Die Prinzessinnengeschichte mal mit anderem Vorzeichen erzählt: Der Prinz wird von einem bösen Drachen geraubt und die Prinzessin macht sich auf den Weg, ihn auf mutige und intelligente Art und Weise zu befreien.
Schön dass es unter Bilderbüchern auch mal so ganz andere Sichtweisen gibt :-) Ansonsten finde ich persönlich die Bilder nur durchschnittlich, sprechen mich nicht besonders an. Aber vielleicht geht es Anderen ja anders...;-)
Morgens aufzustehen und festzustellen, dass man mutterseelenallein auf der Welt ist - gibt es etwas Furchtbareres? Jonas macht diese Erfahrung und setzt als Erstes alles daran, in irgendeiner Form zu irgendjemandem Kontakt herzustellen. Doch egal, was er auch versucht, es bleibt erfolglos: Telefon, Internet, Funkgeräte - nichts und niemand regt sich. Zu Beginn voller Tatendrang, dieses Unerklärliche zu deuten, entwickelt er nach und nach Verfolgungsängste. Ist da nicht doch jemand oder etwas, was vielleicht auch verantwortlich für all das ist? Und nun auch versucht, sich seiner zu bemächtigen? Er beginnt, seine Umgebung und zuletzt auch sich selbst zu überwachen, jedoch ohne Ergebnis. Doch die Furcht wird immer stärker...
Es ist zwar beängstigend mitzuerleben, wie Jonas langsam aber sicher immer paranoidere Züge entwickelt, doch richtig überzeugend ist es nicht. Nur selten stellt er sich beispielsweise die Frage, wie er sein weiteres Überleben sichern will. Oder hat er daran kein Interesse? Statt dessen beschäftigt er sich weiter mit der Suche nach dem großen Unbekannten durch das Installieren von Überwachungskameras und stürzt sich zudem auf die Wiederherstellung der alten elterlichen Wohnung, die mittlerweile schon vor längerem von Fremden bezogen wurde. Zuflucht in einer vertrauten Vergangenheit?
Einerseits ist die ganze Szenerie sehr realistisch dargestellt, andererseits sind die Handlungen des Protagonisten nur schwer nachvollziehbar. So hört man immer oberflächlicher zu (obwohl Heikko Deutschmann das Ganze gut wiedergibt) und fragt sich immer wieder nur: Wieso? Und ist nicht ganz unglücklich, als das Hörbuch zu Ende geht.
Ich habe bisher nur einen von Nele Neuhaus' Romanen gelesen: 'Schneewittchen muss sterben' und der war ok. Gut geschrieben, überzeugende Personen und Milieuschilderungen, spannende Handlung. Was mich damals bereits störte, taucht auch in diesem Krimi wieder auf: Eine Vielzahl von Handlungssträngen, die ihrer Aufgabe, Verwirrung beizutragen, sicherlich gerecht werden, aber auch zu manchen Längen im Buch führen.
Kurz mal ein Überblick über die Geschehnisse: Ein vorbestrafter Pädophiler bekommt Besuch von einem jungen Mädchen; ein junges Mädchen (die selbe?) treibt tot im Main; eine Fernsehreporterin ermittelt in unbekannter Sache; ein unangenehmer Kollege von früher will Bodenstein etwas anhängen; die beste Schulfreundin von Pia hat Eheprobleme. Ob und wie die Geschehnisse zusammenhängen, bleibt lange ungewiss, was der Spannung leider nicht immer guttut. Natürlich ahnt man, dass hier Zusammenhänge existieren, die sich am Ende des Buches auch alle offenbaren, aber 100 Seiten weniger hätten der Geschichte vielleicht besser getan. Dennoch: Die Spannung reicht aus, um die 473 Seiten zu Ende lesen zu wollen - und das zählt ja :-)
Was mir im Gegensatz zu 'Schneewittchen muss sterben' hier fehlte, waren die Milieuschilderungen. Diese sind mir noch immer im Gedächtnis, die bedrückende Enge der Dorfgemeinschaft, die Neugier der MitbewohnerInnen, das Verstohlene. In 'Böser Wolf' kommt so etwas nicht vor, denn man erhält nur kurze Einblicke in die unterschiedlichen Lebensmilieus der Protagonisten, die dieses Mal die Hauptrolle spielen. Doch auch sie hinterlassen keine bleibenden Eindrücke, was vielleicht dem häufigen Szenewechsel geschuldet sein mag.
