Unterleuten
640 Seiten

“Wenn ich in Unterleuten eins gelernt habe, dann dass jeder Mensch ein eigenes Universum bewohnt, in dem er von morgens bis abends recht hat.”

Unterleuten, ein kleines Dorf in Brandenburg, eingebettet in unberührte Natur, wegen seltener Vogelarten Anlaufstelle für Ornithologen, vielleicht ein bisschen aus der Zeit gefallen. Das Leben dort könnte harmonisch sein, wären da nicht die Dorfbewohner, eine Mischung aus Alteingesessenen und Zugezogenen, die alle ihren eigenen Kopf haben. Eine Mischung, bei der auf derart engem Raum der große Knall kaum abwendbar ist.

Die Geschichte, die Juli Zeh erzählt, ist nicht die spannendste, aber vielleicht muss sie das auch gar nicht sein. Denn das, wovon der Roman lebt, ist Juli Zehs Hand für schöne Formulierungen, mit denen sie eine nicht ganz so schöne Welt beschreibt, für eine Erzählweise, die Charaktere lebendig und aus dem Leben gegriffen erscheinen lässt. Dass sie dabei noch wichtige Themen der Gegenwart abhandelt, ist ein großes Plus und versöhnt mich auch ein bisschen mit dem ernüchternden Ende. Unterleuten ist ein Zeugnis gescheiterter Kommunikation, von Wut und Hass, von Resignation und dem Gefühl, von der Politik im Stich gelassen worden zu sein. Unterleuten könnte überall sein, in uns allen steckt vielleicht ein Stück von Unterleuten und genau deshalb ist dieser Roman so lesens- und empfehlenswert.

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