Im Leben nebenan
270 Seiten

Antonia scheitert wieder und wieder daran, zusammen mit ihrem Partner Jakob ein Kind zu bekommen. Eines Tages wacht sie in einem Parallelleben auf, in dem sie mit ihrer ersten Liebe Adam verheiratet ist und ein kleines Baby namens Hanna hat. Beide Leben werden uns vor Augen geführt – und beide Leben zeigen, dass es im Leben nebenan weder besser noch schlechter ist als in dem Leben, das wir leben.

Diese Geschichte ist ruhig erzählt und ich brauchte zunächst ein paar Kapitel, bis ich begriff, das die Links- bzw. Rechtsplatzierung der Kapitelzahl anzeigt, welches Leben gerade beschrieben wird (links: Adam, rechts: Jakob). Zwar begriff ich durchaus, welches Leben ich gerade lese, aber dadurch, dass die Kapitelanzahl nicht parallel verläuft, geriet ich am Anfang durcheinander, als auf ein rechtsbündiges Kapitel 3 ein linksbündiges Kapitel 5 folgte. Selbst den zusätzlichen Unterschied zwischen den Leben, bei dem Antonia in Adams Kapitel mit ihrem vollen Namen genannt wird, während sie in Jakobs Leben schlicht Toni gerufen wird, begriff ich erst nach der verwirrenden Anfangsphase.

Dadurch, dass nicht viel passiert, lebt die Geschichte vor allem von Antonias Konflikten und Zweifeln bezüglich des Baby-Habens und Baby-Wollens. Diese waren sehr gut beschrieben, sodass ich mich leicht in Antonia hineinversetzen konnte, obwohl ich selbst mit diesen Problemen nichts anfangen kann. Ob das auch anderen so geht, kann ich schwer beurteilen, aber ich selbst war beeindruckt davon, wie nah wie Antonias Innenleben erleben.

Die größte Stärke des Romans ist es jedoch, dass beide Leben gleichwertig beschrieben werden, keines wird als besser oder schlechter dargestellt. Während Toni sich nach einem Baby sehnt und sich vorstellt, wie vollständig ihr Leben danach wäre, hat Antonia sowohl mit Hanna als auch mit dem Muttersein an sich Schwierigkeiten, weil es so viele neue Probleme gibt, die es zu bewältigen gilt. Zwar wünschte ich, dass auch die Vorzüge von beiden Leben stärker herausgearbeitet worden wären, aber zumindest habe ich am Ende keines der Leben als bevorzugt empfunden.

Das Ende kommt ein wenig abrupt und ich wünschte, es wäre noch weiter ausgebaut worden, weil es so wirkte, als hätte Anne Sauer mittendrin zu schreiben aufgehört. Die letzte Szene mochte ich sehr und sie impliziert, dass das Leben so oder so schlicht weitergeht, aber mir hätte ein runder Abschluss noch besser gefallen.

Insgesamt eine Lektüre, die zum Nachdenken anregt und klar macht, dass das Leben nie perfekt ist.