Tut mir leid, aber Weihnachten fällt aus
32 Seiten

Oh ja, es nervt! Ende August, Anfang September kann man bereits Lebkuchen in den Supermärkten erwerben, keine vier Wochen später werden die ersten Lichterdekorationen aufgehängt. Und spätestens Ende Oktober beginnt die kaum noch erträgliche Weihnachtsmusikbeschallung. Grausam! Aber was, wenn es das alles nicht mehr gäbe? Flix' Hauptfigur wünscht sich nichts sehnlicher als das und siehe da! Manchmal können Wünsche tatsächlich in Erfüllung gehen. Doch machen sie dann auch wirklich glücklich? Zumindest dieser?
Flix zeigt treffsicher mit schönen kleinen :-) Übertreibungen die charakteristischen Nebenerscheinungsformen unserer heutigen Weihnachtszeit, die jedoch immer mehr dazu tendieren, zur Hauptsache zu werden. Man lächelt, 'Ja, genau, so ist es' und trifft immer weitere Beschreibungen, die einem ungemein bekannt vorkommen. Und auch der Lösung (Keine Weihnacht ist auch keine Lösung) dürften die Meisten vermutlich ebenfalls zustimmen, allein schon aus Happy-End-Gründen ;-)
So klein das Büchlein auch ist, so ist es doch eine richtige Erzählung. Die einzelnen Bilder sind recht klein gehalten (überwiegend drei oder vier auf einer Seite), so dass man bei ganzseitigem Format immerhin auf 85 Seiten gekommen wäre.
Eine wirklich schöne Geschenkidee (nicht nur) zu Weihnachten für Weihnachtshasser ;-)

Arthur oder Wie ich lernte, den T-Bird zu fahren
240 Seiten

Arthur die Artischocke

Royces Großvater ist ein Ekel wie es im Buche steht. Offenbar von sich und der Welt enttäuscht, schnauzt er alles und jeden an, ist mit nichts zufrieden und Mitmenschlichkeit scheint ein Fremdwort für ihn zu sein. Doch ist er mittlerweile in einem Alter, in dem es ohne Hilfe nicht mehr geht. Seine Tochter ist nicht in der Lage, sich in der Form um ihn zu kümmern wie es notwendig wäre. Und die Pflegekräfte, die sie ihm vermittelt, vergrault er bereits nach kurzer Zeit. So bleibt als letzte Lösung: Royce. Nicht dass er darüber begeistert wäre, es lockt ihn lediglich die Aussicht auf einen guten Verdienst.
Die Geschichte wird aus der Sicht des 16jährigen Royce erzählt, der ein mehr oder weniger normaler Teenager ist und seinen Großvater nicht ausstehen kann. Doch nach und nach nähern die Beiden sich an und auch wenn sie es nicht zugeben würden: Es entsteht sogar mehr als Sympathie zwischen ihnen.
Die Sprache ist recht gut getroffen, leicht schnoddrig altklug, sodass ich immer wieder grinsen musste. Zudem gelingt es der Autorin selbst bei so ernsten Themen wie Pflegebedürftigkeit im Alter und Sterbehilfe, einen humorvollen Grundton zu bewahren. Dass auf nicht einmal 250 Seiten derart große Themen abgehandelt werden (dazu noch in einem Jugendbuch), könnte einen fürchten lassen, dass sie allenfalls oberflächlich kurz angerissen werden. Doch weit gefehlt: Man spürt die Sorgen und Nöte, die Angst und Verzweiflung, die Arthurs Familie umtreiben. Und am Ende nahm ich eines noch mit: Patientenverfügung - muss ich unbedingt machen.

Ach ja, wieso Artischocke? Es ist die Definition seiner Exfrau Coralee: Aussen stachlig, innen ein weiches Herz.

