Die Übersetzung

Der Übersetzer Miguel de Blast, der als Ich-Erzähler durch dieses Hörspiel führt, fährt zu einem Sprachkongress, wo er seine 'alte' Liebe Ana wie auch seinen ewigen Rivalen Naum trifft. Bereits am ersten Abend gibt es einen Todesfall, dem schon nach Kurzem ein zweiter folgt. Gemeinsam mit Ana erfährt Miguel, dass Naum mehr darüber weiß...
Dies ist kein klassischer Who-Done-it-Krimi, denn als Ursache für die Toten scheint sich eine Sprache herauszukristallisieren. Klingt merkwürdig? Ist es auch, aber dennoch spannend und sogar ein bisschen gruselig. Denn dieses Hörspiel ist mit so grandiosen Sprechern wie Frank Glaubrecht, Corinna Harfouch, Wolfgang Spier usw. und einer äusserst passenden Hintergrundmusik klasse inszeniert, dass es mir bei konzentriertem Zuhören im Dämmerlicht schon ein bisschen Gänsehaut verursachte ;-)
Leider dauert das Vergnügen nur 50 Minuten und so hört man sich das Ganze gerne auch ein zweites Mal an.

Bodentiefe Fenster
249 Seiten

Was für eine traurige Lektüre! Fast 250 Seiten Gedanken, Berichte, Selbstgespräche einer der scheinbar typischen Prenzlauer-Berg-Mütter - doch hier liest man nichts von fröhlichen Latte-Macchiato-Gesprächen unter ihresgleichen oder der erfolgreichen Selbstverwirklichung im kreativen Bereich. Ganz im Gegenteil. Sandra, die Hauptfigur dieses Romans, scheint zwar nach außen voll und ganz dem Klischee zu entsprechen, doch tatsächlich zermürbt sie sich selbst mit ihren ständigen Zweifeln und Selbstvorwürfen. Was ist aus den Idealen geworden, die man ihr daheim und im Kinderladen so eingetrichtert hat, dass sie mittlerweile davon überzeugt ist, dass es ihre eigenen sind? Die absolute Liebe zu den Kindern; dass Gemeinschaft das Wichtigste ist; dass Alle gleich sind und man Alle zu lieben hat und selbst geliebt wird. Doch ihre Frustration über sich, ihr vergebliches Mühen sowie die Anderen, die ganz und gar nicht so leben wie es sein sollte, wird immer stärker und lässt ihre Schuldgefühle und Ängste noch größer werden.
Noch nie habe ich ein so eindringliches (wenn auch indirektes) Plädoyer für einen gesunden Egoismus gelesen wie in diesem Buch. Auf jeder Seite hätte ich Sandra am liebsten geschüttelt (ebenso wie die meisten der zahlreichen Frauen, die in diesem Buch auftauchen) und entgegengehalten: 'Was interessiert Dich, was Deine Nachbarn denken? Sag was Du denkst oder fühlst. Du musst es auch aushalten können, wenn Dich jemand nicht mag.' Und so weiter. Ist dies wirklich das Erbe der 68er Generation, wie es der Umschlagtext behauptet? Wurden die Kinder, insbesondere die Mädchen, zu solch wenig sich selbst bewussten Menschen und stattdessen zu Erfüllungsgehilfen der Utopien ihrer Mütter herangezogen? Ich will und kann das nicht glauben, auch wenn diese Geschichte mir den Eindruck vermittelt. Wenn wenigstens ein Fünkchen Hoffnung am Horizont aufleuchten würde, doch das scheint Sandra offenbar nicht vergönnt. Sogar als ihre ständige Selbstzermürbung zum vollständigen Zusammenbruch führt, scheint auch hier keine Lösung in Sicht.
Mut macht dieses Buch nicht, auf mich wirkt es mehr wie eine Bestandsaufnahme eines Menschen, der stets um sich und seine Ideale kreist, die nicht zu erreichen sind und daran krankt, schwer krankt - ohne große Hoffnung auf Besserung. Doch dafür hätte es keine 250 Seiten gebraucht, denn letzten Endes ist das Thema immer das gleiche.
Alles in allem eine gelungene Innenansicht einer überforderten Mutter und Ehefrau aus der Prenzlauer-Berg-Bewohnerschaft, die jedoch meiner Meinung nach um einiges kürzer hätte ausfallen dürfen.

Auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis 2015.

28 Tage lang
414 Seiten

Mira, 16 Jahre alt, riskiert täglich ihr Leben, indem sie für ihre Familie Lebensmittel ins Warschauer Ghetto schmuggelt. Ihre Mutter hat keine Kraft mehr, sich um die Kinder zu kümmern und so ist Mira die Versorgerin für ihre Mutter und ihre über alles geliebte 12jährige Schwester Hannah. Doch die Gefahr steigt täglich, die Nazis beginnen die Juden abzutransportieren und die Lage wird immer kritischer.
Erzählt wird das Alles von Mira, die gezwungenermaßen für ihr Alter sehr erwachsen ist. Sie sieht und erlebt selbst so viele entsetzliche Dinge, die Menschen anderen Menschen antun, dass es mir beim Zuhören buchstäblich den Magen zusammengezogen hat. Zwar erlebt sie auch glückliche Momente, doch die sind derart selten und kurz, dass ich mich immer wieder fragte: Wie kann das ein Mensch überhaupt aushalten? Dass das Warschauer Ghetto das Grauen pur war, dürfte nichts Neues sein, doch letzten Endes war es auch 'nur' eine von vielen Grausamkeiten dieser Zeit. Aber durch die Art und Weise wie David Safier hier Mira ihr Erleben schildern lässt, wird diese Vergangenheit ausserordentlich konkret und realistisch. Es ist nun nicht nur eine der vielen entsetzlichen Episoden aus der Historie, sondern besitzt stattdessen nun so etwas wie ein Gesicht: Miras Gesicht, Amos', Hannahs undundund. Auch wenn es nur fiktive Gestalten sein mögen: Ich werde dieses geschichtliche Ereignis sicherlich nicht mehr so schnell vergessen.
David Safier, den ich bisher nur als Autor von diversen Ulk- und Unterhaltungsromanen wahrgenommen habe, hat einem barbarischen Abschnitt unserer jüngeren Geschichte seine Anonymität genommen und wieder in unser Bewusstsein gerufen. Zwar hatte ich immer mal wieder das Gefühl, dass bei manchen Szenen vielleicht doch etwas zu sehr an eine mögliche Verfilmung als an das Buch gedacht wurde, aber es ist zu ertragen ;-)
Zuguterletzt: Auch die Erzählerin passt gut. Ihre rauchige, etwas kehlige Stimme fand ich zu Beginn fast etwas zu erwachsen für die 16jährige Mira, doch spätestens bei der zweiten CD konnte ich sie mir nicht mehr anders vorstellen. Ein gelungenes Hörbuch, gerade für die Jugend, das so manch trockenem Geschichtsunterricht sicherlich viel Farbe verleihen könnte ;-)

Blood on Snow. Der Auftrag
187 Seiten

Als begeisterte Jo Nesbø-Leserin konnte ich mir natürlich das neueste Buch von ihm nicht entgehen lassen - wobei es eher ein Büchlein ist im Vergleich zu seinen bisherigen Krimis. 192 Seiten soll es haben, doch zieht man die Verlagswerbung und leeren Blätter ab, verbleiben gerade mal 160 Seiten. Egal, in der Kürze soll ja die Würze liegen, wie es so schön heißt ;-)
Olav ist ein sehr empfindsamer Mensch - und doch ein Killer. Ohne Schwierigkeiten erledigt er seine Aufträge, aber als er die Frau seines Chefs töten soll, wird es problematisch. Denn zum ersten Mal verliebt er sich und handelt nicht so, wie er soll. Und da fängt das Übel an...
Auch dieser Held ist wie der allseits bekannte Harry Hole ein sehr vielschichtiger Charakter. Kaltblütig tötet er im Auftrag Menschen, hilft aber gleichzeitig den Hinterbliebenen auf eigene Kosten. Doch während bei Harry Hole sich alles sehr stimmig anfühlte (die Empfindsamkeit, seine Alkohol- und Drogensucht, seine Härte und gleichzeitige Schwäche), wirkte Olav auf mich nicht wirklich glaubwürdig. Ein wenig intelligenter Killer mit Lese, Rechtschreib- und Matheschwäche, der aber bei einem Auftrag wirklich ALLES bedenkt? Gleichzeitig von der Liebe so übermannt wird, dass er so gut wie alle Vorsichtsmaßnahmen und Zweifel vergisst? Eiskalt und brutal handelt ohne Rücksicht auf irgendwen? Für mein Gefühl passte das Alles nicht so richtig, sodass die an sich gute Thrillergeschichte ziemlich darunter leidet. Diese ist grundsätzlich deutlich stimmiger, doch mit einem solch seltsamen 'Helden' rückt das für mich eher in den Hintergrund.
Schade schade, ich hatte mich auf den neuen Nesbø wirklich gefreut. Mal schauen, wie der zweite Teil wird.

