Dieses Buch ist mal wieder ein gelungenes Beispiel für einen völlig mißlungenen Klappen- und Umschlagtext und was daraus wird: Mehr als die Hälfte der Bewertungen bei amazon sind gut bis sehr gut, ca. ein Drittel schlecht bis sehr schlecht und lediglich 10% finden es 'so ok'. Kein Wunder: Wer sich ein Buch kauft aufgrund der vollmundigen Ankündigung als Krimi ('Bewußtseinskrimi!'), in dem der Protagonist Raimund Gregorius um sein Leben fürchten muss, wird schwer enttäuscht sein von dieser Lektüre. Statt Verbrechen und gefährlichen Situationen ist der Schwerpunkt dieser Reise nach Lissabon eine Suche. Die Suche nach dem, was den wahren, echten Menschen ausmacht.
Klingt, als ob sich um einen weiteren der zahllosen Lebensratgeber handelt: Wer bin ich? Was will ich? Erkenne dich selbst! Das Ganze verpackt in eine unterhaltsame Rahmenhandlung, die Gregorius auf der Suche nach einem portugiesischen Autor (Prado) nach Lissabon führt. Doch weit gefehlt. Statt der üblichen mittlerweile alltäglichen Ratschläge wie 'Gönnen Sie sich eine Auszeit und entdecken Sie, was SIE wollen!', legt der Autor Schicht für Schicht all die Einflüsse offen, die das eigene Ich einzwängen, bedrängen, leiten.... Doch ist das was dann bleibt, das eigene ICH?
Durch das Lesen der Schriften des verstorbenen Prados und der Erforschung dessen Lebens erfolgt Gregorius' zunehmende Erkenntnis seines eigenen Ich. Prado war besessen von dieser Frage, wer er selber war und Gregorius beginnt verstärkt sich ebenso diesen Fragen zu stellen wie ganz zwangsläufig auch die Leserinnen und Leser.
Doch dies ist nur ein Thema (wenn auch das hauptsächliche) um das dieses Buch kreist. Es geht um Gott, um den Tod, das Miteinander der Menschen... Ein ungemein reichhaltiges, inhaltsschweres Werk das sich dennoch nicht allzu schwer liest. Doch es ist keine Unterhaltungslektüre die nur zu konsumieren ist. Um's eigene Gedanken machen wird man kaum herum kommen :-)
Etwas älteren EisesserInnen dürfte die Bezeichnung 'Fürst-Pückler-Eis' durchaus noch geläufig sein - aber wissen sie auch, wer der Namensgeber war? Ein Abkömmling des Hochadels, geboren 1785, Sympathisant der Revolution, Schriftsteller, Reisender, Landschaftsgartengestalter, Dandy, Abenteurer und ein Liebhaber der Frauen – aller Frauen. Casanova dürfte neidisch werden, wenn man ihm von Hermann Pückler-Muskaus Eroberungen berichten würde. Doch dies ist nur ein Aspekt seiner Persönlichkeit, wenn auch kein unwesentlicher.
Heinz Ohff schildert diesen faszinierenden Menschen in derart schillernden Farben und Formen, dass man wie gebannt diesen Lebenslauf verfolgt. Er lässt ihn ebenso durch seine Schriften selbst zu Wort kommen, so dass man sich einen Eindruck von seinen literarischen Fähigkeiten machen kann. Pückler formuliert spitz, mit Witz und Spöttelei, aber spart auch nicht mit Selbstironie, was ihn überaus sympathisch wirken lässt. Auch Zeitgenossinnen und Zeitgenossen kommen zu Wort und so formt sich nach und nach das Bild eines Menschen, der hochintelligent und seiner Zeit weit voraus war.
Eine fesselnde, ausgezeichnet geschriebene Biographie, mit der man nicht nur den Menschen Hermann Pückler-Muskau kennenlernt, sondern zudem viel über die Welt am Anfang und in der Mitte des 19. Jahrhunderts erfährt.