Alles in allem: ein gut geschriebener, unterhaltsamer Durchschnittskrimi.
Auch wenn der Eindruck entstehen sollte, hier handle es sich um eine Biographie Dietrich Bonhoeffers: Der Schwerpunkt liegt auf der Darstellung seiner Auseinandersetzung mit sich selbst angesichts seines Glaubens. Natürlich wird auch sein Lebensweg beschrieben, seine Jahre im Ausland, das Kennenlernen von Menschen die sein Dasein deutlich beeinflussen sollten, die seine Vorstellungen, Werte und Überzeugungen auch in Frage stellten. Doch das zentrale Thema ist immer wieder wie sich Bonhoeffer mit seinem Glauben auseinandersetzt. Wie er versucht mit seiner Kirche klar zu kommen und letztendlich doch seinen eigenen Weg geht, trotz aller Schwierigkeiten und Gefahren die dies mit sich bringt. Für ihn steht die Liebe zum Nächsten im Vordergrund, unabhängig von Rasse, Religion oder politischer Zugehörigkeit, ohne jeden Kompromiss. Dietrich Bonhoeffer muss ein sehr beeindruckender Mensch gewesen sein, voll dem Leben zugewandt und dennoch stark in seinem Glauben verhaftet.
Theologische Aspekte werden angerissen, so dass das Buch auch für Jugendliche (ab ca. 13 Jahren, nicht ab 10 wie ich in einer Rezension las) und 'Theologieverächter' :-) durchaus lesenswert ist. Mein Interesse ist geweckt, noch mehr über diesen Menschen und seine Überlegungen zu lesen.
In Ankh-Morpork gehen außergewöhnliche Dinge vor sich - und zwar deutlich mehr als sonst üblich. Ein Mann wird ermordet, eine Steinsemmelfälschung gestohlen, wobei es danach unglaublich nach Katzenpisse oder etwas in der Art riecht, unter den Zwergen herrscht eine auffällige Unruhe - ob all dies mit der bevorstehenden Krönung des neuen Zwergenkönigs in Überwald zusammenhängt? Doch bevor Mumm Licht in diese Angelegenheiten bringen kann, wird er aus diplomatischen Gründen gemeinsam mit seiner Gattin Lady Sybil Käsedick nach Überwald beordert. Was ursprünglich nach einer reinen Routinemission aussieht, entwickelt sich jedoch zu einem hochbrisanten Kriminalfall und Mumm ist plötzlich mitten drin in einem ungeheuren Komplott...
Ein wunderbarer Spaß, der mit gewissen Verhältnissen auf unserem Heimatplaneten doch diverse Gemeinsamkeiten hat. Furcht vor Veränderung, Terror im Namen der eigenen Überzeugung, Angst vor dem Verlust der eigenen Werte bzw. von anderen übernommen zu werden - ich finde es immer wieder fantastisch, wie es Pratchett gelingt, hochaktuelle ernste Themen in die verdrehte, witzige Scheibenwelt zu packen. Aber vielleicht ist sie ja gar nicht so verdreht...;-)
Vorgetragen wird das Ganze von Dirk Bach und es ist wirklich ein Vergnügen, ihm dabei zuzuhören. Mumm, seine Gattin, Trolle, Werwölfe, Zwerge - alle haben sie ihre eigene Stimme und es ist kein Problem, sie zu unterscheiden. Lediglich die Vielzahl der Personen und die Szenenwechsel stellen gelegentlich eine Herausforderung dar, so dass das Buch vermutlich eine sinnvolle Ergänzung ist.
Viel erzählen kann man von diesem Buch nicht, sonst wäre bereits einer (der doch recht zahlreichen) Höhepunkte dieser Handlung enthüllt. Nur so viel: Zum völlig perfekten Verbrechen fehlt nicht viel. Kinder verschwinden - und außer der Familie erfährt es kein Mensch. Verbrechen mit einem System, das man sich kaum vorzustellen vermag, denn vielleicht nutzt es tatsächlich jemand und niemand weiß es...