Diebe!
416 Seiten

Baz und Demi sind zwei Straßenkinder in einer nicht näher genannten südamerikanischen Stadt, die bei Fay, einer nicht mehr ganz jungen Frau, zusammen mit anderen Kindern im dortigen Slum Barrio leben. Denen bringt Fay das Stehlen bei und kassiert dann am Abend die gemachte Beute. Eines Tages gelingt den Beiden scheinbar ein richtiger 'Glücksgriff': Sie erwischen einen wertvollen Ring, der ihnen Allen den Start in ein neues Leben ermöglichen könnte. Doch unglücklicherweise ist er das Eigentum der Ehefrau des Captains der städtischen Polizei und dieser kann eine solche Schmach nicht auf sich sitzen lassen. Die Zwei werden gejagt, nicht nur von der Polizei sondern auch von den Männern des Bosses des Barrio, der mit dem Captain eng verbunden ist. Und noch ein Dritter ist hinter den Kindern her, der das Durcheinander geschickt für seine eigenen Interessen zu nutzen weiss.
Es ist eine Geschichte über Freundschaft und Vertrauen in schlimmen Zeiten, die zeigt wieviel man damit erreichen kann, aber auch über die Skrupellosigkeit die Menschen an den Tag legen, nur um an Geld und Macht zu kommen. Die Realität die hier gezeigt wird, ist erschreckend und für Kinder wie Baz und Demi wie auch für die Slumbewohner vermutlich nichts Aussergewöhnliches. Korruption, Gewalt, Menschenleben die nichts wert sind - das sind die täglichen Erfahrungen denen man versucht so gut wie möglich aus dem Wege zu gehen.
Und das soll nun ein Jugendbuch sein? Ab 12 Jahren? Ja, das ist es. Denn all die Grausamkeiten werden zwar klar genannt, aber auf blutrünstige Details wird verzichtet. Ohne Beschönigung schildert der Autor die Armut, die Rücksichtslosigkeit gegenüber den Armen, dass Kinder verschwinden und zum Müllsortieren auf den Berg gebracht werden, wenn man sie nicht mehr brauchen kann. Doch die Schönheit des Lebens ist auch hier zu finden und ebenso deutlich wird, dass man ohne Vertrauen nichts erreichen kann.
Die Sprache ist, zumindest die der Slumbewohner, ungeschliffen und rauh, andererseits trotzdem voll Poesie was der Übersetzer wunderbar umgesetzt hat.
Ein tolles Buch - nicht nur für Jugendliche!