Beruflich fast drei Wochen in Leipzig unterwegs, bot sich dieses Büchlein als Reisebegleiter geradezu an. 'Liebevoll und detailreich' sollte beschrieben sein, was es in Leipzig alles, auch außerhalb der Touristenmeilen, zu entdecken gibt. Doch schade, dieses Versprechen wird leider nicht eingehalten.
Statt bemerkenswerter Sehenswürdigkeiten und unverwechselbaren Kuriositäten werden überwiegend Personen und Projekte präsentiert, die (vielleicht) Leipzigs Namen in die Welt hinaustragen. Hierzu einige Beispiele:
Ein komplettes Kapitel, 15 Seiten, widmet sich dem Gründer der PC-Ware, ein erfolgreiches IT-Unternehmen. So erfolgreich das Unternehmen auch sein mag, so uninteressant sind die Lobeshymnen der Autoren auf den Eigentümer. Oder das Kapitel über die Buchstadt. Von 13 Seiten beschreiben mehr als 3/4 das Projekt der Buchkinder, was grundsätzlich interessant ist, aber auch mit deutlich weniger ausgiebig genug beschrieben worden wäre. Oder die 11 Seiten über das Literaturinstitut: Der Großteil umfasst die Schilderung einer jungen Studentin und ihre ersten Erfolge - aber muss ich ausgerechnet das wissen, wenn ich mich über Leipzig informieren möchte?
Besser waren die Berichte über die Inselbücherei, die Mädlerpassage und die Spinnerei. Und wirklich gut fand ich die Geschichten über das Wagnerdenkmal - ja, so hätte ich mir das ganze Buch gewünscht. Stattdessen ist es überwiegend zu einer Leipziger Personen- und Projekthuldigung geworden, die für LeipzigkennerInnen durchaus einen Reiz haben mag, für Reisende aber von eher geringem Interesse ist.
Beckett mal ganz anders, vermute ich zumindest :-) Denn Simon Beckett, bekannt für Thriller wie Kalte Asche, Die Chemie des Tode usw., die gespickt sind mit Todesfällen und deren Aufklärung, legt mit Obsession ein Buch vor, das zwar durchaus thrillermäßige Momente aufweist, aber in erster Linie das Psychogramm eines liebenden Vaters darstellt. Weniger spannend empfand ich es deshalb jedoch nicht, was aber vielleicht auch daran liegt, dass ich ohne jede Erwartung an dieses Hörbuch herangegangen bin. Soviel vorab, aber nun zum Inhalt.
Nachdem Bens Frau Sarah völlig überraschend starb, steht er mit ihrem kleinen autistischen Sohn Jacob allein da. Als er Sarahs Schränke ausräumt, entdeckt er nach kurzer Zeit, dass Jacob überhaupt nicht ihr Sohn war: Sie entführte ihn kurz nach seiner Geburt. Ben macht sich auf die Suche nach seinen Eltern - und findet Dinge heraus, die sein und auch Jacobs Leben radikal verändern.
Die Geschichte wird fast vollständig aus Bens Sicht erzählt und zwar so detailliert, dass man all seine Gefühlsregungen gut nachempfinden kann. Man ärgert sich mit ihm über all das erlittene Unrecht, die Machtlosigkeit der er ausgesetzt ist, spürt, dass etwas Schreckliches geschehen wird und teilt seine Angst und Sorgen über das, was noch bevorsteht. Die Ungewissheit lässt einen weiterlesen und weiterlesen - an Spannung fehlt es diesem Buch bestimmt nicht. Doch wer einen 'normalen' Thriller erwartet hat, dürfte enttäuscht sein. Es geht hier nicht um Mord und Aufklärung, sondern um den Kampf zweier Männer um ein Kind.
Wow! 563 Seiten – und keine davon wurde es langatmig oder langweilig. In der alles umfassenden Handlung (Daniel, ein zu Beginn 15jähriger Buchhändlerssohn aus Barcelona, macht sich auf die Suche nach der Geschichte des Autors seines Lieblingbuchs) sind derart viele weitere Erzählungen, Beschreibungen, Handlungen und und und enthalten – es ist unmöglich, sie auch nur ansatzweise nachzuerzählen. Zu jeder Figur, jedem Gebäude das eine Rolle in diesem Roman spielt, wird der dazugehörende Hintergrund ausgemalt. Doch trotz dieser Vielfalt an Geschehnissen und Ereignissen verliert man nicht den Überblick. Zafón gelingt es immer genau dann den roten Faden wieder aufzunehmen, wenn man schon befürchtet hat, ihn verloren zu haben. Ebenso bemerkenswert ist seine Sprache: So eindrucksvoll wie seine Geschichten sind auch seine außerordentlich bildhaften Beschreibungen.