Aber ich lasse diese Überlegungen. Die Gedanken sind frei und Adler-Olsen serviert uns hier einen Fall, der hoffentlich für immer und ewig reine Fikton bleiben wird. Ungewöhnlich ist aber nicht nur das Verbrechen, sondern auch die andere Geschichte, die hier noch geschildert wird. Von Beginn an kennt man den Täter und begleitet ihn bei seinen Greueltaten, während man gleichzeitig den Verlauf seiner Jugend erzählt bekommt, die mit der gleichen Erbarmungslosigkeit ablief wie er sie nun seinen Opfern gegenüber zeigt. So ist man hin- und hergerissen zwischen dem Mitgefühl mit dem Kind und dem Abscheu gegenüber dem erwachsenen Psychopathen, der 'eigentlich' nichts weiter als die Schrecken seiner eigenen Kindheit verarbeitet.
Ein wirklich spannender Fall, der einem zudem tiefere Einblicke in die 'Funktionsweise' sektenähnlicher Religionsgemeinschaften gewährt, die mehr oder weniger alle in gleicher Art und Weise agieren.
Das Einzige was mich etwas störte, war Carl Mørck und seine Crew. Ich wurde im Gegensatz zu den ersten beiden Büchern nicht warm mit ihnen. Obwohl das Buch knapp 600 Seiten hat, blieben die Sympathiewerte eher gering, wobei ich Rose sogar ein bisschen zu übertrieben fand. Aber vielleicht war ja der Abstand zum letzten Krimi zu lang - am besten, ich fange schnellstmöglich mit Band 4 an ;-)
Gleich vorweg: Das Buch ist einfach schlecht - schlechter Stil und schlechter Inhalt. Sofort zu Beginn kommt eine zweiseitige Werbung für Duisburg, die ebenso aus einer Imagekampage des Tourismusbüros hätte stammen können. Bei einem kurzen Abstecher nach Trier erfährt man hingegen so gut wie nichts von dieser Stadt (vielleicht auch besser so ;-)). Die Handlung selbst ist schnell zusammengefasst: Frauen, die sich gerade von ihren Ehemännern getrennt haben, werden umgebracht. Man ist als LeserIn bei den Taten dabei ohne jedoch zu wissen, wer der Täter ist. Nur so viel weiß man: Er ist getrieben von einer Art religiösem Wahn.
Die Autorin versucht mit allen Mitteln einen Tatverdächtigen 'aufzubauen', was ihr meiner Meinung nach jedoch völlig misslingt. Zu offensichtlich werden Sachverhalte beschrieben, die auf ihn als Verdächtigen hinweisen sollen, ein Holzhammer ist nichts dagegen. Daneben ist das Buch voll von unlogischen Handlungen und Ereignissen. Eine Frau, die jahrelang von ihrem Mann geschlagen wurde, findet von heute auf morgen die Kraft, sich ihm zu widersetzen und ihn zu verlassen. Oder die Reaktion des Kommissars auf die Offenbarung seines Sohnes: Spielt die Geschichte in den 50ern? Ganz übel sind aber solche Patzer: 'In diesem Moment schlitzte der Dolch ihren leichten Mantel auf. Blut sicherte durch den dünnen, hellen Stoff...' Gibt's jetzt auch schon blutende Mäntel? Denn zwei Sätze weiter ist zweifelsfrei klar, dass beim ersten Schnitt tatsächlich nur der Mantel zerfetzt wurde. Und das sind nur wenige Beispiele von vielen.
Tut mir leid, aber das war ein Satz mit X - nämlich gar nix. Vielleicht noch ein bisschen üben??
Müssen Bücher über den (Fast)Tod immer Tiefgang haben? Sicherlich nicht, aber wenn es dazu noch um eine enge Freundschaft geht, erwartet man (oder ich) schon ernsthaftere Gedanken zu diesem Thema. Beispielsweise die Schuldfrage (Wieso du und nicht ich?), wie soll/kann ich ohne dich leben, was ist dein Beitrag zu meinem Leben und meiner zu deinem, wie wäre ich wenn es dich nicht gäbe undundund. Stattdessen wird hier in betont lockerer Sprache lediglich der Ablauf eines Jahres mit einigen Rückblicken erzählt, tiefsininigere Überlegungen tauchen nur in Ansätzen auf. Doch der Reihe nach.