Der Ozean am Ende der Straße
240 Seiten

Es ist ein trauriger Anlass, der ihn in die Gegend seiner Kindheit führt. Zwischen Gottesdienst und Tee bleibt ihm noch eine Stunde und so fährt er in der Gegend herum. Ziellos wie er meint, doch plötzlich steht er vor einem Haus, wo früher sein Elternhaus stand. Statt nun zurückzufahren, nimmt er die Gegenrichtung und landet auf dem Hof der Hempstocks, die er aus seiner Kindheit kennt. Er sucht den Teich dort auf, an den er sich noch vage erinnert und setzt sich ans Ufer, wo ihm schlagartig alles wieder einfällt, was damals geschah...
Dieser Beginn könnte der Anfang einer netten Kindheitsgeschichte sein, aber nicht, wenn sie Neil Gaiman erzählt ;-) Der siebenjährige Ich-Erzähler ohne Namen wird nach dem überraschenden Besuch anderer Welten plötzlich mit Schrecknissen konfrontiert, die sich Erwachsene nicht vorzustellen wagen. Wesen ergreifen Besitz von ihm und seiner Familie, anderes Unheimliches muss helfen, will aber mehr undundund. Wenn der Junge nicht seine Freundin Lettie zur Seite hätte mit ihrem Ozean, er und die Welt wären verloren.
Diese Geschichte handelt so ziemlich alle Themen ab, die mit der Kindheit verbunden sind. Unverbrüchliche Freundschaft, Vertrauen und dessen MIssbrauch, Einsamkeit, Angst, Leben, Tod und nichtzuletzt die große Liebe zu Büchern, die stets Hilfe leisten. Ein phantastisches Märchen mit Gruselfaktor, das alle Möglichkeiten offen lässt.

Brigitte und der Perlenhort
192 Seiten

Ein ziemlich abgedrehter Comic - einerseits. Denn die Hauptfigur Brigitte ist nicht nur eine Geheimagentin à la James Bond, nein, sie ist zudem ein Hund. Und zwar nicht einer unter Vielen, sondern einer unter Menschen, der sich hin und wieder in einen verliebt und dann auch mit ihm im Bett landet. Also ein Mensch gewordener Hund? Bis auf den Kopf wohl ja, doch der ebenso wie das Bewusstsein bleiben ein Hund.
Andererseits ist die Story selbst nichts aussergewöhnliches. Brigitte soll eine äußerst seltene Muschel mit einer entsprechend wertvollen Perle beschaffen - und natürlich ist ihr ein Bösewicht auf den Fersen.
Das Ganze ist leidlich spannend (hin und her und her und hin) und wäre Brigitte nicht eine Hündin, würde diese Geschichte wohl kein Mensch lesen wollen. So wird das Ganze etwas schräg, wozu auch Brigittes James-Bond-untypisches Verhalten beiträgt: Hätte sie nicht diese Anti-Liebes-Pillen, wäre sie in dem Job wohl vollständig verloren.
Die Bilder sind eher schlicht: Es wirkt wie mit Bleistift gemalt, wobei das Ganze nicht schwarz-weiß, sondern eher violettgrau-weiß daherkommt. Die Figuren selbst sind mit vergleichsweise wenig Strichen dargestellt, was ihre Ausdrucksfähigkeit jedoch nicht mindert. Ich finde es immer wieder begeisternd, wie manche Künstler so etwas hinbekommen, wobei sich in diesem Fall meine Begeisterung für das Buch insgesamt etwas in Grenzen hält. Die Geschichte empfinde ich mit ihren diversen Unklarheiten (Woher kam dieses Geräusch? Wieso bekam Brigitte die Ehrung? usw.) schlicht als zu schwach, für die ich mit den Zeichnungen nicht wirklich entschädigt wurde. Trotzdem: Das nächste Buch der Autorin werde ich mir auch mal anschauen.

