Komm, wir werfen ein Schlagzeug in den Schnee
368 Seiten

Immerhin konnte ich meine am Wochenende wiedergekehrte Erkältung dazu nutzen, endlich (bei meinem mittlerweile dritten Anlauf) dieses Buch zu lesen. Ich vergebe absichtlich keine Sterne, denn für eine einfache „Irgendwas von Fünf“-Bewertung habe ich zu widersprüchliche Gedanken zu diesem Buch. (Und, das sei vorweggenommen: Nach 72 von Eric Pfeil und Aspirin Komplex durchzogenen Stunden kann ich nicht anders, als diese Rezension genau im Stil des Buches zu verfassen. Ich trage auch ein bisschen Sorge, mein ganzes Leben bis auf weiteres nur in diesem Stil weiterführen zu können.)

Jedenfalls. Eric Pfeil kann schreiben. Er kann es einfach. Er reiht Sätze aneinander, und die Sätze sind sehr gut, und man liest die Sätze und denkt: Wow, Eric Pfeil kann schreiben! Aber dann rutscht er (Jahrgang 1969) in pseudo-dadaistische Kapitel ab, in denen er erzählt, dass er in der Zeit und Nähe des originalen Woodstock-Festivals Bootsbauerei studiert hätte, oder dass er auch mal der fünfte Beatle gewesen sei. Das war mir einfach zu gewollt „abgedreht“, zu sehr „Oh, ich war heute auf keinem nervigen Konzert, von dem ich erzählen kann, aber Woodstock ist 50 Jahre her, hm hm hm“.

Insgesamt hätte das Buch von etwas mehr Lektorat profitieren können. Wenn jemand (und nicht erst ich, wenn ich das eigentlich seit zehn Jahren fertige Objekt in der Hand halte) mal mit einem dicken roten Stift durchs Manuskript geklettert wäre und „Nein, Eric, einfach nein“ gesagt hätte, und vielleicht auch direkt alle (vermutlich dem Ursprungsformat als regelmäßige Veröffentlichung geschuldete) Wiederholungen von Anekdoten, Aussagen, Vergleichen und geflügelten Worten entfernt hätte (wenn ich noch einmal „Nerven wie Drahtseile“ lesen muss, ist aber was los), hätte das das Buch schon mal ein gutes Stück aufbessern können. Insbesondere an Stellen, wo sowas steht wie „Wie ich vor ein paar Tagen schon geschrieben habe, [Anekdote, die er vor ein paar Tagen schon fast im gleichen Wortlaut geschrieben hatte]“, und ich denke „Äh, ja, danke Eric, an der Stelle war ich vor 15 Minuten, das hier ist EIN BUCH!!!, kannst du bitte mal für DEIN BUCH!!! noch mal jemanden über deine Kolumnen schauen lassen.“

Am besten ist dieses Buch, wenn man die Musiker kennt, um die es geht (passierte mir leider nicht so oft) oder wenn Eric Pfeil gute Anekdoten über Alltagskrempel erzählt (passierte ein paar Mal), aber häufig las ich mich durch einen Haufen Konzertreviews mir eigentlich unbekannter Bands, in denen Eric Pfeil zeigte, wie viele Adjektive er eigentlich kennt. (Spoiler: Viele.)

Dass ich die letzten 150 Seiten dann doch an einem Tag durchrödelte lag nicht zuletzt daran, dass mir vom Band-Glossar noch eine Erwähnung von Thees Uhlmann versprochen wurde, die erst auf der neuntletzten Seite stattfinden sollte. Tat sie auch, und sie war freundlich und versöhnlich. Also nicht alles schlecht.

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