Schamland
288 Seiten

Wer an die 'Tafeln' denkt, dem fällt zumeist eines ein: Gemeinnützig! Ehrenamtliche verteilen stark verbilligt Lebensmittel an Arme, die der Tafel zuvor gespendet wurden. Eine gute und sinnvolle Idee - wer würde etwas Schlechtes dagegen sagen oder schreiben wollen? Stefan Selke zum Beispiel, Soziologieprofessor und Autor dieses Buches, der schon früher die These aufstellte, dass Angebote wie die Tafeln Armut nicht versuchen zu beseitigen, sondern statt dessen festschreiben. Auch in seinem neuen Werk ist dies das Hauptthema. Er besucht Nutzerinnen und Nutzer dieser Wohlfahrtsangebote, fragt nach, wie es dazu kam und wie es ihnen dabei geht. Es sind ganz unterschiedliche Personen, die er da trifft: eine studentische Kleinfamilie, eine chronisch kranke Frau die noch nicht aufgegeben hat aus diesem System auszubrechen, ein chronisch krankes Rentnerehepaar, die sich in diesem Dasein jetzt mehr schlecht als recht eingerichtet haben. Alle eint sie, dass sie diese Angebote eigentlich nicht wollen, aber aufgrund ihrer Verhältnisse müssen, weil es keinen anderen Weg gibt.
Selke beschreibt nicht nur Zustände, er schildert auch detailliert wie sich der Umgang mit Armen im Laufe der Geschichte verändert hat: von der Entwicklung der reinen Almosenempfänger im alten Griechenland wie auch im Mittelalter, die sich glücklich schätzen durften zu den 'guten' Bedürftigen gezählt zu werden und somit die Gnade von Zuwendungen zu erfahren bis hin zu gleich- UND anspruchsberechtigten Bürgerinnen und Bürgern in der Gegenwart durch das im Grundgesetz verankerte Sozialstaatsprinzip (Art. 20, Abs. 1). Doch diese Entwicklung scheint sich wieder in ihr Gegenteil umzukehren: Ansprüche werden auf ein solches Mindestmaß reduziert, dass Berechtigte gezwungen sind, Angebote von Almosen (und nichts anderes sind Tafeln und weitere Institutionen der Armutsökonomie ja) anzunehmen. Statt Betroffenen zu helfen aus diesen Problemsituationen wieder herauszukommen, wird selbst vom Staat Armut als akzeptabler Dauerzustand dargestellt, der ja durch die vielfältigen (und immer wieder lobend erwähnten wie auch kräftig unterstützten) Freiwilligenangebote durchaus erträglich ist. Was jedoch passiert, wenn (aus welchen Motiven auch immer) sich die Anbieter solcher freiwilligen Dienstleistungen irgendwann zurückziehen, wird aus naheliegenden Gründen nicht thematisiert. Für die Empfangenden, die sich dieser Problematik durchaus bewusst sind, ist dies ein schrecklicher Zustand: nicht nur die Verhältnisse an sich sondern auch die Tatsache, abhängig zu sein vom Wohlwollen einiger Weniger.
Selke vergisst auch nicht aufzuzeigen, dass Armut neben den direkten Kosten (die konkrete finanzielle Unterstützung) auch eine Reihe weiterer Kosten entstehen lässt, die sich nicht nur in Zahlen darstellen lassen. Berufliche Kompetenzen gehen verloren, größere Aufwendungen durch Krankheit, Demokratiedefizite entstehen...
Wer sich konkrete Lösungsvorschläge erhofft, um eine Besserung dieser Situation herbeizuführen, findet diese nur indirekt. Diejenigen, die noch arbeiten können, möchten eine Beschäftigung von der sie auch leben können - eine klare Absage an PolitikerInnen, die gegen Mindestlöhne sind und weiterhin eine Förderung von Mini-, 1-Euro-Jobs, befristeten Beschäftigungen und dergleichen unterstützen. Andere wie Kranke, Rentner, Alleinerziehende eint der Wunsch, nicht als BittstellerInnen auftreten zu müssen - das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes im Frühjahr 2010 war ein Schritt in diese Richtung, dem jedoch weitere bisher nicht folgten.
Selkes Verdienst ist es, einer großen Gruppe der Gesellschaft eine Stimme gegeben zu haben, die bisher aus Scham lieber schwieg und sich versteckte. Und trotz seines Status als Soziologieprofessor ist sein Buch gut lesbar und ebenso verständlich - und ganz und gar nicht 'sehr fachlich und wissenschaftlich' wie in einer Rezension vermerkt. Es bleibt zu hoffen, dass viele viele Menschen dieses Buch lesen - und sich etwas bewegt!

Hikeline Wanderführer Madeira 1 : 35 000
212 Seiten

Leider konnten wir nicht alle 50 vorgeschlagenen Wandertouren dieses Büchleins ablaufen, aber die sieben oder acht abgeschlossenen Ausflüge haben uns bereits einen umfassenden Eindruck geliefert.
Die Beschreibungen der Touren sind weitestgehend eindeutig, wobei gelegentlich benannte Wegmarkierungen fehlten, die wohl in der Zwischenzeit dem Zahn der Zeit zum Opfer fielen. Das jeweils beigefügte Höhenprofil ist nicht nur sehr aussagekräftig sondern ebenso hilfreich: Man kann detailliert sehen, was noch vor einem vorliegt. Auch für Familien mit Kindern sind Hinweise beigefügt: Ob mit oder ohne Kinderwagen geeignet, kinderfreundliche bzw. kindgerechte Wege usw.
Die Zeitangaben sind recht großzügig bemessen für einem strammen Wanderschritt, der einem jedoch eher selten gelingt, da man ständig stehen bleibt um die Aussicht zu genießen oder Photos zu machen. Und dann passt die angegebene Dauer exakt.
Auch die Aufmachung des Wanderführers ist ideal für unterwegs: Die Seiten sind beschichtet, sodass feuchtes Wetter ihnen nichts anhaben kann und durch die Spiralbindung besteht nicht die Gefahr, dass sich einzelne Seiten auf Dauer lösen können. Dazu kommt, dass die Größe so konzipiert ist, dass man das Büchlein ohne Schwierigkeiten in jede Jackentasche stecken kann.
Alles in allem ein wirklich gut durchdachter Wanderführer, aus dessen Reihe ich mir jetzt auch mal andere Ausgaben ansehen werde.