Hannes und Uli, Freunde seit sie sich erinnern können, sind auf der ersten Motorradtour des Jahres unterwegs. Dabei verunglückt Hannes und liegt seitdem im Koma, die Aussichten auf eine Besserung scheinen schlecht. Uli glaubt jedoch fest an ein Wiedererwachen seines Freundes und beginnt, ihm Briefe zu schreiben mit all dem, was während seiner Abwesenheit so geschieht. Der Beginn von Ulis Zivildienst in einem Haus für psychisch Kranke, das Weiterleben von ihm und seinen Freunden, wie Hannes' Eltern damit klar kommen....
Die Sprache ist ausgesprochen flapsig, wie man es sich von einem 19jährigen vielleicht auch vorstellen mag. Aber von einem jungen Mann, der gerade Abitur machte und nun Zivildienst in einem doch recht anspruchsvollen Bereich? Die Autorin hält diesen Stil jedenfalls bis auf einige 'Ausrutscher' konsequent durch. Richtig unpassend fand ich dagegen, wie wenig reflektiert dieser junge Mann sich in seinen Briefen zeigt. Dass er und auch seine Freunde immer wieder, wenn ihnen jemand emotional auf den Schlips tritt, genauer wenn der komatöse Hannes gekränkt, verletzt oder ähnliches wird, immer einer sofort zuschlägt. Im Krankenhaus, in der Kneipe, vor der Wohnungstür - sorry, aber meiner Meinung nach haben auch die jungen Bayern eine zivilisiertere Art miteinander umzugehen :-) Dass hier Gefühle offen liegen und schmerzen, keine Frage, aber wenn das die einzige Form der Auseinandersetzung ist...
Wer einen Unterhaltungsroman möchte mit einem ernsteren Thema, ohne sich aber allzu sehr darauf einzulassen, ist mit diesem Buch vermutlich ganz gut bedient. Wer sich aber etwas intensiver damit beschäftigen möchte, wird enttäuscht sein von dieser Lektüre. Denjenigen kann ich wärmstens ans Herz legen: Du fehlst mir, du fehlst mir! von Peter Pohl.
Jackson, 19jähriger Student, entdeckt, dass er immer wieder ein paar Stunden in die Vergangenheit und zurück reisen kann. Mit seinem Freund Adam, einem Physikgenie, beginnt er, dass Ganze systematisch zu erforschen und der Ursache dafür auf den Grund zu gehen. Doch bevor sie zu weiteren Erkenntnissen gelangen, werden Jackson und seine Freundin Holly von Unbekannten überfallen und Holly dabei erschossen. Nun beginnen sich Jacksons Fähigkeiten in unerwarteter Weise zu entfalten, was er auf seine Art nutzt: Er begibt sich auf die Suche nach den Hintergründen und versucht, die Geschehnisse in der Vergangenheit zu verhindern...
Was als Spannungs-Liebes-Science-Fiction-Roman begann, verliert sich zusehends in einem Kuddelmuddel von Agenten, Zeitfeinden, Verschwörungstheorien, Weltuntergangsszenarien, Ganz- und Halbzeitsprüngen usw. Als ob es der Autorin nicht ausreichte, ihren Helden als Zeitspringer zwischen die Fronten zu schicken um Hollys Tod zu verhindern, wird eine komplexe Verschwörungstheorie angeleiert, die zum Ende hin nur noch zum Kopfschütteln verleitet. Schade, denn das Thema Zeitreisen hätte durchaus auch allein für Spannung und Tiefgang sorgen können. So bleibt es bei kleinen kurzen Anklängen (Was passiert, wenn ich meinem Ich begegne? Gibt es einen Alterungsprozess? Gibt es den Tod?), die dann jedoch zugunsten einer plötzlichen 'spannungsgeladenen Action' kurzfristig wieder abgewürgt werden. Dazu noch ein Hauch von Pseudoerotik, der natürlich ebenfalls endet, bevor es wirklich anzüglich werden könnte - und fertig ist ein Jugendroman, der noch schneller vergessen ist als man ihn gelesen hat.
Schade, wirklich schade, da hätte man mehr draus machen können.