Raumschiff Titanic

Wer auf der Suche nach einem zumindest halbwegs ernsthaften Science-Fiction ist, sollte hiervon besser die Finger lassen. Denn wenn es eines bestimmt nicht ist, dann ernsthaft ;-)
Diejenigen, die sich hiervon nicht abschrecken lassen, erwartet eine 131 Minuten lange chaotische sowie völlig schräge Raumschifffahrt durchs All, während der sich lüsterne Stehlampendiensboter und liebestolle blerotinische Journalisten noch als kleinste Probleme herausstellen. Denn das supergigantische und hypermoderne Raumschiff Titanic entpuppt sich als Baustelle, auf der der Sauerstoff knapp und die Temperatur arktisch wird und ist obendrein mit einer Bombe versehen, die in Bälde zu explodieren gedenkt. Völlig unbeabsichtigt geraten die drei Erdenbewohner Lucy, Nettie und Dan auf das Schiff und kämpfen nicht nur um ihr Leben, sondern auch mit schwarzen Löchern, einem kleinkarierten Tischlampen-Empfangsboter und yassakanischen Piraten...
Das Hörspiel wurde offenbar mit recht viel Aufwand inszeniert, die Besetzungsliste weist immerhin 20 SprecherInnen auf und mit Fred Frith einen bekannten Komponisten und Musiker. Allerdings sollte man es sich mehrfach anhören, was bei der Kürze des Ganzen sicherlich kein Problem ist. Denn nicht nur die Geschichte ist phantastisch, auch die Namensgebung ist überaus bizarr, sodass beim ersten Mal auch durch die eigens für dieses Stück geschriebene Musik einiges verloren gehen kann. Ich beispielsweise kam erst beim wiederholten Hören in den vollen Genuss.

Fallende Engel
220 Seiten

Kanada, Anfang der 60er Jahre: Die drei Schwestern Lou, Norma und Sandy wirken gemeinsam mit ihren Eltern wie eine normale Familie. Doch normal geht anders. Irgendein Geschehnis in der Vergangenheit führte dazu, dass die Mutter jetzt fast ausschließlich Whisky trinkt und ihre Tage schweigend im Bett oder auf der Couch vor dem Fernseher verbringt. Auch der Vater trinkt und je nach Stimmung schlägt er zu - lediglich seine Frau und Sandy verschont er, vermutlich weil letztere ein Ebenbild ihrer Mutter ist. In den Sommerferien sperrt er sich und die Familie im selbstgebauten Atombunker ein, den sie (selbst als sie kein Wasser mehr haben) nicht verlassen dürfen. Er ist ungerecht, gewalttätig und ein Despot, weshalb Lou ihn hasst, aber Norma ihn dennoch liebt. Die drei Mädchen sind so verschieden wie Schwestern nur sein können und jede reagiert auf ihre Art auf diese Form der Nicht-Erziehung. Lou ist rebellisch und kalt, Norma isst und isst und ist voller Liebe und Verständnis für alle, immer mit der Hoffnung etwas Liebe zu erhalten. Und Sandy, die Schöne, reagiert auf das stete Interesse an ihr mit sofortiger Zuwendung bzw. kann nicht 'Nein' sagen, was sie von Junge zu Junge und Mann zu Mann wandern lässt.
Beginnend mit dem Ende, erzählt das Buch über einen Zeitraum von 10 Jahren aus dieser Familie, immer einzelne Episoden aus einem Jahr, sodass man die Entwicklung der drei Schwestern nachverfolgen kann. Obwohl sie altersmäßig nah beieinander liegen und somit alle die gleiche Ausgangsposition hatten, driften ihre Lebenswege immer weiter auseinander. Jede flüchtet angesichts der Familienproblematik in ihre ganz eigene Welt und geht diesen einmal eingeschlagenen Weg weiter - dennoch halten sie zusammen.
Ich litt mit den Dreien und konnte ihr Verhalten gut nachvollziehen, wobei ich mich immer wieder fragte: Wieviele solcher Familien gibt es? An wievielen Häusern und Wohnungen bin ich schon vorbeigegangen, in denen das heile Familienbild nur Fassade ist? Der Autorin ist es sehr gut gelungen, nicht nur die Entwicklung der Schwestern zu beschreiben, sondern auch das Entsetzliche im ganz normalen Alltag darzustellen: Keine Monster, sondern 'lediglich' Menschen wie sie uns jeden Tag begegnen können.

