Alles, was ich von mir weiß
335 Seiten

"Alles, was ich von mir weiß" behandelt ein Thema, das von sich aus schon ganz viel Spannungspotenzial besitzt: Gedächtnisverlust. Nicht nur, weil es spannend sein könnte aufzuarbeiten, was denn in der verlorenen Zeit geschehen ist, sondern auch, weil ich es unglaublich interessant finde, wie die Betroffenen und deren Umgebung damit umgehen. All dies habe ich mir von diesem Buch über die junge Frau Ember, die nach einem schweren Autounfall sechs Wochen ihres Lebens vergessen hat, erhofft und, wenn auch nur teilweise, aber auf außergewöhnliche Weise bekommen.

Diese Geschichte beginnt an einem Tag, an dem Ember wieder aus der Reha zurück nach Hause zu ihren Eltern gehen darf. Nach dem Unfall lag sie einige Wochen im Krankenhaus und verbrachte danach noch viele Monate in der Reha. Sie hat einige schwere Verletzungen davongetragen und musste natürlich erst mal wieder lernen mit ihrem geschwächten Körper umzugehen. Auch die vergessenen sechs Wochen vor dem Unfall verursachten ihr immer wieder Sorgen. Als sie dann wieder Zuhause ist, wird sie zwar herzlichen empfangen, aber doch auch sehr vorsichtig. Sie wird wie ein rohes Ei behandelt und fühlt sich dabei sehr schnell eingeengt von zu viel Fürsorglichkeit. Zudem merkt Ember schnell, dass ihr nicht alles gesagt wird. Zuerst ist da der junge Mann, der beim Unfall auch mit im Auto saß, aber da scheint noch viel mehr zu sein.

Embers Sicht führt uns durch ihr Leben nach der Reha und somit beginnt das Buch recht ruhig. Der Schreibstil ist gefühlsbetont und nachdenklich und beschäftigt sich viel mit Embers Gedanken. Durch den eher stillen Einstieg in die Geschichte konnte ich mich persönlich schnell und gut in Embers Gedankenwelt einfühlen und war deshalb unglaublich interessiert, wie ihr alltägliches Leben nun mit dem Gedächtnisverlust weitergeht. Auch wenn es nur sechs Wochen sind, die ihr fehlen, scheinen sich diese wie ein riesiges Loch in ihren Gedanken anzufühlen. Schließlich ist es nicht nur die Unfallnacht, die ihr fehlt. Wenn man so etwas noch nie erlebt hat, kann man sich das wahrscheinlich nicht mal im geringsten vorstellen, bei "Alles, was ich von mir weiß" hatte ich aber zumindest das Gefühl, dass es sich dem Thema annähern konnte.

Besonders eindringlich wurden hier auch die Reaktionen der Menschen um Ember herum beschrieben. Da waren nicht nur ihre Eltern, sondern auch Freunde oder bloße Bekannte. Niemand schien so recht zu wissen, wie man nun mit ihr umgehen sollte, was man sagen darf und was nicht. In dem Zusammenhang spielen auch die sechs vergessenen Wochen eine Rolle, denn Ember selbst scheint in dieser Zeit eine ganz andere Person gewesen zu sein, die aber niemand so richtig mehr haben will. Alle scheinen froh zu sein, dass sie wieder die alt bekannte Ember haben. Viele, viele Seiten über hat sich in meinen Augen einfach jeder verdächtig gemacht, der offensichtlich nicht alles aus- oder angesprochen hat. Genau das hat wiederum enorm zum Spannungsaufbau beigetragen. So interessant die Reaktionen der anderen Personen auch waren, so hätte ich mir doch gewünscht, dass sie mehr sein könnten als bloß stereotype und besorgte Menschen. Da wirklich alles nur aus Embers Sicht beschrieben ist, bekommt der Leser natürlich auch nur diese mit, sodass besonders ihre Eltern schnell zu nervigen, übereifrigen und nervösen Menschen degradiert werden und ihre beste Freundin oft mehr eifersüchtig als froh wirkt. Hier wären weitere Sichtweisen oder auch nur erklärende Szenen wichtig gewesen, um diese Personen aus dem Klischee herauszuholen.

Ember, die den neuen Alltag auf sich zukommen lassen soll, um die vergessene Zeit ganz von allein wieder zu bekommen, ist ein Charakter, der mich zweigespalten zurückgelassen hat. So ruhig das Buch auch angefangen hat, so schnell wird klar, dass Ember nicht immer ein leiser oder sanfter Mensch ist. Sie entwickelt mit der Zeit ihre eigene "Kopf durch die Wand"-Methode, die ihr vielleicht Ergebnisse bringt, irgendwann allerdings nur noch fürchterlich egoistisch wirkt. Ich suche zwar per se nicht ständig Charaktere, die ich sympathisch finden kann, aber hier fand ich die Entwicklung wirklich schade. Vor allem, weil sich dadurch viele Situationen andauernd wiederholt haben, beispielsweise Szenen, bei denen Ember viel zu spät nach Hause kam und mal wieder genervt war von der Sorge ihrer Eltern, die stundenlang gebangt hatten. Was ihr allerdings während dieser spontan Aktionen passiert, ist wiederum ziemlich faszinierend, weil sich hier eine kleine, aber intensive Liebesgeschichte entwickelt. Sie trifft Kai, Kai trifft Ember und beide werden gleich unglaublich voneinander angezogen. Eine frische Liebe, die fast surreal wirkte und beim Lesen viel Spaß machte.