Als Liebesgeschichte wird dieses Buch beschrieben, es gilt das glaubhafteste Liebespaar der modernen Literatur zu entdecken - doch um ehrlich zu sein, empfand ich genau das viel eher als Randgeschichte. Teresa und Tomas sind die Hauptfiguren in diesem Roman und man folgt ihrer zeitweise recht schwierigen Beziehung durch die Zeit. Tomas ist ein notorischer Fremdgänger trotz seiner Liebe zu Teresa, und daran ändert sich auch nichts, als sie die Tschechei verlassen und nach Zürich ziehen. Tomas trifft dort seine 'alte' Freundin Sabina wieder und sie und ihr späterer Geliebter Franz sind das zweite Liebespaar, von dem erzählt wird. All dies wie auch die Rückkehr von Teresa und Tomas nach Prag ereignen sich vor dem Hintergrund des Einmarsches der sowjetischen Truppen in die Tschechei.
Und genau dies ist das eigentlich Thema des Buches: Das Verhalten der Menschen zueinander und sich selbst gegenüber unter den erdrückenden Bedingungen des Lebens in einer Diktatur. Wie verändern sich die Menschen, Werte, Ideale? Kundera wechselt dazu in seinem Buch zwischen einer Art Essay, in dem verschiedene Überlegungen dargestellt werden und der 'normalen' Erzählform, mit der die Geschichten der Protagonisten wiedergegeben werden. Leider nicht chronologisch, sondern immer wieder gibt es Zeitsprünge, so dass es mir nicht gelang, den Figuren wirklich nahe zu kommen. Alles in allem hatte ich häufiger den Eindruck, eine politisch-sozial-philosophisch-psychologische Abhandlung zu lesen als einen Roman. Doch vielleicht ist dieses Buch einfach auch ein Kind seiner Zeit. Vor knapp 30 Jahren waren solche Gedanken vermutlich recht neu und die beschriebenen gesellschaftlichen Situationen hochaktuell und brisant, während sie heute weit entfernt erscheinen.
Wer also eine Liebesgeschichte zum Schmökern sucht, sollte sich eine andere Lektüre wählen.
Bis vor wenigen Jahren noch führten Hörbücher ein Nischendasein, doch mittlerweile erscheint kaum ein halbwegs erfolgversprechendes Buch, das nicht gleichzeitig eine Audioversion im Schlepptau mit sich führt. Doch manche dieser Audiobooks sind weit mehr als nur ein Anhängsel einer papiernen Neuerscheinung: Sie sind ein Erlebnis ganz eigener Art. ,Die große Angst in den Bergen' von Charles Ferdinand Ramuz ist ein solches Erlebnis.
Zwanzig Jahre, nachdem sich ein schreckliches Unheil auf der Alp Sasseneire ereignete, beschließt die nächste Generation gegen den Willen der Alten, wieder Vieh dort hinaufzutreiben. Und das Unfassbare geschieht erneut: Eine Seuche ergreift die Kühe, die Sennen dürfen die Alp nicht verlassen und das Dorf wird von neuem von furchtbaren Unglücksfällen erfasst.
Was sich für uns rational denkende, moderne Menschen nur als eine Verkettung verhängnisvoller Ereignisse darstellen mag, ist für die Bewohner dieses Dorfes die Heimsuchung des Unbekannten, die Bestrafung dafür, dass sie ein verbotenes Stück Land erneut aufgesucht haben.
Christian Brückner liest diese Geschichte - und wie er sie liest. Stellenweise vorsichtig, zögerlich, fast leise erzählt er, um dann unvermittelt wieder hervorzubrechen mit seiner rauen, etwas heiser klingenden Stimme. All das Grauen, das Unheil, das nur darauf zu warten scheint, über das kleine Dorf hereinzubrechen, hört, nein, man beginnt es zu fühlen, wenn er spricht. Es ist meisterhaft, wie seine Stimme, obwohl unverwechselbar, den unterschiedlichen Charakteren ihre Besonderheit verleiht: den Männern auf der Alp; dem unheimlichen Klu, der etwas zu verbergen scheint; Joseph, dem Liebenden, voller Verzweiflung und Sehnsucht nach seiner Braut; Bartholomä, der trotz Furcht vor dem was da kommen mag, voller Zuversicht an den Schutz seines Papieres glaubt, das er um den Hals hängen hat. Irgendetwas ist da in diesen Bergen, es wartet - und Christian Brückner bringt es einem so nahe, dass es einen schaudert und fröstelt. Schlicht und einfach: GENIAL!