Die schwarzen Wasser der Seine
147 Seiten

Wer einen Krimi nur dann mag, wenn gänsehauterzeugende Spannung aufgebaut wird, egal ob durch grauenvolle Verbrechen oder dramatische Ermittlungsarbeit, ist hier völlig fehl am Platz. Zwar gibt es in jeder der beiden Geschichten ein Kapitalverbrechen und die dazugehörigen Täter, doch eigentlich, eigentlich sind sie nur Nebensache. Hauptpersonen sind Menschen, die auf den ersten Blick gar nichts mit der Sache zu tun haben, auf den zweiten Blick sich dann aber als die tragenden Figuren herausstellen, wenn auch in einer Art und Weise wie sie sicherlich nicht erwartet wird.
In der ersten Geschichte ist es der Obdachlose Pi, der das Verbrechen beobachtete aber mit seiner Aussage nicht herausrücken will. Druck bewirkt nur Schweigen, denn dieser bekräftigt Pis Vorurteile über die Einstellung und Methoden der Polizei. Wie nun Kommissar Adamsberg es gelingt, diese Voreingenommenheit zu überwinden, ist fast schon ein philosophischer Exkurs.
Die Hauptperson der zweiten Geschichte trägt hingegen sehr überraschend wertvolle Hinweise zur Lösung des Falles bei. Wobei man doch zuerst dachte, sie diene nur der Auflockerung dieses Kurzkrimis und um einen Kontrapunkt zur zwanghaft besinnlichen Weihnachtszeit (in der diese Geschichte spielt) zu setzen.
Suzanne von Borsody, die diese Krimilesung vorträgt, stellt jede der vorkommenden Personen in solch genialer Art und Weise dar, dass man sie buchstäblich beim Zuhören vor Augen hat. Der misstrauische Pi - man sieht förmlich wie er die Augen zusammenkneift und nichts davon glauben will, was Adamsberg ihm sagt. Charles, der völlig versnobte, sturzbetrunkene Ästhet - wie er auch in der Ausnüchterungszelle die Haltung bewahrt und darauf besteht, einen Kleiderbügel zu bekommen.
Große Klasse!

Suppen die glücklich machen
144 Seiten

'Suppen, die glücklich machen' verspricht der Titel dieses Buches. Und ja - es stimmt :-) Wer Suppen liebt, wird mit diesem Kochbuch voll und ganz auf seine Kosten kommen. Es gibt Altbekanntes (z.B. Zwiebel- oder Tomatensuppe) wie auch gänzlich Neues (zumindest für mich. Z.B. Quitten- oder Melonensuppe), Deftiges (Gulasch- oder Kartoffelsuppe) und Leichtes (Bärlauch- oder Eierlauchsuppe), mit Fisch, Fleisch oder auch ohne Alles (ok, mit Gemüse natürlich ;-)). Hier kann wirklich jede/r fündig werden.
Statt nach Suppenarten sind die Rezepte nach Jahreszeiten geordnet, ganz im Trend des 'Kochens, was der Markt so hergibt'. Deftiges findet sich im Herbst und Winter, Leichtes oder Kaltes sind für den Frühling und Sommer gedacht.
Die Anleitungen sind gut verständlich und leicht nachvollziehbar. Mittlerweile habe ich ca. 10 Suppen daraus gekocht, die alle richtig gut geschmeckt haben (die Möhrensuppe mit Orange, Ingwer und Koriander wird es als Weihnachtsvorspeise geben - sie ist köstlich!). Schön sind auch die kleinen Alternativen bei den Rezepten, mit denen man diesen ohne großen Aufwand eine neue Geschmacksrichtung geben kann. Nicht unerwähnt bleiben sollen auch die zweiseitigen Extras in jeder Jahreszeit: Rezepte für Würzmischungen, Toppings, Suppeneinlagen und Kräuterpasten (eignen sich auch toll zum Verschenken). Und dass man das Grundlegende für die Basis jeder Suppe ebenfalls hier findet, nämlich die Herstellung diverser Brühen, versteht sich wohl von selbst ;-)
Alles in allem ein Kochbuch, dessen Anschaffung sich für SuppenliebhaberInnen und die, die es werden wollen, in jedem Falle lohnt!

