Mit Max Czollek meldet sich ein Vertreter der jungen Generation zu Wort und die Auseinandersetzung mit dem Leben von Jüdinnen und Juden im Deutschland der Gegenwart, die er damit anstößt, halte ich für sehr wichtig. Und Czollek liefert mit diesem Buch auch einige sehr gute Denkanstöße, analysiert das von Y. Michael Bodemann begründete "Gedächtnistheater" verständlich und erweitert es, liefert gute Argumente für manche auf den ersten Blick doch sehr steile These. Man muss nicht immer mit Czollek einer Meinung sein und ich denke, dieses Buch wird bei seiner Leserinnenschaft die unterschiedlichsten Emotionen auslösen: Zustimmung, Verständnis, Erkenntnis ebenso wie Ablehnung, Zweifel und vielleicht auch ein wenig Wut. Das ist legitim. Zugegebenermaßen, einfach macht es Czollek den Leserinnen auf dem Weg durch seine Essays auch nicht unbedingt. An manchen Punkten fiel es mir schwer, ihm direkt zu folgen: Einiges wirkte unnötig verkompliziert, in anderen Punkten fehlte mir schlicht der rote Faden (oder das Vorwissen, um sich diesem bewusst zu werden). Am Ende bleibt mir persönlich seine Forderung nach Desintegration doch zu vage.

Ich halte dieses Buch nicht für schlecht, aber die Art und Weise, wie Czollek den Inhalt verkauft, ist in meinen Augen nicht unbedingt gelungen. Das größte Problem, dass ich sehe, ist, dass Menschen, die dieses Buch dringend lesen sollten, vermutlich die ersten sein werden, die dieses Buch ob seiner Polemik in die Ecke pfeffern - und irgendwie kann ich sie verstehen. Das Durchhalten lohnt sich aber; auch, wenn ich am Ende nicht komplett überzeugt bin, habe ich einige Abschnitte, zu denen ich zurückkommen werde, und die ich so gerne weitergeben werde.

← alle Einträge von wieporzellan