Wintergäste
415 Seiten

Gerade mal viereinhalb Tage umfasst dieses Buch, doch in dieser kurzen Zeit lernt man die Mitglieder der Familie Boysen recht genau kennen. Und erfährt vielleicht mehr über sie, als sie selbst voneinander wissen.
Der Anlass für ihr Zusammentreffen im Haus Tide ist eigentlich ein trauriger, der sich letztenendes aber als amüsant herausstellt. Mutter Inge wird von ihrer Schwiegertochter Kerrin für tot gehalten und so informiert sie umgehend die drei Geschwister ihres Mannes Enno, die bis auf Sohn Boy sofort anreisen. Selbst Kerrins und Ennos Adoptivtochter Inka fliegt aus ihrem Auslandsaufenthalt in St. Petersburg zurück, wenn auch widerwillig (glücklicherweise passt der Anlass zu ihrer neu entdeckten Liebe zum Gothic Style ;-)). Doch es ist ein Fehlalarm - glücklicherweise. Mutter Inge schlägt wieder die Augen auf und freut sich, als sie fast all ihre Lieben, wenn auch verspätet, doch noch zu Weihnachten um sich hat. Doch die Freude währt nicht allzu lange. So gut wie alle tragen ihr mehr oder weniger großes Problempäckchen mit sich, die durch den durch einen Schneesturm zwangsweise verlängerten Aufenthalt nach und nach 'ausgepackt' werden.
Grundtenor des Buches scheint das nicht gelebte Leben zu sein; Wünsche und Träume, die zugunsten Anderer zurückgestellt oder schlicht als nicht realisierbar abgehakt wurden. Doch irgendwann holen sie einen ein und nun ist es wohl so weit. Allzu viel Handlung sollte man nicht erwarten, der Großteil der Geschichte spielt sich entweder in inneren Selbstgesprächen oder Dialogen ab, ausser der Zeit treibt nichts die Handlung voran. Ich empfand dies nicht als Nachteil, da zumindest zu Beginn vieles sehr humorvoll geschildert wurde und die Familienmitglieder mit liebenswerten Schrulligkeiten aufwarten. Doch der Humor lässt leiderleider nach und die Probleme der einzelnen Personen nehmen überhand, sodass für mein Empfinden zunehmend die Glaubwürdigkeit der Handelnden darunter zu leiden begann. Zwar versöhnte mich der Schluss (der nur vorübergehend sein soll ;-)) des Ganzen, doch so richtig begeistern konnte mich die Familie nicht mehr.
Alles in allem eine durchwachsene Lektüre mit durchaus schönen Momenten, die hoffen lassen, dass der zweite Teil sich in manchen Dingen etwas zurücknimmt - manchmal ist weniger mehr ;-)