Keiner kommt davon
288 Seiten

1349 - die Pest hat den europäischen Kontinent fest im Griff, Millionen Menschen sterben. Auch das Dorf, in dem die 14jährige Isabel mit ihrer Familie lebt, bleibt davon nicht verschont und schon muss auch sie im direkten Umfeld ihrer Bekannten, Freunde und Verwandten die ersten Toten beklagen.
Es ist eine unglaublich düstere und streckenweise sehr hoffnungslose Lektüre, man wird von dem grenzenlosen Grauen das in dieser Zeit herrschte, förmlich hineingezogen in dieses Buch (vielleicht sollte man es als Erwachsene/r mit jugendlichen LeserInnen gemeinsam lesen). Die Hauptperson Isabel ist für ihr Alter und die damalige Zeit sicherlich überdurchschnittlich reflektiert, vielleicht schon fast etwas zu viel. Denn obwohl mir die Schrecken dieser Pestzeit deutlich vor Augen traten, hatte ich dennoch nur selten das Gefühl, mich im Mittelalter zu befinden. Theoretisch hätte sich das Ganze auch vor 150 Jahren in einem hinterwäldlerischen Dorf ereignen können. Doch die Gedanken Isabels machen dafür deutlich klar, wie schwach es um Nächstenliebe und Empathiefähigkeit gerade in Notzeiten gestellt ist. Fast jede/r ist sich selbst dann am nächsten und nur Wenige noch halten die Fahne der Barmherzigkeit und Menschenliebe empor. Für Isabel selbst wird diese Zeit zu einer Auseinandersetzung mit sich selbst - was und wer ihr wichtig ist und wie weit sie dafür bereit ist zu gehen. Und dass es sich lohnt, für das Leben zu kämpfen.
Spannend - auch für Erwachsene!

Liebe unter kaltem Himmel
282 Seiten

Wer sich vergewissern möchte, dass früher auch nicht alles besser war als heute ;-) sollte dieses Buch von Nancy Mitford lesen. Sie beschreibt am Beispiel einer der reichsten Familien des Landes das Leben der High Society in Großbritannien der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts. Der ehemalige Vizekönig von Indien, Lord Montdore, kehrt mit seiner Familie zurück ins kalte nebelverhangene England. Die größte Sorge seiner ebenso egozentrischen wie exaltierten Gattin Sonia gilt ihrer bildschönen Tochter Polly, die sich im Gegensatz zu ihren Altersgenossinnen nicht im Geringsten für einen möglichen Heiratskandidaten interessiert. Sämtliche Versuche ihrer Mutter lässt Polly ins Leere laufen und so hängt schon bald der Haussegen gewaltig schief.
Nancy Mitford, die selbst die Tochter eines Barons war, kannte das Milieu aus eigenen Erfahrungen, was sie jedoch nicht davon abhielt, in einem spöttischen und auch zuweilen recht sarkastischen Ton das Auftreten der Aristokratie deutlich zu beschreiben. Ein Beispiel: "Wegen ihrer (Lady Montdores) kräftigen Statur glichen ihre Knickse dem anmutigen Sichneigen des Weizens im Winde allerdings nicht ganz. Sie sackte eher zusammen wie ein Kamel und erhob sich dann wie eine Kuh, mit dem Hinterteil zuerst - eine seltsame Darbietung und, so sollte man meinen, für die Darstellerin sehr beschwerlich, aber deren Miene bestätigte diese Vermutung nicht." Die Geschichte selbst ist weder sehr spannend noch tiefschürfend, sondern schlicht vergnüglich unterhaltend - aber das dafür ausserordentlich. Ich habe mich auf jeden Fall vorzüglich amüsiert ;-)

