Wenn der sympathischste Unsympath, die fleischgewordene Definition eines Salonbolschewisten (im guten Sinne), der Kritik-Kritiker, der Haarölnutzer Wolfgang M. Schmitt, sich anschickt, ein Buch über Influencer zu veröffentlichen, so will ich es natürlich lesen. Dass dieses Buch mit seinem Podcast-Kollegen Ole Nymoen ("Wohlstand für alle", empfehlenswert) verfasst wurde, merkt man kaum. Man findet viele Formulierungen und Essays, die Schmitt ansonsten in seinen Filmanalysen benutzt, allen voran Siegfried Kracauer und sein lustiges Gebashe gegen Friedman und Hayek.

Das Buch besticht durch scharfe Analysen, die etwas zu nischig sind, um sie hier zu beschreiben.

Aufgelockert wird das Ganze durch Zwischenkommentare, die auf Boomertum oder den letzten Rest intellektueller Würde schließen lassen, zum Beispiel kommt der Nebensatz vor: "Das Herzchen ersetzt den Schlusspunkt und beschließt somit den Satz". Amüsant. Lustiger war nur noch dieses hier: "Einzig der Stuhlgang bleibt der Community bislang verborgen, während das öffentlich-rechtliche Vorabendprogramm mit Werbespots für Produkte zur Verdauungsförderung und gegen Inkontinenz durchsetzt ist. Es bleibt spannend, ob die Influencer diesen demografischen Wandel bald auch vollziehen werden."

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