Nachtzug nach Lissabon
496 Seiten

Dieses Buch ist mal wieder ein gelungenes Beispiel für einen völlig mißlungenen Klappen- und Umschlagtext und was daraus wird: Mehr als die Hälfte der Bewertungen bei amazon sind gut bis sehr gut, ca. ein Drittel schlecht bis sehr schlecht und lediglich 10% finden es 'so ok'. Kein Wunder: Wer sich ein Buch kauft aufgrund der vollmundigen Ankündigung als Krimi ('Bewußtseinskrimi!'), in dem der Protagonist Raimund Gregorius um sein Leben fürchten muss, wird schwer enttäuscht sein von dieser Lektüre. Statt Verbrechen und gefährlichen Situationen ist der Schwerpunkt dieser Reise nach Lissabon eine Suche. Die Suche nach dem, was den wahren, echten Menschen ausmacht.
Klingt, als ob sich um einen weiteren der zahllosen Lebensratgeber handelt: Wer bin ich? Was will ich? Erkenne dich selbst! Das Ganze verpackt in eine unterhaltsame Rahmenhandlung, die Gregorius auf der Suche nach einem portugiesischen Autor (Prado) nach Lissabon führt. Doch weit gefehlt. Statt der üblichen mittlerweile alltäglichen Ratschläge wie 'Gönnen Sie sich eine Auszeit und entdecken Sie, was SIE wollen!', legt der Autor Schicht für Schicht all die Einflüsse offen, die das eigene Ich einzwängen, bedrängen, leiten.... Doch ist das was dann bleibt, das eigene ICH?
Durch das Lesen der Schriften des verstorbenen Prados und der Erforschung dessen Lebens erfolgt Gregorius' zunehmende Erkenntnis seines eigenen Ich. Prado war besessen von dieser Frage, wer er selber war und Gregorius beginnt verstärkt sich ebenso diesen Fragen zu stellen wie ganz zwangsläufig auch die Leserinnen und Leser.
Doch dies ist nur ein Thema (wenn auch das hauptsächliche) um das dieses Buch kreist. Es geht um Gott, um den Tod, das Miteinander der Menschen... Ein ungemein reichhaltiges, inhaltsschweres Werk das sich dennoch nicht allzu schwer liest. Doch es ist keine Unterhaltungslektüre die nur zu konsumieren ist. Um's eigene Gedanken machen wird man kaum herum kommen :-)

Nachtzug nach Lissabon
496 Seiten

Nach der Lektüre dieses Buches ist man ein anderer Mensch als vorher. Jedenfalls ging es mir so, und ich hatte das Gefühl, über dieses Buch mit anderen reden zu müssen. Dabei stellte ich fest, dass ich mit meinen Eindrücken nicht allein war. Das Buch bewegt Menschen und verleitet zu Gedanken darüber, was im Leben wesentlich ist. Mittlerweile habe ich allerdings auch Menschen kennen gelernt, die sich beim Nennen des Titels verzweifelt an den Schädel fassen und bekennen, das Buch spätestens nach hundert Seiten in die Ecke geknallt zu haben. Auch das gibt es.