Happy Smekday oder Der Tag an dem ich die Welt retten musste

Die 11jährige Tip ist ein für ihr Alter ungemein cleveres und mutiges Mädchen, das es nicht ganz einfach hat. Sie lebt allein mit ihrer Mutter, die nicht immer so vernünftig ist wie Mütter und Väter es eigentlich sein sollten, besonders dann wenn sie allein für ihre Kinder sorgen müssen. Als ihre Mutter dann an dem Tag verschwindet, an dem alle AmerikanerInnen nach Florida umziehen müssen, da es die Boovs die die Erde eroberten so bestimmt haben, macht sich Tip gemeinsam mit ihrer Katze Sau auf die Suche. Unterwegs trifft sie J.Lo, einen Boov der ihr Gefährt zum Schweben bringt und mit diversen anderen nützlichen Funktionen ausstattet. Sie reisen gemeinsam weiter und entdecken, dass der Erde eine sehr viel größere Gefahr droht als die Invasion der Boovs...
Ungeheuer actionreich und witzig ist diese Geschichte, insbesondere J.Los Annäherung an die irdischen Gewohnheiten wie auch Tips Infos die sie über das Leben der Boovs erhält. Es wird gekämpft und getrickst und immer wieder wird deutlich gemacht (für Erwachsene vielleicht etwas zu sehr), dass die Invasion der Ausserirdischen nicht viel anders abläuft als die Eroberung bzw. Kolonisierung fremder Länder und Kontinente.
Den besonderen Reiz erhält das Hörbuch jedoch durch die Interpretation von Cathlen Gawlich. Es ist schlicht unglaublich, wie sie allen Personen, äh nein, wohl besser Individuen unverwechselbare Stimmen verleiht. Selbst die einzelnen Boovs erhalten unterschiedliche Tonlagen, sodass man sie problemlos auseinanderhalten kann. Phantastisch!
Dennoch, eine kleine Mäkelei kann ich mir nicht verkneifen: Für mich kam der Schluss viel zu knapp. Ich weiss nicht, inwieweit hier vielleicht gegenüber dem Buch gekürzt wurde, aber bei 395 Minuten Laufzeit gerade mal so 20 Minuten für das Ende zu lassen - das ist schon etwas sehr abrupt und kurz. Nichtsdestotrotz: Volle Punktzahl für ein Hörbuch, das die ganze Familie begeistern kann. Auch wenn 11jährige vermutlich nicht alle Gags verstehen werden, haben sie sicherlich auch ihren Spaß an 'Happy Smekday'.

Eine Liebe über dem Meer
336 Seiten

Kurz vor dem ersten Weltkrieg erhält die junge Dichterin Elspeth auf der Isle of Skye einen Fanbrief des jungen Amerikaners Davey, der voller Begeisterung eines ihrer Bücher gelesen hat. Zwischen den beiden Menschen bahnt sich trotz der großen Entfernung ein intensiver Briefwechsel an, in dem sich die beiden immer näher kommen. Sie offenbaren sich gegenseitig ihre geheimsten Wünsche und Gedanken und als sich Davey als Freiwilliger zur französischen Armee meldet und nach Europa kommt, treffen sie sich und werden ein Liebespaar. Doch Elspeth ist verheiratet und ihr Mann ist an der Front...
Die ganze Geschichte wird in Briefen erzählt und das in einer so anregenden Art und Weise, dass ich immer weiterlesen wollte. Zwei Erzählstränge, die aufeinanderzuführen beschreiben nicht nur eine sich entfaltende Liebe während des ersten Weltkrieges, sondern auch die Umstände in denen die beiden Protagonisten leben. Allzu tiefgehend sind diese zwar nicht geschildert, doch es genügt um nachzuempfinden, welchen Zwängen und Bedingungen Elspeth und Davey unterworfen waren. Während der eine Teil den Briefwechsel des Liebespaares während des ersten Weltkrieges enthält, umfasst der andere Briefe, die Anfang des zweiten Weltkrieges entstanden. Elspeth hat eine erwachsene Tochter, die nichts von der Vergangenheit ihrer Mutter weiss und sich nun auf die Suche danach macht.
Trotz des gefühlvollen Themas und jeder Menge an Tragik und Drama verstehen die BriefeschreiberInnen es stets, ihren Humor und Witz gekonnt miteinzubringen - viele Seiten lassen sich nur mit einem Lächeln bzw. Grinsen lesen. Ein wunderschöner Roman über eine große Liebe in einer schrecklichen Zeit!