Menschen, die Freude an phantasievollen Büchern sowie an einer ebensolchen Sprache haben, werden sich schwertun, diese herrliche Mischung aus Kriminalstory, Liebesgeschichte, etwas Fantasy und dazu noch viel Witz aus der Hand zu legen.
Einziger Wermutstropfen: Für mich sind die besten Bücher (die, an die man sich noch Jahre später erinnern kann) diejenigen, aus denen man eine Erkenntnis gewonnen oder etwas gelernt hat. Dies fehlt hier leider.
Aber Unterhaltung vom Feinsten – das ist doch auch schon was!
Welch selten alberner Titel für dieses Buch!! Sollte damit die typische LiebesHerzSchmerz-Leserinnenschaft angelockt werden, dürfte die bei der Lektüre herb enttäuscht worden sein. Mich hätte dieser Titel aus diesem Grund jedenfalls abgeschreckt und wäre ich vorab nicht in den Genuss einer Leseprobe gekommen, hätte ich dieses Buch sicherlich nie in die Hand genommen. So aber...
Es handelt von drei Schwestern in den Vierzigern, die nichts gemeinsam haben außer ihrer Kindheit auf einem Bauernhof und ihren geliebten Eltern. Marie, die Älteste, lebt das unstete Leben eines Nachtmenschen in der Großstadt - nachts arbeiten, Party, ungebunden. Das Landleben ist ihr ein Gräuel. Aber so richtig glücklich ist sie dennoch nicht. Asa, die Mittlere, hochintelligent und vermögend, glücklich verheiratet und toller Job als IT-Spezialistin, wünscht sich nichts sehnlicher als ein Kind. Doch es will und will einfach nicht klappen. Zu guter Letzt gibt es noch Lena, die Jüngste. Verheiratet mit Robert, der nur für seine Tankstelle lebt, vier Kindern und jede Menge Tiere: Hasen, Katzen, Hund..... Es fängt an, ihr alles über den Kopf zu wachsen und es gibt niemanden, der ihr zur Seite steht - außer Conny, dem Eismann.
Da stirbt plötzlich der Vater der drei, keine 70 Jahre alt. Ihre Mutter, eine kleine aber energische Frau, die keinen Tag vom Vater getrennt war, bricht völlig zusammen. Doch jemand muss sich um den Hof kümmern, 100 Kühe melken, füttern, inseminieren, dazu noch 100 Kälber. Und und und.... Und zu allem Überfluss lässt Lena ihren Mann mit den vier Kindern sitzen - das Chaos ist perfekt.
Emma Hamberg schreibt in einer ungewöhnlichen Art und Weise: Die Sätze sind meist sehr knapp - Subjekt, Objekt, Prädikat. Oder sie lässt das Subjekt völlig weg: 'Legt ihre Hand hin. Nimmt die Wärme auf...' Dadurch entsteht ein Gefühl, dass man unmittelbar an den Gedanken der handelnden Personen teilnimmt (denn wer denkt schon in Relativsätzen :-) ?). Da zudem die Krisensituationen der vier Frauen sehr realistisch dargestellt sind, ist man schon nach kurzer Zeit voller Mitgefühl und Anteilnahme für die Protagonistinnen. Und findet sich vielleicht auch selbst in dem ein oder anderen Schicksal zumindest in Teilen wieder. Hambergs Verdienst ist es, dies alles weder rührselig noch kitschig oder sentimental dargestellt zu haben, sondern wunderbar die Balance haltend zwischen gefühlvoll und sachlich, traurig und humorvoll.