Ein großes Fest steht an: Gertrud feiert ihren 100. Geburtstag, den ihr ihre jüngste Schwester Katty (84 Jahre) auf dem Tellemannshof ausgerichtet hat. Auch die dritte Schwester, die 98jährige Paula ist selbstverständlich mit dabei und neben den Festvorbereitungen gilt es auch, die Folgezeit zu planen. Doch nicht nur Zukünftiges wird besprochen, bei solch langen Lebensläufen kommt natürlich auch Vergangenes mit ins Spiel - und dies sind nicht nur freudige Gespräche. Manch Unausgesprochenes liegt noch zwischen den Schwestern und sorgt so immer wieder für Verstimmung zwischen den Dreien.
Ich tat mich schwer mit diesem Buch und zwar aus unterschiedlichen Gründen.
Sprachlich ist die Lektüre keine Offenbarung, der Satzbau ist zumeist recht einfach gehalten, sodass bei längerem Lesen (mehr als 50 Seiten) Ermüdungserscheinungen auftraten.
Doch wesentlich mehr ärgerten mich zwei der drei Hauptfiguren. Bis zum Ende des Buches gelang es mir nicht, Gertrud und Katty als sympathische Personen zu sehen, ganz im Gegenteil: Während ich zu Beginn zumindest noch von Kattys offener Art angetan war, ärgerte ich mich von Seite zu Seite mehr über sie wie auch über ihre Schwester. Machtbesessen, rücksichtslos, engstirnig und intolerant die Eine; spießbürgerlich, pedantisch, nachtragend und unduldsam die Andere. Von zwei Frauen mit dieser Intelligenz und Kenntnissen hätte ich ein bisschen mehr Selbstreflektion und 'über den Tellerrand hinausblicken' erwartet, auch wenn sie am Ende des 19. bzw. am Anfang des 20. Jahrhunderts geboren wurden. Statt dessen opfert die Eine für Macht ihre Liebe und stößt eine frühere Klassenkameradin ins Verderben, während die Andere sich über Kleinigkeiten mokiert sowie ihrer ersten und praktisch einzigen Liebe voller Verbitterung hinterhertrauert. Lediglich Paula überzeugt als sympathischer Charakter, die stets Optimistische, die voller Fröhlichkeit und Empathie daherkommt.
Die geschichtlichen Hintergründe, das gesamte 20. Jahrhundert, das von den Schwestern durchlebt wurde, taucht immer wieder in den einzelnen Rückblicken auf, wenn auch für mein Gefühl mehr am Rande. Man erfährt von Adenauer und Heinrich Lübke, die den Tellemanshof besuchten, vom 1. und 2. Weltkrieg, die als Zeit der Entbehrung dargestellt wurden, aber auch nicht mehr oder weniger.
Alles in allem: Na ja.... Wer Familiengeschichten liebt, hat vermutlich schon bessere gelesen als da wären 'Hannas Töchter' oder 'Wilde Schwäne' (dies aber besser im Original). 'Wir sind doch Schwestern' ist nicht völlig schlecht, aber auch nicht wirklich gut - liest man es nicht, hat man nichts verpasst.
Sechs Kinder verschwinden in zwei verschiedenen Ländern, immer kleine blonde Jungen im Abstand von drei Jahren, sodass niemand auf die Idee kommt, dass es sich um ein und denselben Mörder handeln könnte. Einer der Jungen ist Felix und Anne, seine Mutter, kehrt nach 10 Jahren an den Ort zurück, an dem sie ihn zum letzten Mal sah und kauft dort ein Haus mit dem festen Vorhaben, das Rätsel um ihren Sohn zu lösen.
