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& Coriolan / Coriolanus
336 Seiten

Das ist ein Band aus einer tollen Gesamtausgabe, die die Werke Shakespeares zweisprachig aufführt und Begleitwerk am Ende hat, in diesem Fall Anmerkungen zu nicht ganz übersetzbaren englischen Kunstgriffen und zwei sehr lesenswerte Essays (auch wenn ich den Verfassern nicht ganz zustimme).

Die altgriechische Aufteilung des menschlichen Geistes in Eros (ist klar), Logos (ist auch klar) und Thymos (im weitesten Sinne Stolz) zeigt beim Titelhelden ein klares Verschieben in Richtung "Nur Thymos allein". Der Kriegsheld Caius Martius erwirbt sich den Beinamen "Coriolanus" dadurch, dass er allein (!) wie ein Berserker die Stadt der Volsker, Corioli, heimsucht, trotz deren Überzahl. Seine Rede, dass er die feigen Hunde an seiner Seite auch zu seinen Feinden zählen wird, die war beeindruckend. Danach soll er Konsul werden, doch dafür muss er dem einfachen Volk (den Plebejern) a) Demut zeigen (ist so vorgeschrieben) und b) seine Kriegsnarben zeigen. Dass das mit seinem Thymos in Konflikt gerät, dürfte klar sein. Er wird verbannt und schließt sich den kurz zuvor von ihm geschlagenen Volskern und damit seinem Todfeind Tullus Aufidius an. Man kann sich vorstellen, dass die beiden wie ein Mähdrescher in Richtung Rom ziehen. Die letzte Chance, ihn umzustimmen, ist seine Mutter Volumnia. In einem sehr langen Monolog zieht sie die Fäden ihrer Erziehung, die sie ihm all die Jahre indoktrinierte (Römer hatten gewisse Werte, an die sie sich ums Verrecken hielten), sodass Coriolanus schweigt (tatsächlich eine wahrlich beeindruckende Regieanweisung) und sich dann für Frieden entscheidet. Das war alles Aufidius' Plan, denn nun kann er beide Seiten gegen ihn ausspielen, die geschlagenen Volsker und die gerade zu Witwen und Kinderlosen gemachten Römer. Sie wollen Caius Martius' Tod und bekommen ihn. Dem Frieden in Rom tut das aber keinen Abbruch. Er ist sogar eher der Kitt. Die Rede Martius' im Angesicht seines Todes (Seinem gewissermaßen als Henker zu bezeichnenden Opponenten mehrfach ein vor Verachtung triefendes "Boy!" ins Gesicht zu geifern, das verlangt durchaus Wahnwitz) hält, die ging echt unter die Haut. Ich kann mir vorstellen, dass dann im Theater ein kollektives Gefühl des "Uff, das war ein Drama!" durch den Raum ging