Ein schönes, unterhaltendes aber ebenso ernsthaftes Buch, das einen auch sein eigenes Leben mit etwas anderen Augen betrachten lässt.
Welch ein wunderbares Buch! Oliver Sacks, Neurologe, eher bekannt durch seine Bücher über seine PatientInnen wie z. B. ,Der Mann der seine Frau mit einem Hut verwechselte' oder (ganz aktuell) ,Der einarmige Pianist' beschreibt hier eine 10tägige Reise der New Yorker Farngesellschaft nach Oaxaca, Mexiko, an der er als Mitglied dieser Gesellschaft teilnahm.
Der Name ist Programm: Alle TeilnehmerInnen sind FarnliebhaberInnen und Oaxaca ist bekannt für seine große Vielfalt an sehr unterschiedlichen Farnarten.
Natürlich drängt sich da die Frage auf: Na toll, Farne. Und wann fällt der nächste Sack Reis in China um?
Dennoch, dieses Buch ist wirklich ein Genuss. Selbstverständlich sind Farne eines der Hauptthemen in diesem Buch. Aber Sacks stellt diese Pflanzen mit einer Begeisterung und Wärme dar, dass man eine Ahnung davon bekommt, was diese FarnliebhaberInnen antreibt. Doch er ist im Vergleich zu seinen Begleitern eher ein Amateur. Ihn fasziniert das Land gleichermaßen: Mit der gleichen Begeisterung beschreibt Sacks die Menschen, denen er begegnet, die Landschaft sowie seine Mitreisenden. Auch die Geschichte dieses Landes und seiner Bewohner haben sein Interesse und ganzes Mitgefühl; voller Anteilnahme schildert er das Gute, aber auch die Grausamkeiten, die sich vor langer Zeit dort in Mexiko ereignet haben. Man erfährt so viel Neues und Interessantes aus diesem Buch, dass man am Ende fast den Überblick verloren hat, was es alles war bzw. wo es stand. Sacks ist in der Lage, die unterschiedlichsten Gebiete miteinander zu verbinden: Ornithologie, Botanik, die Geschichte Oaxacas und der Umgebung, die sozialen Strukturen im Hier und Heute, die Geschichte der Schokolade, des Mescal, des Handwerks allgemein, Chemie - und daneben noch liebevolle Orts- und Personenbeschreibungen.
Für Jeden, der nach Mexiko (und insbesondere Oaxaca) reist, ist dieses Buch ein Muss. Für alle Anderen - auch. Ein Genuss ist es in jedem Fall!
Ich glaube es kaum, ich habe es geschafft. 1724 Seiten sind gelesen - und die waren nun wirklich keine Wonne. Wer immer sich an dieses Buch heranwagt, der/dem sollte klar sein, dass es sich um keine durchgängige Geschichte handelt. Einzelne Personen bzw. Familien tauchen zwar immer wieder auf, doch stets wird auch die Gelegenheit genutzt, den Spuren anderer Personen zu folgen. Hauptsächlich ereignen sich die Begebenheiten in Ungarn zu Ende der 60er Jahre und kurz oder während des Ungarnaufstandes 1956/57 sowie in Deutschland kurz vor (oder nach) der Jahrtausendwende und während des Dritten Reiches. Die Geschichten springen hin und her und das einzig Verbindende sind insbesondere im ersten und zweiten Teil die Fixiertheit des Autors auf die Beschäftigung mit Geschlechtsorganen und der Verdauungstätigkeit. Ach ja, und die fast durchgehend meist zutiefst unglücklichen Protagonisten, eingebunden in Zwänge und Pflichten die sie nicht wollen. Zudem sind sie fast alle zumindest latent schwul oder lesbisch. So etwas mag im Einzelfall vielleicht schön zu lesen sein, aber über 1724 Seiten wieder und wieder - sorry, das ist einfach nervig.
