Die Frau als Mensch
250 Seiten

Wir haben schon von diesen Schwänzchen gehört, die Jungs von Mädchen unterscheiden. "He he he, das könnt ihr nicht!" Das Kunstück [in den Schnee pinkeln] beeindruckte uns, aber ich dachte auch "...stört das nicht, dauernd so ein Ding zwischen den Beinen baumeln zu haben?" Es sah so verletzlich aus... und unbequem. "Ha ha ha, nein!" "Mich würd's stören." Ich empfand Penismitleid. (S. 5)

Modell Schimpanse: Aggressive, konkurrenzorientierte Männer bilden wechselnde Allianzen. Frauen bewegen sich durch von Männer kontrollierte Territorien, ohne starke Bindungen zu anderen Frauen oder Männern einzugehen. Modell Bonobo: Egalitäre, weitgehend friedliche Gemeinschaften mit leichter weiblicher Dominanz. Der Status eines Mannes leitet sich vom Status seiner Mutter ab. Sex sorgt für Entspannung. [...] Sexualität und Zeugung sind [bei Menschen] weitgehend entkoppelt. Unser Sexualverhalten hat auch eine soziale Funktion übernommen. Diese Gemeinsamkeit teilen wir mit den Bonobos. Die paaren sich übrigens auch gerne mit zugewandten Gesichtern nach Menschenart. Der Zoologe Frans de Waal bemerkte: "Man stelle sich vor, wir hätten nie von Schimpansen gehört und als Erstes die Bonobos kennengelernt. Höchstwahrscheinlich würden wir dann heute davon ausgehen, dass Frauen der Mittelpunkt der frühen Hominiden-Gesellschaften waren, dass Sex damals eine wichtige Funktion hatte und es kaum Kriege gab." [...] Frans de Waal: "Schimpansen sind von Natur aus fremdenfeindlich. Sie töten ihre Nachbarn. Bonobos sind das genaue Gegenteil. Wenn sie Fremden begegnen, spielen sie zusammen, pflegen sich gegenseitig das Fell und haben Sex." "Bei den männerdominierten Schimpansen geht es ständig um Status. Wer steigt auf, wer steigt ab, wer ist der Boss. In mancher Hinsicht ähneln wir Schimpansen, in mancher Bonobos, aber Menschen sind im Vergleich zu Affen viel flexibler in ihrem Verhalten." Bonobos befrieden Konflikte oft, bevor sie entstehen. In brenzligen Situationen stimmen sie einander gutmütig, indem sie sich gegenseitig freundschaftlich die Genitalien reiben. Danach fällt es leichter, sich wohlwollend zu verhalten. Sex ist ein sozialer Tranquilizer im Leben der Bonobos. Sie kopulieren übrigens nicht ständig konvulsiv, sondern treiben es oft ganz entspannt, nur so nebenbei - wie wir Menschen eben manchmal auch. Bei vielen Menschen hat Sex den üblen Ruf eines Uhruhestifters, des ersten Auslösers von Konflikten (siehe: Trojanischer Krieg). Der Sexualtrieb wird als gefährlich und sozial destabilisierend gefürchtet und deshalb streng eingehegt. Menschen nutzen die friedensstiftenden Qualitäten von Sex nur im Privaten. Eigentlich schade. Wäre es nicht beruhigend zu wissen, dass sich die Präsidentinnen zweier Länder vor schwierigen Verhandlungen erst gegenseitig die Muschi reiben, um dann einmütig nach der fairsten Lösung für alle zu suchen? (S.40-42)

"Die Frau als Mensch" schreibt über die Geschichte der Menschheit, von den Neandertalern bis zu den Jetztmenschen, aus weiblicher Perspektive. Ein beeindruckend stark fundiert recherchierter Graphic Novel, aufwendig gestaltet, mit sehr ansprechenden Illustrationen. Wahnsinnig aufschlussreich, überraschend, manchmal etwas langatmig (ging mir dann persönlich ein paar Mal doch zu sehr in die Tiefe). Nichtsdestotrotz sehr lesenswert!

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