Drohnenland
432 Seiten

Tom Hillenbrand, den ich bisher als Autor mehrerer unterhaltsamer 'Küchen'krimis kannte, beweist mit diesem düsteren Zukunftsszenario dass er auch anders kann: spannend und durchaus beängstigend, nichtsdestoweniger aber ebenso unterhaltsam wie seine bisherigen Bücher.
In der von ihm entworfenen Zukunft, Mitte des 21. Jahrhunderts, sieht es nicht sehr schön aus für die meisten EU-Bürger: der Klimawandel stellt sich als mehr oder weniger fortwährender Regen dar, weite Teile Europas liegen unter Wasser; die Überwachung der Einzelnen rund um die Uhr und überall ist fast vollkommen. Dennoch kommt es noch zu Straftaten und so wird Europol-Ermittler Aart zu einem Tatort gerufen: ein EU-Parlamentarier wurde ermordet auf einem Feld gefunden. Scheinbar keine allzu schwere Aufgabe, denn dank umfangreicher Bewegungsdaten und einem entsprechenden Fahndungsrechner bleibt nichts unentdeckt. Doch Aart stößt auf Merkwürdigkeiten: Sollten Datenspuren manipuliert worden sein?
Hillenbrand gelingt das Kunststück, eine Welt zu präsentieren mit vielen unbekannten Dingen, in der man sich jedoch schnell zurechtfindet, ohne dass er sie explizit erklären lässt. Stattdessen ergibt sich dies beiläufig in Gesprächen oder Aktionen der handelnden Personen, ebenso wie man in Kenntnis gesetzt wird über die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen der letzten 100 Jahre. Vielleicht fällt es aber auch deshalb so leicht, weil es letzten Endes eine Fortschreibung der Entwicklung darstellt, die sich in unserer Gegenwart bereits abzeichnet: die vorangetriebene Vernetzung aller Dinge und Menschen; die damit verbundenen Überwachungsmöglichkeiten; der Klimawandel; die Verknappung von Rohstoffen und damit einhergehende Unruhen undundund. Vieles findet sich in diesem Buch, was den Ursprung wohl in unseren Zeiten hat. Und es sind keine schönen Aussichten, was daraus vielleicht werden könnte.
Und doch ist dies nur der Hintergrund vor dem sich ein Kriminalfall abspielt, der zwar erstmal sehr sciencefictionmäßig wirkt, jedoch beim Lesen immer wieder Gedanken hervorruft wie: "So weit entfernt ist das doch nicht..." oder "Das gibt es doch schon, oder?". Spannend, aber auch erschreckend. Insbesondere jetzt nach den Ereignissen in Paris, nach denen im Namen der Sicherheit die Freiheit wohl als Erstes dran glauben muss.
Fast hätte ich noch den Vorleser vergessen ;-) Uve Teschner macht das richtig gut, selbst die Frauenstimmen waren gut zu unterscheiden, ohne dass er sie in irgendeiner Form nachmachte. Eine andere Tonlage und Akzentuierung - ich hatte die unterschiedlichen Personen immer vor Augen.

Sterbenskalt
624 Seiten

Familie und die Sonne - je weiter weg, desto besser (aus Mexiko)
So in etwa ist Frank Mackeys Einstellung zu seinen nächsten Verwandten, die er bis auf seine Schwester Jacky seit 22 Jahren nicht mehr gesehen hat. Doch dann erhält er einen Anruf von ihr, der ihn zurückkehren lässt - und alles, was er längst vergessen glaubte, taucht mit einem Mal wieder unmittelbar vor ihm auf. Das Arme-Leute-Viertel am Faithful Place in Dublin, der jähzornige alkoholabhängige Vater, die stets schimpfende und alles bestimmende Mutter - und seine erste große Liebe Rosie, die ihn völlig unvorbereitet ohne jeden Grund verlassen hat. Ein Verlust, den er noch immer nicht wirklich verkraftet hat.
Auch wenn sich dies nun nicht so liest - es ist ein Kriminalroman. Zwei Tote und die Suche nach einem möglichen Täter stehen im Mittelpunkt, doch darum herum schlingen sich die Geschichten von Franks Kindheit und Jugend und die Beziehung zu seiner Familie in einer Intensität, dass es auch für zwei weitere Bücher gereicht hätte :-) Frank schildert seine Vergangenheit in der Ich-Perspektive derart deutlich und detailliert, dass ich diese Zeit förmlich mit ihm durchlebte. Die Beengtheit der Verhältnisse; die Bigotterie in der Familie; das stets nach aussen zu wahrende Gesicht, obwohl jeder wusste, wie es daheim zuging; die Lieblosigkeit und Kaltherzigkeit der Mutter; die fortwährende Angst vor den Ausbrüchen des besoffenen Vaters - ich litt mit Frank und freute mich, wenn es mal die Gelegenheit dazu gab; ich tauchte förmlich in diese Familie hinein. Vielleicht weil Vieles dieser Zeit (der 80er) so vertraut wirkte: die Musik, die Kleidung, die Art sich zu geben. Offenbar ähneln sich solche Dinge auch über Ländergrenzen hinweg. Oder es ist schlicht der gute Schreibstil Tana Frenchs, der die Figuren und das Drumherum so lebendig wirken lassen - ich weiss es nicht. Ich konnte mich auf jeden Fall kaum lösen von diesem Buch und habe es aufrichtig bedauert, als es zu Ende war.
Was ich nicht unerwähnt lassen möchte: Fast nebenbei werden noch große Fragen des Lebens aufgeworfen. Wie weit muss Verantwortung gehen? Muss ich den Erwartungen Anderer gerecht werden? Was kann ich von Anderen erwarten?
Alles in allem ein richtig tolles Buch, das einen nicht so schnell wieder loslässt.