Falls es so etwas wie einen roten Faden oder einen Mittelpunkt gibt, ist der vielleicht am ehesten bei der Familie Lehr aus Budapest zu finden. Professor Lehr, frührer Berater der Nazis, jetzt der Kommunisten, liegt im Sterben. Seine unglückliche Ehefrau Erna trauert der Liebe zu einer Niederländerin nach, die einzige Tochter wurde verschleppt und tauchte nie wieder auf und Agóst, der einige Sohn, lebt seit seiner Rückkehr aus dem Ausland, wo er als Spion arbeitete, mit seiner momentanen Freundin Gyöngyver wieder daheim. Dazu kommt noch Kristof, der Neffe Ernas, dessen Mutter mit einer Frau nach Paris verschwand und dessen Vater von seinen Genossen hingerichtet wurde. Er träumt von Erlebnissen mit Männern, traut sich aber kaum, diese Träume auch zu verwirklichen. Gyöngyver träumt von einer Karriere als Sängerin, bisher aber recht erfolglos und fühlt sich erstaunlicherweise von Erna angezogen, wie auch andersherum. Dann gibt es noch Agósts Freunde, von denen aus eine Verbindung ins Dritte Reich besteht, die ebenfalls erzählt wird. Ernas Kartenrunde, ein deutsches KZ mit Wärtern und Aufsehern, deren Nachkommen ebenfalls eine Rolle spielen undundund. Dies könnten alles wirklich spannende und unterhaltende Geschichten sein, wenn Nádas nicht so unglaublich langatmig erzählen würde. 50 Seiten über einen Geschlechtsakt, der weder unterhaltsam noch erotisch ist sondern schlicht sachlich technisch und unterkühlt. Seitenlange Pseudobeziehungsgespräche oder Selbstreflexionen, die ohne Ergebnis enden - 700 bis 800 Seiten weniger hätten dem Buch sicherlich gut getan.
Dass Nádas jedoch gut erzählen kann, merkt man auch in diesem Mammutwälzer: Einzelne Kapitel sind packend und fesselnd erzählt und immer wieder kommt es vor, dass man vor Spannung oder Abscheu die Luft anhält. Leider viel zu selten.
Zuguterletzt kann ich nur noch schreiben dass ich hoffe, dass der Autor nicht dieselbe Überzeugung hat, die dieses Buch mir vermittelt. Dass die Menschen grundsätzlich triebhafte Lebewesen sind, die nur durch Zwänge von außen bzw. selbstauferlegte unter Kontrolle zu halten sind. Fallen diese Zwänge weg, bricht das Animalische aus, dass sich ansonsten nur beim Sex oder diesen vielfach beschriebenen Verdauungstätigkeiten einen Weg bahnt. Und dieses Animalische endet dann in einer Katastrophe, wie uns das Schicksal Balters im letzten Kapitel zeigt, oder beispielsweise die Geschichte der Juden im Dritten Reich. Denn machten sich die Nazis nicht frei? Arbeit macht frei?
Im idyllischen Fjällbacka wird Mats ermordet, sympathisch und allseits beliebt. Niemand, wirklich niemand hat auch nur eine Vermutung wer dahinter stecken könnte. Die Polizei tappt lange im Dunklen, da das Opfer über sein Privatleben nichts verlauten ließ. Ob seine vorletzte Tätigkeit in Göteborg damit zusammenhängt, die Arbeit in einem Frauenhaus?
Dieser Krimi wirkt auf den ersten Blick eher wie eine große Familien- oder Stadtgeschichte. Auf den ersten rund 50 Seiten werden kurz nacheinander mehrere sehr unterschiedliche Handlungsstränge eingeführt mit zahlreichen verschiedenen Personen. Hier die Übersicht zu bewahren ist nicht ganz einfach. Nach und nach bilden sich die einzelnen Geschichten dann heraus und man beginnt zu vermuten, wie was womit vielleicht zusammenhängen könnte. Das Prestigeobjekt Fjällbackas, bei dem Millionen auf dem Spiel stehen und auch Mats eingebunden war. Annie, die mit blutigen Händen und ihrem Sohn Sam auf ihre geliebte Geisterinsel zurückkehrt. Die privaten Geschichten von Paula und Johanna, Erica und Patrik, Anna und Don. Und die Uraltgeschichte von Emelie und ihrer Familie.