Belladonna
480 Seiten

Sprachlich bietet Slaughter sicherlich nicht gerade das beste Niveau, eher schlicht und einfach - spannend ist das Buch trotzdem. Die geschilderten Grausamkeiten ließen mich das Buch ab und zu aus der Hand legen, um zwei Minuten später jedoch gleich wieder weiterzulesen. Besonders eindrucksvoll fand ich den Teil über das zweite Opfer: die Scham, Verzweiflung..... und die daraus resultierende Reaktion.
Positiv überrascht war ich zudem noch von einem ganz anderen Teil des Krimis: Während der Schilderung der Beziehung der Hauptpersonen musste ich immer wieder mal denken: 'Ja, genau so ist es.' bzw. 'Ach, das kenne ich auch.' Wer also sein Augenmerk nicht nur ausschließlich auf den Thrillerpart richtet, findet durchaus auch Lesenswertes zum Thema Mann/Frau :-).

Haus der Schildkröten
192 Seiten

Welch eine trostlose Geschichte! Sie spielt im Altenheim 'Haus Ulmen', in dem so gut wie alle BewohnerInnen nur darauf zu warten scheinen, dass der alte Tag vergeht und ein neuer anbricht. Die (vermutlich nach einem Schlaganfall) fast völlig gelähmte Frau von Kanter und der unter starker Demenz leidende Professor Sander bekommen jeden Dienstag Besuch von ihren Kindern, wobei es sich jedoch wie in den meisten anderen Fällen auch eher um eine Pflichtübung handelt: "Die Besucher werfen rasch noch einen Blick auf die Uhr, damit sie wissen, wann sie wieder gehen dürfen, zwei Stündchen sollten es schon sein, das gehört sich so." Regina von Kanter fühlt sich unwohl in der Gegenwart ihrer Mutter, die wohl zeit ihres aktiven Lebens immer versuchte, das Dasein ihrer Tochter zu dominieren. Und Ernst Sander kann die immer stärker schwindende Existenz seines einst gelehrten Vaters nicht akzeptieren - als ob dieser sich weigern würde, sich gegen seinen Verfall zur Wehr zu setzen.
Doch das eigentlich Untröstliche dieses Buches ist die fast völlige Lieblosigkeit und die fehlende Hingabe, die das Leben beinahe aller Handelnden prägt. Bis auf Maik, einen der Altenpfleger, erledigt man seinen Job, wobei die alten Menschen nur selten als Individuum wahrgenommen werden, sondern lediglich als Objekt der täglichen Arbeit. Maiks Aufmerksamkeit und Interesse für die einzelnen Menschen ist derart besonders, dass er prompt eine bessere Stelle in einem anderen Heim angeboten bekommt, wo so etwas auch entsprechend honoriert wird. Doch auch die sonstigen zwischenmenschlichen Beziehungen sind geprägt von Angst, Gleichgültigkeit und/oder Desinteresse: Gabriele, eine Altenpflegerin, kann mit niemandem über ihre Arbeit reden - wird es ihrem Mann zuviel mit dem "Geflenne", verschwindet er in die Kneipe. Reginas Mutter gönnt ihrer Tochter nicht ihren Urlaub mit einem neuen Mann und steigert sich bei deren Rückkehr in einen Anfall hinein. Regina selbst hat zuviel Angst sich zu sehr auf eine neue Liebe einzulassen. Und die zarten Liebesbande einer Heimbewohnerin mit ihrem Zimmernachbarn sollen unterbunden werden, weil "...irgendwo hört es doch auf, wie die Kaninchen, das ist doch unappetitlich in dem Alter...".
Wieso man etwas derart Trostloses dennoch lesen sollte? Vielleicht um sich darüber klar zu werden, wie man sein Leben NICHT führen sollte.