'Der Kindersammler' ist kein Thriller, denn der Schwerpunkt des Buches liegt nicht bei den Verbrechen, sondern bei der Darstellung des Täters, der von Anfang an bekannt ist und der Suche der Mutter nach ihrem Jungen. Packend ist es trotzdem! Während im ersten Teil des Buches von den Greueltaten in Deutschland berichtet wird, die allerdings nur angedeutet werden, was die Spannung und Dramatik der Geschichte jedoch nicht mindert, beginnt der zweite Teil mit Annes Ankunft an dem Ort des Verschwindens von Felix. Um diese chronologischen Abläufe herum werden in Rückblenden die Geschichten der beiden Protagonisten erzählt: Wie Anne und ihr Mann nach dieser Tragödie weiterlebten. Und die wahrhaft entsetzliche Kindheit des Kindermörders, die einen vielleicht zumindest ansatzweise verstehen lässt, wie jemand so grauenvoll brutal und kaltherzig werden konnte.
Obwohl der Roman trotz dieses Themas bemerkenswert unblutig bleibt, ist die Spannung kaum geringer als bei einem Thriller. Man weiss, was wie geschah und erwartet ständig den Zusammenbruch eines imposanten Lügengebäudes - doch nichts geschieht. Eigentlich ein klares Vier-Sterne-Buch, wenn, ja, wenn der Schluss nicht wäre. Die Zufälle häufen sich noch und nöcher, alles läuft auf den erwarteten Höhepunkt zu - und plötzlich wirkt vieles nur noch konstruiert oder sogar unlogisch. Auch manche Fragen bleiben offen (Wieso zu Beginn die Zurschaustellung der Kinder? Und wieso dann nicht mehr?) und von einigen Personen möchte man eventuell doch noch wissen was aus ihnen wurde (oder hätte man sie nicht gleich weglassen können?).
Daher: 3 Sterne für eine packende Geschichte mit einem leider nicht so tollen Ende.
Mailänder Scala, Premiere der Aida - es ist das Ereignis des Jahres. Alles was Rang und Namen hat, läuft auf an diesem Abend: ehrbare und weniger ehrbare Geschäftsleute mit und ohne Gespielinnen, die lokalen Politgrößen mit ihrem Gefolge, Stars und Starlets und solche, die es noch werden wollen. Doch statt zu einem fröhlichen Fest des kulturellen und später auch kulinarischen Genusses zu werden, endet diese Nacht in einem Fiasko. Ein überraschender Stromausfall, der ganz Mailand in Dunkel hüllt, zwingt die Premierengäste zu einem vorzeitigen Abbruch ihres Opernbesuches. Inmitten dieses Durcheinanders bricht plötzlich der umstrittene Bürgermeister der Stadt, Biondi, tot zusammen. Doch damit nicht genug: Am nächsten Tag findet man seinen Kollegen, den Bürgermeister von Paris, der ihn in die Scala begleitete, tot in seinem Hotelzimmer auf.
Enrico Radeschi, freier und eher wenig erfolgreicher Journalist, zumindest was seine finanzielle Situation angeht, macht sich auf die Suche nach den Hintergründen dieser Ereignisse. Was verband die beiden Bürgermeister außer ihrem gemeinsamen Amt? Steht der Stromausfall im Zusammenhang mit dem Tod an Biondi? Steckt womöglich ein Komplott dahinter? Radeschis Recherchen führen ihn bis nach Paris, wo eine heiße Spur ihn in Lebensgefahr bringt.
Auffällig sind die vielen Einschübe in den Originalsprachen Italienisch und Französisch. Wer beidem nicht mächtig ist, wird sich vermutlich ärgern, da auf diese Weise einiges von der Atmosphäre des Buches verlorengeht bzw. unverständlich bleibt. Ebenso fallen die häufigen Vergleiche bzw. Anspielungen auf, wie beispielsweise ,..mit einem Outfit wie Dylan Dog oder ,..wie Jake Blues
. Schön, wer die Genannten kennt; weniger schön, wenn man völlig im Dunkeln tappt.
Ansonsten lassen sich die 223 Seiten des Buches lockerleicht an einem Nachmittag weglesen. Und ebenso lockerleicht hat man vermutlich den Großteil der Handlung auch wieder vergessen, was vermutlich daran liegt, dass Roversi dem Privatleben seines Protagonisten ebenso viel Raum beimisst wie der Aufklärung des Kriminalfalles. Das Meiste liest sich zwar recht amüsant und unterhaltsam, doch so springt man von einem zum nächsten und verbleibt nirgendwo lang genug, um sich so richtig auf die Figuren und Situationen einlassen zu können.