Zugegebenermaßen alles ein bisschen viel, aber das Ganze liest sich so leicht und flott weg, dass man schnell den Überblick über alles hat. Leider bleiben die Charaktere recht blass, es ist schlicht niemand dabei der einem so richtig im Gedächtnis bleiben wird. Der Plot ist größtenteils logisch aufgebaut, nur manchmal werden die falschen Fährten etwas zu überdeutlich ausgelegt. Etwas suptiler könnte nicht schaden. Auch das Ende wird überzeugend, wenn auch nicht sooo verblüffend vermittelt, die richtigen Überraschungseffekte blieben aus - zumindest für mich. Die Anleihe an Mystery-Krimis war ganz nett, hätte aber besser sein können. Zugegeben, durch die Krimis von Johan Theorin bin ich wohl etwas verwöhnt :-)
Alles in allem ein besserer Durchschnittskrimi, der ein unterhaltsames Lesewochenende garantiert. Und das ist ja nicht wenig.
Ein kleines Büchlein voll mit Paarkonstellationen, wie sie (hoffentlich) in keiner Beziehung vorkommen, aber einen vielleicht gerade deshalb zum Lachen bringen. Kostprobe gefällig? Untertitel: Wenn Männer träumen. Er öffnet die Tür, sie steht davor und sagt: Ich hab gehört, du kannst sehr melodisch rülpsen! Ich will sofort mit dir schlafen! Desweiteren geht es um mit Kühen betrogene Ehefrauen, Sandmännchen mit Eierlikör, tanzende Elefanten. Manches ist bös oder etwas makaber, anderes völlig skurril.
Das Alles im typischen Flix-Stil, Figuren mit häufig großen Mündern und auf jeden Fall großen Füßen. Eine prächtige Geschenkidee für jemanden, der/die einem nahesteht.
Attica, 21 Jahrhunderte alter Druide mit jugendlichem Aussehen, hat sich als Buch- und Kräuterhändler gemeinsam mit seinem Hund Oberon im Südwesten der USA ein beschauliches Leben eingerichtet. Doch mit der Ruhe ist es bald vorbei, als ihm aus unterschiedlichen Richtungen signalisiert wird, dass ihm der irische Liebesgott Aenghus Óg nach dem Leben trachtet. Denn Attica besitzt etwas, das Aenghus Óg unbedingt haben möchte...
Wow, in dieser Geschichte geht es richtig ab ;-) Kämpfe mit und/oder gegen Hexen, Elfen, Eisenelementargeist, Werwölfen, Fir Bolgs und Göttern nochundnöcher. Was sich jetzt anhören mag wie Dutzende anderer Fantasyromane auch, unterscheidet sich hier aber durch eine ausgesprochen humorvolle Darstellung historischer Gegebenheiten in der Gegenwart und wirklich witziger Dialoge, insbesondere die zwischen Attica und seinem Hund Oberon. Auch als nur Zwischdurch-mal-Fantasy-Leserin habe ich mich grandios amüsiert und kann mir gut vorstellen, auch den zweiten Teil zu lesen.
Kleine Anmerkung zum Schluss: Im letzten Drittel häuften sich die Schreibfehler: falsche Pronomen, fehlende Buchstaben, fehlerhafte Groß-Kleinschreibung oder einfach unstimmige Aussagen (S. 302: Die Werwölfe hatten bereits drei Hexen außer Gefecht gesetzt und waren gerade dabei, eine dritte unschädlich zu machen...). Eine Aufgabe für die nächste Auflage...
Mit Ende 40 seinen vorteilhaften Job hinschmeißen und als Küchenhelfer anheuern? So bescheuert kann man doch gar nicht sein. Doch, Bill Buford war es. Er kündigte seinen Redakteursjob beim New Yorker und fing im Sterne-Restaurant Babbo in New York an, ganz unten. Bereitete Möhren, Zwiebeln, Pilze zu, zerlegte Enten, grillte Unmengen Fleisch und Fisch bis er glaubte, hier genügend gelernt zu haben. Doch es war nicht genug: Nach einem Jahr ging er nach Italien und arbeitete in einer Trattoria, um sich die Kunst des Pastamachens anzueignen und danach in der berühmtesten Metzgerei Italiens eine neue Ausbildung zu absolvieren.