Koma
624 Seiten

Nachdem es am Ende der 'Die Larve' alles andere als gut aussah, ob der scheinbar unverwüstliche Ermittler Harry Hole mit dem Leben davon gekommen ist, bleibt diese Unsicherheit auch mit Beginnn des 10. Bandes vorerst erhalten. Ein Mann liegt im Koma mit geheimgehaltener Identität und wird bewacht von der Polizei - denn er schwebt in Lebensgefahr. Besonders als es so aussieht, als ob sich sein Zustand wieder bessert und er sein Wissen mit Anderen teilen könnte. Derweil ist die Osloer Mordkommission auf der Suche nach einem Polizistenmörder, der Kollegen an Orten ungelöster Verbrechen auf die exakt gleiche Weise tötet wie die früheren Opfer. Trotz Einrichtung einer Sonderkommission ergeben sich keine brauchbaren Spuren - Harry Hole fehlt...
Ein wieder mal gelungener und überaus spannender Krimi, der mich (wie üblich) auf jede Menge falscher Fährten lockte. Nesbø reizt seine Fähigkeit wieder einmal überreichlich aus, ein 'eigentlich' eindeutiges Ende im nächsten Kapitel scheinbar ebenso 'eindeutig' weiterzuführen. Man glaubt zu wissen was geschah und geschieht, um dann plötzlich eines Besseren belehrt zu werden. Faszinierend, denn obwohl ich alle bisherigen Bände bereits gelesen habe (und diese Taktik bereits kenne), falle ich stets auf's Neue auf diese Täuschung herein.
Viel mehr schreiben möchte ich nicht, denn die Geschichte ist so kunstvoll gebaut, dass jedes weitere Detail zuviel von diesem Buch vorweg nimmt. Und gerade bei einem Krimi ist das ja wohl Gift pur, nicht wahr? Nur so viel sei noch verraten: Die Möglichkeit eines 11. Bandes ist durchaus gegeben ;-)

Stoner
348 Seiten

Stoner, der Protagonist dieses Buches, wirkt auf Aussenstehende zeit seines Lebens wie ein schüchterner und immer schrulliger werdendes Wesen, wobei fast niemand ahnt, zu welch leidenschaftlichen Gefühlen er fähig ist. Anfang des 20. Jahrhunderts aus den ärmsten Verhältnissen kommend, gelingt es ihm dank der Unterstützung seiner Eltern, englische Literatur zu studieren und eine Professorenstelle zu erhalten. Er heiratet die Frau die er liebt, doch diese ist aufgrund ihrer Erziehung nicht zu positiven Gefühlen fähig - es wird eine lieblose Ehe. Dennoch hadert Stoner nicht mit seinem Schicksal, sondern widmet sich voller Hingabe seiner kleinen Tochter Grace, deren Wesen ganz ihrem Vater gleichkommt. Als seine Frau beschließt, Grace seinem Einfluss zu entziehen, widersetzt er sich nicht und nimmt das Unausweichliche hin.
Immer wieder habe ich mich beim Lesen gefragt, was diesen Menschen so nachgiebig, 'weich' und ohne jeden Ehrgeiz sein lässt, während er andererseits bei anderen wenigen Dingen unnachgiebig auf seinen Prinzipien beharrt, auch wenn sie ihm zum Nachteil gereichen. So gut wie immer verzichtet er darauf seinen Willen durchzusetzen; Wut, Hass oder Ärger sind ihm fast gänzlich fremd, obwohl er dazu vermutlich jeden Grund hätte. Doch er nimmt sein Leben an wie es kommt, sieht die vermeintlichen Beweggründe Anderer hinter ihren Handlungen, auch wenn diese noch so ungerecht und verletztend für ihn sind, denn er ist voller Liebe. Der folgende Absatz, der sich im hinteren Teil des Buches befindet, macht dies vielleicht anschaulich:
"Auf die eine oder andere Weise hatte er sie (die Liebe) jedem Augenblick seines Lebens gegeben und sie vielleicht am reichlichsten gegeben, wenn ihm dies gar nicht bewusst gewesen war. Diese Leidenschaft war weder eine des Verstandes noch des Fleisches, sondern vielmehr eine Kraft, die beides umschloss, als wären sie zusammen nichts anderes als der Stoff, aus dem die Liebe ist, ihre ganz spezifische Substanz. Angesichts einer Frau, eines Gedichts sagte sie einfach: Sieh her! Ich lebe."
Ein Buch über einen Menschen voller Liebe, das einen dennoch etwas traurig zurücklässt - hätte ihn etwas weniger Liebe und ein klein bisschen Egoismus nicht mehr glückliche Momente erleben lassen? Ich weiss es nicht, aber etwas mehr von Stoners Wesen täte unserer Welt sicherlich gut!