Ich habe bisher nur einen von Nele Neuhaus' Romanen gelesen: 'Schneewittchen muss sterben' und der war ok. Gut geschrieben, überzeugende Personen und Milieuschilderungen, spannende Handlung. Was mich damals bereits störte, taucht auch in diesem Krimi wieder auf: Eine Vielzahl von Handlungssträngen, die ihrer Aufgabe, Verwirrung beizutragen, sicherlich gerecht werden, aber auch zu manchen Längen im Buch führen.
Kurz mal ein Überblick über die Geschehnisse: Ein vorbestrafter Pädophiler bekommt Besuch von einem jungen Mädchen; ein junges Mädchen (die selbe?) treibt tot im Main; eine Fernsehreporterin ermittelt in unbekannter Sache; ein unangenehmer Kollege von früher will Bodenstein etwas anhängen; die beste Schulfreundin von Pia hat Eheprobleme. Ob und wie die Geschehnisse zusammenhängen, bleibt lange ungewiss, was der Spannung leider nicht immer guttut. Natürlich ahnt man, dass hier Zusammenhänge existieren, die sich am Ende des Buches auch alle offenbaren, aber 100 Seiten weniger hätten der Geschichte vielleicht besser getan. Dennoch: Die Spannung reicht aus, um die 473 Seiten zu Ende lesen zu wollen - und das zählt ja :-)
Was mir im Gegensatz zu 'Schneewittchen muss sterben' hier fehlte, waren die Milieuschilderungen. Diese sind mir noch immer im Gedächtnis, die bedrückende Enge der Dorfgemeinschaft, die Neugier der MitbewohnerInnen, das Verstohlene. In 'Böser Wolf' kommt so etwas nicht vor, denn man erhält nur kurze Einblicke in die unterschiedlichen Lebensmilieus der Protagonisten, die dieses Mal die Hauptrolle spielen. Doch auch sie hinterlassen keine bleibenden Eindrücke, was vielleicht dem häufigen Szenewechsel geschuldet sein mag.
Alles in allem: ein gut geschriebener, unterhaltsamer Durchschnittskrimi.