Die Welt ist voll von Dingen, die man „wissen sollte“. Doch wer entscheidet eigentlich, was wissenswert ist? Warum wissen die meisten, was der Stein von Rosetta ist, aber kaum jemand, was die Behistun-Inschrift ist?
Diese Kernfrage – „Was ist wissenswert?“ – wird in den 42 Kapiteln beleuchtet, in denen Dr. Jens Foell uns kuriose, interessante, gruselige und ja – wissenswerte Fakten vorstellt. Das tut er in einem lockeren Stil, der sich leicht lesen lässt, sodass man auch als Laie problemlos mitkommt. Hilfreich war es auch, dass er viele Filme und Spiele als Referenzen zurate zieht, sodass man sich die Fakten nicht nur besser verdeutlichen, sondern auch besser merken kann.
Einige Fakten habe ich sogar zumindest teilweise schon gekannt (4'33'', anterograde Amnesie, der Ophiocordyceps unilateralis, der Voyager Golden Record), doch hat Dr. Foell mein Wissen um sie noch um einiges erweitert. Viele Fakten waren mir auch gänzlich unbekannt, und dass, obwohl sie so interessant waren, dass sie imho zum Allgemeinwissen zählen sollten: Lemuria, der „Corrupted Blood“-Vorfall, Schleimpilze, Conways Spiel des Lebens … und so viel mehr. Auch allgemeinere Fakten werden vorgestellt: Warum die Gruppe manchmal weniger weiß als ihre einzelnen Mitglieder, warum man sich Statistiken nicht einfach ausdenken kann, warum man nicht existente Dinge manchmal fühlen kann und warum manchmal der Schwächste überlebt.
Insofern ist dieses Sachbuch für alle Menschen geeignet, die ihr Wissen auf humorvolle Weise erweitern wollen – unabhängig von ihrer Nerdigkeit ;-)
Nachdem mir bereits Jens Foells „Foellig nerdiges Wissen“ sehr gut gefallen hatte, war ich neugierig, was für neues Wissen „Fakten sind auch nur Meinungen“ enthalten würde – und war trotz vieler Beispiele, die ich bereits kannte, positiv überrascht davon, wie kompakt und übersichtlich die verschiedenen Probleme (und mögliche Lösungen) präsentiert wurden.
Natürlich habe ich mich oft dabei erwischt, selbst auf gewisse Probleme hereinzufallen. Gleich beim ersten Teil, dem „Hinschauen“, und dem ersten Kapitel, „Wir übersehen Dinge“, bin ich nicht darauf gekommen, dass es wahrnehmbare Hinweise gibt, die man schlicht ignoriert, um seinen Punkt festzumachen; stattdessen habe ich das Gedankenspiel mit den zwei Embyros als solches akzeptiert. Das ist bei mir definitiv eine Schwäche: Bei Gedankenspielen bin ich eher bereit dazu, mögliche Fehler in der Logik zu ignorieren, was sich auch auf das wahre Leben auswirkt.
Andere Probleme sind mir bewusster (so das zweite, „Wir beobachten und erinnern schlecht“ und das dritte, „Wir können nur messen, was wir haben“), was natürlich nicht heißt, dass ich nicht ebenfalls in sie tappe, aber zumindest weiß, dass ich es tue.
Das vierte Problem, „Wir hinterfragen unsere Methoden nicht“, war eines meiner Lieblingskapitel, weil das Phantom-Beispiel mir einerseits unbekannt war und es andererseits hervorragend illustrierte, wie stur wir sein können, wenn es um scheinbar objektive Daten geht.
Mein allgemeiner Lieblingsteil war „Hypothesen testen“, weil er viele gute Beispiele, wichtige Probleme und praktische Lösungsansätze enthielt. Speziell die Anwendung der Fermi-Schätzung war beeindruckend, aber auch das Suchen nach Erklärungen für scheinbar unerklärliche Vorkommnisse und die Wichtigkeit des Falsifizierens waren beide hilfreich.
Danach zeigte der „Interpretieren“-Teil hervorragend, wie schwierig es ist, die richtige(n) Erklärung(en) zu finden. Das Marshmallow-Beispiel gehört dabei wohl zu den bekanntesten, weshalb mir die Beispiele im „Wir wissen nicht, welche Erklärung stimmt“ umso besser gefielen. Ob es nun ein Stein vom Mars oder rechnende Bienen sind: Ich war sehr fasziniert davon, die möglichen Erklärungen dazu zu lesen, wobei das ECREE-Prinzip zu den Dingen gehört, die ich als Hilfsmittel besonders praktisch fand. Die übrigen zwei Kapitel in diesem Teil waren mir wieder bekannter, aber deshalb nicht unwichtiger.
Zuletzt gab es den Teil des „Weitererzählens“, der sich mit dem Lesen und Bewerten von Studien befasst. Schon in den vorigen Kapiteln habe ich gemäß meiner Interessen Recherchen zu gewissen Beispielen betrieben, doch das war der Teil, bei dem ich noch motivierter war, das zu tun. Tatsächlich kann ich kaum fassen, dass die beschriebenen Studien an einem Peer Review vorbeigekommen sind, wobei es, wie Jens Foell beschreibt, leider auch Verlage gibt, die Studien ohne Peer Review veröffentlichen.
Zusammengefasst hat dieses Sachbuch mich an alte Erkenntnisse erinnert und mir neue beschert, oder auch: Mir bewusst gemacht, dass selbst die Wissenschaft nicht komplett ohne Meinung auskommt, weil selbst bei existierenden Fakten die Schwäche der Menschen zum Vorschein kommt: Unsere eigene Subjektivität.