Obwohl Buford bereits zuvor ein begeisterter Hobbykoch war, ist es eine völlig neue Welt die er da betritt. Er (und zugleich die Leserinnen und Leser) lernt das Chaos und die Hektik kennen, die in einer Feinschmeckerküche herrschen, aber auch, dass dennoch mit Liebe und Hingabe gekocht wird. Er trifft exzentrische Weinbauern, Metzger und Köche und berichtet nicht bloß über diese Begegnungen, sondern ebenso über seine Gedanken, die diese 'neuen' Menschen und Tätigkeiten in ihm auslösen. Was all diese Personen verbindet, ist nicht bloß dass sie sich alle in irgendeiner Art und Weise mit Lebensmitteln beschäftigen, sondern dass sie es mit Liebe und Respekt tun und voller Interesse sind für das, womit sie arbeiten. Auch Buford wird davon infiziert und er zeigt die Widersprüche auf, die insbesondere in den westlichen Industriegesellschaften vorherrschen: Fast alle essen Fleisch - aber keiner will wissen, was geschehen muss, damit es wie gewünscht auf unseren Tellern liegt. Von Liebe und Respekt keine Spur. Angeekelt wendet sich beispielsweise der Investmentbanker ab, als Buford ein ganzes, frisch getötetes Schwein mit einer Blutlache in einer Plastikverpackung in seine Wohnung schleppt - vermutlich würde es vielen von uns ähnlich gehen.
So unterhält das Buch glänzend, informiert über vieles was man noch nicht wusste, regt zum Nachdenken über unser Essen an - und löst unbändigen Appetit aus.
Wiglaf Droste als Vorleser ist voller Enthusiasmus bei der Sache, es macht Laune ihm zuzuhören. Nur manchmal empfand ich seine Version des Dario etwas überzogen - sooo exaltiert wird dieser Mensch wohl doch nicht sein, oder?
Sechs Kinder, keines älter als 10 Jahre, werden von ihren Eltern von Tibet aus ins Exil nach Indien geschickt. Gemeinsam mit einem Fluchthelfer, Mönchen und anderen Erwachsenen fliehen sie über den Himalaya nach Nepal und reisen von dort weiter nach Dharamsala. Maria Blumencron, Schauspielerin und Filmemacherin, begegnet dieser Gruppe nachts in den Bergen, als diese gerade die chinesische Grenze überquert hat. Sofort schließt sie alle Kinder in ihr Herz und ist seitdem deren Notfallmutter und Patin, die 'The Six' (wie sie sich später nannten) bis heute begleitet hat.
Maria Blumencron und Chime, eines dieser Kinder und heute 22 Jahre, beschreiben in diesem Buch abwechselnd wie es dazu kam, dass sie sich im höchsten Gebirge der Welt begegneten und wie ihr gemeinsames Leben weiterging. Man erfährt vom Aufwachsen in tibetischen Kinderdörfern, wie groß die Sehnsucht nach Liebe, Zuwendung und Nähe wird und wie sich eine tibetisch-deutsch-österreichische Familie zusammenraufte. Ganz nebenbei nutzt Maria Blumencron die Gelegenheit, ihre 'verkorkste' Beziehung zu ihrer Mutter aufzuarbeiten, was für meinen Geschmack doch eher etwas fehl am Platze war. Die Einschübe der aktuellen Nachrichten aus Tibet sowie die ergänzenden Informationen zum tibetischen Leben fand ich hingegen durchweg von Vorteil. Viel zu schnell sind solche Dinge aus den täglichen Nachrichten verschwunden und geraten dadurch bedauerlicherweise in Vergessenheit. Alles in allem ein berührendes Buch, wobei ich den Schreibstil von Frau Blumencron nicht immer gelungen fand. Ihre humorvollen Ausführungen waren zwar schön zu lesen, doch die manchmal unmittelbar darauffolgende blumige oder fast schon esoterische Ausdrucksweise wirkte nicht sehr passend.
