& Am 9. November
224 Seiten

Am 9. November überkommt mich jährlich die Gänsehaut. Das Gefühl wird begleitet von der Frage, was es für mich bedeutet hätte, wenn sich 1989 nicht so viele Menschen öffentlich gegen das DDR/SED-Regime gestellt und die friedliche Revolution eingefordert hätten. Als eine, die in Ost-Berlin geboren ist und 1989 noch viel zu jung war, um die Geschehnisse kognitiv groß mitzubekommen, verbinde ich mit dem Tag große Dankbarkeit. Dass der 9. November auch das Datum für die Reichskristallnacht ist und für den Mord und Vernichtungsstrategien steht, wird mein Gefühl der Dankbarkeit immer konterkariert. Und allein das so an dieser Stelle zu formulieren, bereitet mir Unbehagen. Wieso kann ich an einem Tag wie den 9. November überhaupt diese Dankbarkeit fühlen und zulassen? Diese Widersprüche werden bleiben. Das Buch "Am 9. November" von Anke Hilbrenner und Charlotte Jahnz geht für sechs verschiedene Ereignisse am 9. November zu unterschiedlichen Zeiten in die Tiefe. Die Autorinnen geben vor allem Zeitzeug*innen eine Stimme. Für mich eine der großen Stärken des Buches. Und dann ist dann noch der tolle Schlussessay, der weitere Perspektiven aufzeigt.

Verzeichnis einiger Verluste
252 Seiten

Ein wertvolles Buch – allein schon aufgrund seiner Gestaltung. Jede Kurzgeschichte steht für sich. Sie erfordern viel Umdenken, da sich in jeder Geschichte eine neue kleine Welt entfaltet mit all ihren Protagonisten und verschiedenen Erzählperspektiven. Ich mochte das sehr, aber eben auch wohldosiert.

Madame Moneypenny: Wie Frauen ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen können
240 Seiten

Ich wünschte, wir bekämen alle Renten vom Staat, die uns ausreichen – sodass wir nicht noch privat vorsorgen müssen. Ist leider nicht so. Ist ziemlich doof. Hilft aber auch nicht, das bei dieser Feststellung zu belassen. Deshalb beschäftige ich mich mehr und mehr mit meinen Finanzen und meiner privaten Altersvorsorge. Zum Buch: Schrecklicher Schreibstil, auch wenn Beispiele aus dem eigenen Leben der Autorin sicherlich helfen. Trotzdem mit hilfreichen Anregungen und: es motiviert.

The Only Story
224 Seiten

Das Buch wirkte im ersten Moment sehr altmodisch auf mich, auch in der Sprache, vor allem aber aufgrund des Ich-Erzählers. Es braucht eine Weile, bis das Buch auf das Hauptthema kommt: Alkoholismus und eine unausgewogene Beziehung. Ab dann ist es nicht mehr altmodisch, sondern liefert eine einprägsame Beschreibung vom Scheitern einer Beziehung.

Mythos
432 Seiten

Stephen Fry hat es geschafft, dass ich ein ganzes Buch zur griechischen Mythologie gelesen habe, okay, Kassandra von Christa Wolf mal ausgenommen, weil ich mich da eher durchgequält habe. Stephen Fry schafft es, die griechische Mythologie locker zu erzählen. Das hat Gustav Schwab für mich nicht geschafft hatte. Ich meine jetzt, zumindest einen groben Überblick zu haben. Was mir beim Lesen sehr hilfreich war: Die Freund*innen, mit denen ich mich während des Lesens ausgetauscht habe – wie so eine Lerngruppe. Am Ende waren es mir neben meiner Freude dennoch ein paar Figuren und Geschichten zu viel. Vielleicht hätten mir eine grafische Übersicht oder zumindest ein Personen-/Figurenverzeichnis zusätzlich geholfen. Und mir scheint, dass durch die Übersetzung nicht alle humorvollen Stellen in die deutsche Version hineingekommen sind. Manches wirkt ulkig.

Und dennoch: Ich bin sehr dankbar, dass es dieses Buch gibt.

Bangkok Noir
239 Seiten

Ach Roger Willemsen. Jetzt mag ich wieder nach Südostasien. Manche Bücher wirken als Hörbuch, gelesen von ihren Autor*innen, ja unweit besser (Beispiele: Flake und Heinz Strunk). Vielleicht gehören die Bücher von Roger Willemsen ebenfalls dazu? (Tipp: Es gibt etliche Hörbücher von Roger Willemsen auf Spotify)

Rückkehr nach Polen
256 Seiten

Vor mehr als 10 Jahren habe ich selbst ein halbes Jahr in Warschau gelebt. Unter den vielen deutschen Erasmus-Studierenden waren auch etliche, deren Eltern in den 80ern nach Westdeutschland migrierten – eine mir bis dato völlig unbekannte Migrationsbewegung. Emilia Smechowski hatte dann vor einigen Essay und danach auch ein Buch zum Symptom der Strebermigranten geschrieben. Ihr neues Buch entstand, während sie für ein Jahr zurück nach Danzig zog, eine Stadt, die sie fast nur aus den Ferien kannte. Neben den offensichtlichem Fremdeln und dem Kulturschock beschreibt sie das sich ändernde Polen und eine unter der rechts-konservativen Regierung spaltenden, mitunter zurückgezogenen Gesellschaft.

Was ich ich an dem Buch schätzte: Es ist ein Reportagenbuch, das nie den persönlichen, subjektiven Blick der Autorin verschweigt. Es zeigte mir auch sehr deutlich, wie oberflächlich mein Blick auf Polen zuweilen ist. Ich wünschte mir, ich hätte vor 10 Jahren einen tieferen Einblick in das Land erlangt. Vielleicht auch deshalb hat das Buch wieder eine Sehnsucht in mir ausgelöst, mal wieder nach Warschau zu fahren und in die Stadt einzutauchen, die sich noch viel rasanter ändert, als es Berlin tut.

Die letzten Tage des Patriarchats
320 Seiten

Ich hatte zunächst nicht vor, mir die zusammengestellten Kolumnen von Margarete Stokowski zu kaufen. Steht doch alles schon im Internet. Ich habe es mir dann doch anders überlegt – und nicht bereut. Durch die Dichte der Kolumnen konnte ich anders, in meinen Augen qualitativ besser, reflektieren. Was mich besonders bestärkt: Die vielen Punkte, die Stokowski anspricht, die ich auch in mir schlummern, die ich aber nie so klar formulieren konnte.