Shaft und die sieben Rabbiner

Ahhh, ich liebe diese Hörbuchreihe: Shaft, der schwarze Privatdetektiv, der im New York der 70er auf seine Art für Recht sorgt - diesmal im Auftrag von sieben Rabbinern, die plötzlich in seinem Appartement stehen. Im Diamanten-Bezirk herrscht Unruhe, bereits fünf Händler wurden auf ihren Reisen in den USA kaltblütig ermordet und ausgeraubt. Und der israelische Geheimdienst ist auch noch mit im Spiel. Doch wobei?
Cool wie immer kämpft sich Shaft durch ein Dickicht von Gerüchten und Geheimnissen, natürlich noch zusätzlich etwas verwirrt durch eine schöne Frau ;-) Es geht so richtig zur Sache, denn die unterschiedlichsten Seiten mischen hier mit, wenn vielleicht auch nicht alle im gleichen Spiel. Das macht es zeitweise etwas verwirrend, denn die grandiose Musik von Isaac Hayes wie auch die entsprechende tolle akustische Untermalung lenken doch etwas ab. Das macht aber überhaupt nichts: Da es (leider) nur eine CD ist, hört und genießt man sie einfach ein zweites Mal - und hat dann ganz sicher alles mitbekommen.
Wie im New York der 70er üblich (?), ist garantiert nichts politisch korrekt. Schwarze sind Ni****, Frauen bzw. die eine zart und unbeholfen und bevor man redet, schlägt man erst mal zu ;-) - ganz klar, es herrscht die Macht des Stärkeren. Wen das nicht stört, wird an diesem Hörbuch seine helle Freude haben - alleine schon die Stimme von Shaft. Und die Musik...

Der Gefangene des Himmels
403 Seiten

Wer die beiden Vorgängerromane von Zafón 'Das Spiel des Engels' und 'Der Schatten des Windes' gelesen hat, wird hier bald auf bekannte Namen stoßen. Daniel Sempere und David Martín spielen eine wichtige Rolle, doch zum Verständnis ist das Lesen der anderen Bücher nicht vonnöten, vielleicht erhöht es den Lesegenuss ein bisschen.
Wieder spielt die Geschichte im Barcelona vergangener Zeiten, in den Jahren 1957/58 und von dort mit Rückblicken in die Zeit des Franco-Regimes. Als Daniels bester Freund heiraten will, muss er seine Vergangenheit offenbaren, die intensiver mit der Daniels verbunden ist als dieser weiß. Und gleichzeitig taucht ein unheilvoller Bekannter aus jener Zeit auf - Zufall? Es geht um Liebe, Verrat, Betrug, Macht und Geld. Und wie bei Zafón üblich, ist alles miteinander verbunden und verworren, der Rückblick offenbart nur einen Teil der Wahrheit.
Doch gegenüber den beiden anderen Büchern ist diese Geschichte deutlich kürzer gefasst, auch wenn das Taschenbuch mit mehr als 400 Seiten angegeben wird. Wäre die Schrift nur etwas kleiner und das Format nur geringfügig größer, hätten 250 Seiten vermutlich vollauf genügt. So fehlt dem Ganzen jedoch der Umfang zu einem richtigen Schmöker: Kaum ist man dabei ganz und gar in die Geschichte einzutauchen, vollzieht sich ein Wechsel in eine andere Richtung. Keine Frage, das Buch ist voll mit überraschenden Wendungen und unterhält die Lesenden bis zum Ende ohne jede Schwierigkeit. Doch zum wirklichen Schmökern fehlt die intensive Darstellung der einzelnen Bereiche. Vieles wird angerissen, manches auch geklärt, doch allzu viele Frage bleiben offen. Stoff für einen Folgeband? Das wäre schön, wenn dieser wieder die Opulenz der ersten beiden Barcelona-Bände hätte.