Wolfgang Amadé Mozart erwacht im Jahre 2006 - und hat nicht die geringste Ahnung, wo und in welcher Zeit er sich befindet. So stellen sich ihm Probleme ganz alltäglicher Art in den Weg: Wo ist der Nachttopf? Und wo die Kerzen? Was sind das für mechanische Gerätschaften, die wie Zauberdinge Musik von sich geben? Doch Musik verbindet und so findet Mozart in dem polnischen Straßenmusiker Piotr einen Freund, der ihn bei sich aufnimmt ohne zu ahnen, wen er da nun an seiner Seite hat.
Ich tat mich schwer zu Beginn mit dem Schreibstil der Autorin, die konsequent die altertümliche Sprech- und Schreibweise, wie sie zu Mozarts Zeiten wohl üblich war, verwendet. Doch nach 60 bis 70 Seiten hatte ich mich daran gewöhnt, sodass ich mir dieses Buch überhaupt nicht anders vorstellen kann als in diesem Stil. Mozart scheint wirklich zu neuem Leben zu erwachen und wer den etwas älteren Film Amadeus schon mal gesehen hat, wird ihn so, wie damals gezeigt, ständig vor Augen haben. Zumindest ging es mir so :-) Seine unbändige Freude am Leben und der Liebe; seine Besessenheit von Musik, alles um ihn herum in Kompositionen zu verwandeln; nichts ernst zu nehmen, seine Unbeschwertheit auch in Gelddingen, die schon früher zu großen Problemen führte. Ja, das wurde nach meinem Empfinden wirklich gut von der Autorin vermittelt.
Bewundernswert empfand ich die Darstellung von Mozarts Empfindungen und Gedanken beim Komponieren und Spielen - ob all dies tatsächlich so fundiert ist wie es klingt, kann ich nicht beurteilen. Aber es wirkte überzeugend :-)
Leider fehlt es mir auch an Lateinkenntnissen, so dass sämtliche kurzen 'Vorworte' zu den einzelnen Kapiteln für mich unverständlich blieben. Schade, dass hier keine Übersetzung angeboten wird.
Alles in allem: Wolfgang Amadé Mozart ist hier in unterhaltender Form wirklich zu neuem Leben erwacht.
Nicobobinus und seine Freundin Rosie suchen gemeinsam das Land der Drachen. Was aus lauter Neugier begann, wird jedoch nach kurzem eine eilige und wichtige Angelegenheit. Denn der Goldene Mann hat Teile von Nicobobinus Körper in echtes Gold verwandelt, das nur durch Drachenblut wieder in richtige Körperteile zurückverwandelt werden kann. So versucht nun eine Menge finsterer Gestalten, an diesen Schatz heranzukommen. Die beiden Kinder entfliehen Piraten, falschen Mönchen, durchqueren sehr sonderbare Gebirge und treffen immer wieder auf ausgesprochen merkwürdige Geschöpfe, die andere Menschen noch nie gesehen haben.
Terry Jones lässt hier seiner Phantasie freien Lauf: Zauberschiffe, Einsiedlergnome, singende Leopardenseen - nichts ist ungewöhnlich genug, als dass es nicht seinen Platz in dieser Geschichte finden würde. Spannend, aufregend, abenteuerlich, witzig und auch furchterregend bietet dieser Kinderroman wirklich alles, was ein Kinder- (und auch ein Erwachsenen- :-))herz begehrt.
Drei Sprecher hat dieses Hörspiel: Nicobobinus und Rosie werden überzeugend vom damalig 12jährigen Julius Schmiedel und der 11jährigen Nele Hippe-Davies dargestellt, Karl-Heinz Tafel gibt glaubwürdig den Erzählrahmen und die weiteren Personen der Geschichte wieder. Ein kleiner Wermutstropfen trübt das Ganze: Ursprünglich wohl als Fortsetzungsgeschichte für das Radio gedacht, erfolgt zu jedem Kapitelbeginn eine Zusammenfassung des bisher Geschehenen. Hört man sich alles am Stück an, ist dies mit der Zeit nervend, da man diese Teile nicht überspringen kann.
Aber sonst: Einfach klasse Unterhaltung!