ausatmen, von Aufgeben wollen und doch noch etwas mehr können, als man eigentlich glaubt, dass Bogdan hier so toll handhabt, dass Laufen und Trauerprozess sich von einem Weglaufen vor dem Schmerz zu einem langsamen Lauf auf den eigenen Weg und das neue beschädigte, aber immer noch lebenswerte Leben zu, verwandeln.
Gute Gedichte. Wütende Gedichte. Anklagende und traurige Gedichte. Vielleicht ist das: Liebe Wut und Trauer, vielleicht sind das die Quelle unserer Macht.
In diesem Buch sind die Regeln des Lebens, wie man es sich vorstellt, wie es sein sollte, außer Kraft gesetzt. Auf sehr gute Jahre folgt ein dramatischer Absturz. Dabei geht es Levy nie nur um eine persönliche Geschichte, immer spielen außerdem Fragen, was es bedeutet eine Frau zu sein, auf wie viele verschiedene Arten Frauen Frauen sind, eine Rolle.
Interessante Details über Entstehung und Dynamik des Kapitalismus. Überzeugendes und beispiel- und faktenreiches Plädoyer für eine schrumpfende Wirtschaft nach dem Modell der britischen Kriegswirtschaft als Weg zur langfristigen Überlebenswirtschaft, in der nur verbraucht wird, was wieder recycelt werden kann.
Ebenso wie Sterben im Sommer ein Abschiedsbuch einer Tochter, die ihren Vater sehr geliebt hat. Allerdings stirbt Adiches Vater plötzlich und auf einem anderen Kontinent, während der Corona Pandemie. Berührend erzählt sie in dem schmalen Buch davon, dass Trauer das Gefühl ist, geliebt zu haben. Und seine Liebe jetzt in eine andere Form transformieren zu müssen.
Hintergründe zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Wissenschaftlich, und weder besonders leserfreundlich noch zu abstrakt. Einiges verstanden, wenig behalten.
Wütend, intim, schmerzhaft aufrichtig und absolut schonungslos. Ein großartiges Buch.