Der Kilo-Killer: Ein Jahr im Schlankheitswahn

Lange Zeit waren die Themen Diäten, Gewichtsabnahme und alles was damit zusammenhängt, fest in der Hand von Frauen. Doch seitdem auch das männliche Geschlecht nicht nur gesundheitsbewusster, sondern auch eitler geworden ist, melden sich ebenfalls zunehmend Männer zu den oben genannten Punkten zu Wort. Stephan Bartels ist einer von ihnen.
Knapp 112 Kilo bei einer Größe von 176 cm - Bartels vollschlank zu nennen, wäre stark untertrieben. Er beschreibt, wie er seinen ,Zustand` weitestgehend ignorierte, bis ihn aktuelle Urlaubsbilder mit einer Realität konfrontierten, der er nicht mehr ausweichen konnte. Er musste abnehmen. Weniger essen, anders essen, Sport, sozialer Druck durch Besuche bei den Weight Watchers und die Leser seines Blogs, in dem er seine Gewichtsabnahme dokumentieren wollte. Und er hatte Erfolg - vorerst. Doch auch ihm blieb die Erfahrung der Jojo-Effekte nicht erspart. Ein Jahr dauerte es, bis der Autor sein Wunschgewicht erreicht hatte und seine Schilderungen über diese Zeit lassen erkennen, dass es ein ständig wiederkehrender Kampf mit dem inneren Schweinehund war.
Abnehmwillige, und zwar sowohl Männer wie auch Frauen, werden sich in vielen Dingen wiedererkennen und zustimmend nicken. Doch wer sich eine Anleitung oder vielleicht sogar 100%ige Tipps erhofft, wie das Hüftgold auf Dauer zu besiegen ist, wird enttäuscht werden. Es ist der autobiographische Bericht eines Abnehm- (und auch Zunehm-)jahres der deutlich macht, dass es den einen einzigen Weg nicht gibt. Sport muss sein und bewussteres und gesünderes Essen sicher auch. Aber darüber hinaus muss jeder für sich selbst herausfinden, was für sie/ihn der beste Weg ist.
Stephan Bartels liest sein Buch selbst. Es ist recht amüsant, doch an die Qualität beispielsweise eines Wigald Boning kommt er nicht heran. Was bei jenem spontan und locker erscheint, klingt bei Bartels stellenweise eher verkrampft. Doch alles in allem ein unterhaltsames und ggf. auch mutmachendes Hörvergnügen.

Im Auftrag der Ölsardine

Das ist mein zweites Abenteuer mit Kater Winston und seinem Sprecher Oliver Kalkofe - und wieder ist es spannend und witzig zugleich. Winston ist ein etwas überheblicher, im Herzen aber liebenswerter Kater, der für die von ihm verehrte Katzendame Odette, aber auch für seine Freunde alles tun würde. Dieses Mal muss er sogar zwei Verbrechen zugleich aufklären - und das auch noch kurz vor Weihnachten! Aber natürlich hat er die Unterstützung seiner Freundin Kira und den Muskeltieren (seinen Katzenfreunden).
Es ist ein wirklich wunderbar kindgerechter Katzenkrimi, der in der Hörbuchform von Oliver Kalkofe toll umgesetzt wird. Winstons Sprache ist gut verständlich und zu meiner Freude werden an den Menschen angepassten Ausdrücke liebevoll in Katzenform gebracht ;-) (Zum Beispiel statt Handvoll Pfotevoll oder pfotenwarm statt handwarm). Auch ist Winstons Verständnis der menschlichen Lebensweise immer wieder zum Kringeln, beispielsweise wenn er seine Definition von Weihnachten darstellt (wobei - so ganz falsch liegt er ja nicht damit ;-)) oder sich Gedanken über die Aufgaben einer Püschologin macht.
Kinder werden bei diesem Abenteuer sicherlich viel Freude haben (Erwachsene übrigens auch ;-)) und mit großer Wahrscheinlichkeit mehr von Winston hören wollen. Vier Sterne sind es 'nur', weil mir Cathlen Gawlich als Sprecherin einfach noch besser gefällt als Oliver Kalkofe. Zwar mag ich seinen Winston wie auch Babuschka und Sandro sehr, aber die anderen Figuren gehen beinahe etwas unter. Doch das ist Mäkeln auf sehr hohem Niveau ;-)
Empfohlen ist das Hörbuch ab 10 Jahren, dem ich zustimme. Es sind insgesamt 3 CDs mit einer Laufzeit von ca. 237 Minuten.