"Alles, was ich von mir weiß" ist nicht nur ein Buch, das einen schweren Unfall, Schuldgefühle und einen Gedächtnisverlust aufarbeitet, sondern auch eine Suche nach sich selbst. Ember, die sich durch die lange Zeit in der abgeschiedenen Reha-Klinik gar nicht mehr zu kennen scheint, fühlt sich langsam wieder in sich selbst ein. Es ist ein spannendes Buch voller Geheimnisse mit einer überraschenden Wendung, die dem Gedächtnisverlust noch ein weiteres Level verpasst. Für mich war die Wendung an sich nichts, das mich vom Hocker gerissen hätte (dafür sind mir ähnliche Überraschungen in letzter Zeit zu oft begegnet), aber sie war dennoch kaum vorauszusehen und besonders die Erklärungen haben mich überzeugt. Trotz einiger Längen durch Wiederholungen empfehle ich dieses Buch allen weiter, die sich für das Thema Gedächtnisverlust interessieren.

Der Weltenfinder: Die zweite Reise ins Wolkenmeer
432 Seiten

Mit "Der Weltenfinder" lässt uns Bernd Perplies schon zum zweiten Mal das Wolkenmeer bereisen. Vor gut einem Jahr habe ich den "Drachenjäger" gelesen und war bereits fasziniert von dieser Welt und hätte mir gewünscht, dass das Buch noch viel mehr Seiten hätte. Nun gibt es gleich ein ganzes zweites Buch, das ist noch viel cooler. Es handelt sich nicht um eine Fortsetzung, sondern um eine eigenständige Geschichte in derselben Welt mit einem anderen Protagonisten und anderen Zielen. Charaktere aus dem Drachenjäger tauchen hier und da für kurze oder auch längere Zeit dennoch auf und bringen tolle Erinnerungen an die erste Reise mit. Doch selbst ohne Kenntnis des ersten Buches erwartet euch im Weltenfinder ein eindrucksvolles Abenteuer.

Die Hauptfigur Corren von Dask ist ein Gelehrter und im ersten Kapitel schwer damit beschäftigt, in eine Klosterbibliothek einzudringen und eine Karte zu stehlen. Diese benötigt er, um seine langjährige Forschung nach dem Grund des Wolkenmeers endlich voranzutreiben, und die Karte bringt auch tatsächlich den erhofften Durchbruch: Er kann sich auf die Suche nach der verschollenen Stadt ThaunasRa machen. Wer das erste Buch bereits kennt, ist mit den Gefahren und Besonderheiten des Wolkenmeers bereits bestens vertraut, aber … nun, wie soll ich das sagen? – Corren kennt den Drachenjäger und Lian, den Protagonisten, offensichtlich nicht. So trifft er irgendwann in Skargakar ein und versucht ein Flugschiff samt Besatzung zu finden und muss schnell erkennen, dass er sein Vorhaben etwas zu naiv angegangen ist. Doch irgendwann findet sich eine Truppe zusammen und sie können sich gemeinsam auf den Weg machen.

Das Wolkenmeer an sich ist genauso spannend wie im ersten Buch, doch der Fokus ist hier ein ganz anderer und deshalb zeigt Bernd Perplies uns Leser*innen andere Aspekte. Das hier ist diesmal nicht die nervenaufreibende Jagd nach einem uralten Drachen, sondern eine etwas ruhigere Jagd nach altem Wissen und der Vergangenheit. "Etwas ruhiger" sage ich mit Absicht, da es sich immer noch um das Wolkenmeer handelt und dort allerhand auf die Forschungsgruppe wartet – seien es Drachen oder Taijirin, die Vogelmenschen, die dort auf den versprengten, schwebenden Inseln leben und Menschen nicht immer wohlgesonnen sind; seien es Intrigen, weil Corren nicht mehr der einzige ist, der nach der verschollenen Stadt am Grund des Wolkenmeers sucht. Correns Forschergeist und auch der seines Begleiters Zamashuras ist in jedem Kapitel zu erkennen. Zamashuras ist übrigens ein Quano, diese Wesen spielen in den "Imperium der Drachen"-Büchern eine große Rolle. Verbindungen zwischen und Verweise auf andere Werke wurden hier hervorragend eingeflochten und es bereitete mir sehr viel Freude, wenn ich so was bemerkt habe.

Bei dieser zweiten Reise ins Wolkenmeer sind Corren von Dask und seine Truppe auf der Suche nach der Entstehung dieses Meeres und nach Ruinen, die sich unter all den Wolken und dem Nebel befinden sollen. "Der Weltenfinder" gibt damit eine ganz neue und spannende Perspektive, hat dadurch einen etwas anderen Ton als "Der Drachenjäger" und konnte mich wieder für diese fantastische Welt begeistern.

Seeherzen
331 Seiten

Abgebrochen nach ca. 100 Seiten.
Den Anfang fand ich sogar noch ganz gut. Eine junge Frau, die von ihrer Familie und dem ganzen Dorf schikaniert wird und versucht, diese Menschen so gut es geht zu vermeiden und ihren eigenen Weg zu finden. Und dann trifft sie plötzlich für eine Nacht den Mann und ...

Er hatte mir einen neuen Körper geschenkt, ihn mit Händen, Mund und Männlichkeit modelliert und magisch vervollkommnet. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich schön und liebenswert gewesen, ganz gleich, ob Potsheads Bewohner genauso darüber dachten oder nicht. (S. 76)


Ich finde diese Botschaft problematisch. Sie erfährt in ihrem Leben nur Leid und dann kommt irgendwann der magische Mann und befreit sie mit seinem Penis. Na klar. Danach geht's ihr übrigens überhaupt nicht besser, sondern nur noch schlechter. Der Typ ist wieder weg, in ihrem Kopf aber immer noch heilig, und die Leute behandeln sie immer noch scheiße. Ich habe keine Ahnung, ob dieses Narrativ noch aufgelöst oder erklärt wird, aber momentan bin ich nicht motiviert genug, das noch bis zum Ende zu lesen.