Roversi wählte als Unterkapitelbezeichnungen statt schnöder Zahlen oder schlichten Überschriften Musiktitel verschiedener Gruppen. Und ein bisschen wirkt so auch dieser Krimi: Wie ein Sampler mit unterschiedlichen Stücken, die einzeln zwar schön anzuhören sind, aber kein großes Ganzes ergeben, das in Erinnerung bleibt.
Jetzt lese ich zum ersten Mal einen Fall mit Barbarotti - und dann ist dies ausgerechnet sein letzter! Na gut, ich habe verstanden: Ich führe mir die Anderen auch noch zu Gemüte :-)
Gleich das erste Kapitel macht klar, in welcher Ausnahmesituation Barbarotti sich während dieser Geschichte befindet: Seine geliebte Frau Marianne stirbt neben ihm liegend in der Nacht. Als er dies am nächsten Morgen feststellen muss, überwältigen ihn Schmerz und Trauer mit einer solchen Intensität, dass er beim Verlassen des Schlafzimmers zusammenbricht. Drei Wochen später soll er zurück an seine Arbeit, doch nicht nur sein Chef, auch seine Kollegin und wohl beste Freundin haben ihre Zweifel, ob er dem gewachsen sein wird. So weist ihm sein Vorgesetzter einen 'Cold Case' zu, einen Fall der bereits zu den Akten gelegt wurde. Fünf Jahre zuvor verschwand ein Elektriker spurlos, lediglich sein Mofa wurde an einem Moor gefunden. Auffallend war jedoch, dass er zu dieser Zeit mit einer Frau zusammenlebte, die als Schlächterin von Burma bekannt wurde. 18 Jahre vorher erschlug sie ihren Mann und zerstückelte und versteckte ihn in Plastiktüten im Wald, wofür sie elf Jahre im Gefängnis saß. Der Verdacht lag daher nahe, dass sie auch für das Verschwinden ihres Freundes verantwortlich war, doch ohne Leiche war ihr nichts nachzuweisen. Barbarotti beginnt mit seinen Untersuchungen und muss als erstes feststellen, dass die damaligen Ermittlungen alles andere als sorgfältig geführt wurden. Und nicht nur diese: Auch beim Fall der 'Schlächterin' scheint die notwendige Gründlichkeit gefehlt zu haben.
Beginnt man dieses Buch mit der Erwartung zu lesen, einen spannenden und packenden Krimi vor sich zu haben, könnte es sein, dass man es am Ende etwas enttäuscht zur Seite legen wird. Ja, es gibt einen Kriminalfall, eigentlich sogar zwei, für die Barbarotti eine Auflösung ermittelt, die (mich zumindest) ziemlich überraschte. Doch immer wieder geraten die beiden Fälle an den Rand des Geschehens und Barbarottis 'Trauerarbeit' um den Verlust seiner Frau steht im Mittelpunkt. Seine Gespräche mit Gott, seine Zweifel an seinem gesamten Handeln und Tun, das Erleben seines Schmerzes - all das verleiht der Geschichte einen ruhigen, verhaltenen Ton, den manche vielleicht als zäh empfinden werden. Mir rückte Barbarotti jedoch sehr nahe ebenso wie beispielsweise die 'Schlächterin', was für Nessers überaus empfindsame und einfühlsame Art des Schreibens spricht. Man leidet und fühlt mit und wenn das Ganze dann fast schon als Happy End ausklingt (wenn auch nicht unbedingt im juristischen Sinn), schlägt man glücklich das Buch zu. Ja, so ist es gut ;-)
Nicht die volle Punktzahl gibt es aus zwei Gründen: Einige wenige Vorfälle empfand ich schlicht als fehl am Platze, z.B. als Gott mit genauem Datum einen Brief Mariannes ankündigt hüstel Musste das sein? Und als zweites störten mich die überdurchschnittlich vielen Druckfehler im Buch. Am häufigsten wurde das 'Sie' falsch geschrieben, nämlich immer wieder klein, was den Lesefluss wiederholt störte. Dann fehlte mal ein Buchstabe oder es gab ein Wort doppelt. Vereinzelt mag das vorkommen, aber in dieser Häufigkeit fing es an lästig zu werden. Aber so etwas kann man ja bei der nächsten Auflage korrigieren...
Alles in allem: sehr lesenswert!