Zweisprachige Reclam-Ausgaben sind gar nicht mal so schlecht, erst wird einem beim genauen Vergleich der Texte und dem Lesen der Fußnoten bewusst, wie genial manche Passagen sind. Wer es schafft, bei der Form des Textes die Bühnenhandlung vor dem inneren Auge nachzuvollziehen, ist auf jeden Fall verdammt gut unterhalten.
Es war eine gute Idee, das Drama nochmals zu lesen. Nicht nur in Vorbereitung auf Nesbøs Adaption, sondern tatsächlich auch, weil ich beim erneuten Lesen das Gefühl hatte, viel mehr fassen zu können.
Die Art und Weise, in der Shakespeare mit Sprache spielt, ist einzigartig und ja, ich war an einigen Stellen froh, die zweisprachige Ausgabe zur Hand zu haben. Einen groben Überblick über den Handlungsverlauf hatte ich noch, die Intrigen, die Gewalt, die menschlichen Abgründe, die Shakespeare in Macbeth aufzeigt, hatte ich noch in Erinnerung und ich glaube, das sind mit die Gründe, weshalb ich die Charakterentwicklungen und auch das Zusammenspiel derer viel stärker wahrgenommen habe. Gerade Macbeth und Lady Macbeth sind großartig ausgearbeitet - und vermutlich war ich nicht die einzige, die Lady Macbeth ("Look like the innocent flower, but be the serpent under't") und deren Auswirkungen auf den dramaturgischen Verlauf bisher gnadenlos unterschätzt hatte.