Bücherregal lädt …
Egal wohin, Baby
256 Seiten

Ich habe das Buch mit grosser Vorfreude zur Hand genommen. Ausschlaggebend waren mehrere sehr positive Kritiken und eine persönliche Empfehlung. In siebzig kurzen, meist fotografisch illustrierten Reiseepisoden, die der Autor als „Mikroromane“ bezeichnet, werden Erinnerungen, Begegnungen und Eindrücke versammelt. Erzählt werden sie aus der Perspektive eines irischen Alter Egos namens Lorcan. Vielleicht ist es gerade diese Perspektive, die mir diese Texte narzistisch und pathetisch aufgeladen erscheinen lassen. So beispielsweise die Geschichte über die Begegnung mit Gorillas. Ich finde es irritierend, wenn der Silberrücken im Text als „König“ bezeichnet wird und weiter: „Der Silberrücken, der wohl an die zweihundert Kilo schwer im Busch thronte, hörte diesem Grunzen fast nachsichtig zu und sah seinen Besuchern in die Augen, so lange und so tief hinab in ihre Seelen…“ Oder wenn Lorcan von einer Zwölfjährigen die Geschichte von Inês de Castro erzählt wird: „Portugals berühmteste, im 14. Jahrhundert erlittene Liebesgeschichte erst vor wenigen Tagen von Beatriz gehört, der zwölfjährigen Tochter seines Gastgebers in Lissabon. Ohne dabei außer Atem zu geraten, übte Beatriz in ihrem Gi, dem weissen Anzug der Karatekämpfer, zu ihrer Erzählung in langsamen, aber unablässigen Wiederholungen die Schritte, Tritte und Stösse des Kohin, die vorschriftsmässigen Bewegungen von Angriff …“