Wenn Männer mir die Welt erklären
192 Seiten

Ich bin mit niedrigen Erwartungen an diese Essaysammlung herangegangen und diese sind teilweise unterboten worden. Allgemein spricht mich der Schreibstil, bzw die Übersetzung, nicht an, mein ästhetisches Empfinden wird nicht berührt. Die Texte sind nicht wissenschaftlich, weder werden Studien/Umfragen gezeigt, wenn sie etwas zeigen wollen, noch werden Gründe für Begebenheiten angeführt oder wirkliche Lösungen vorgeschlagen. Das ist unironisch schade. An ein paar wenigen Stellen hat man das Gefühl, dass sie keinen Grabenkampf zwischen den 2 klassischen Geschlechtern heraufbeschwören will, was sie mit ihrer Schreibe aber leider tut. Die ganze College-Sache: was ist die Konsequenz aus ihrem Denken? Believe all women, ergo Unschuldsvermutung ade, Beweisführung passé? Allgemein werden bei ihr diverse Dinge derart vermengt und auf eine Stufe gestellt, dass es mir wirklich graust. Intellektuell unredlich. Wenn man aus den Problemen herauszoomt, so sieht man, dass Gewalt an Frauen umgeframed werden kann in Gewalt von Männern, denn auch Männer werden von Männern verprügelt, getötet usw, in weit größerer Zahl als Frauen. Dies mag unter anderem an hirnstrukturellen/psychologischen Gründen liegen; betrachtet man die Big5, so sieht man, dass Männer wesentlich disagreeable u.m. sind. Auch wenn Männer und Frauen im Wesentlichen gleich sind, können sie radikale Unterschiede produzieren. Deswegen liegt die Mehrheit der Gefängnisinsassen bei den Männern (95% vs 5%) und so weiter und so fort. R.S. kritisierte das Vorgehen, dass man Frauen an Collegecampus (Plural mit langem "U", U-Deklination) beibringt, dass man besser Vorsicht walten lässt; ihrer Meinung nach soll man den Männern sagen, dass sie nicht vergewaltigen sollen. Leider ist es diesem Klientel scheißegal und die, die in einem "Prodromalstadium" sind, welches durch Alkohol oder Drogen in ein aktives "Sexuell übergriffig"-Stadium wird; soll man ihnen das Feiern verbieten (dort konsumieren sie und werden gefährlich)? Das wäre doch zu diskutieren, zusätzlich zu Vorsichtsmaßnahmen für Frauen (was auch durch gute Kameras passieren kann, also indirekt). Dass Vorsicht ein Frauenphänomen sein soll, finde ich als schon mehrfach nachts auf dem Nachhauseweg verfolgter Mann by the way ziemlich lächerlich.

Ich bin in der Hirnforschung tätig, im Besonderen im Bereich der Schizophrenie. Eine gängige Theorie ist hierbei, dass Positivsymptome wie Wahnvorstellungen aus einer aberranten Salienz entstehen können (dass also einem random herumliegenden Stift ein höherer Sinn zugeschrieben werden muss zB, in der Art "Dieser Stift ist von Gottes Hand/ von der NWO zum Abhören/ von Ken Jebsen gegen die Coronamaßnahmen hingelegt worden"). Daran musste ich oft denken; dass R.S. Begebenheiten u.Ä. ihres Kontextes beraubt und sie in ihr Gedankenmuster einbettet.

Der einzige Teil, der mir gefiel, war der Essay über Virginia Woolf (abgesehen vom esoterischen Geschwurbel, das auch an manch anderer Stelle aufblitzte), genauer: die Stellen in der sie zitiert wurde. Ich muss endlich etwas von ihr sehen.

Fazit: mir persönlich zu tendenziöses, nicht das Problem lösen wollendes Schriftstück, das rhetorisch geschickt ihrem Zwecke diente, aber nicht der Allgemeinheit. Sie bekämpft sich mit den Waffen, die sie nicht (mehr) in den Händen der Männer sehen will

Der beste Punkt aber zum Schluss (und u.a. das meine ich mit "rhetorisch geschickt"): Diese ganze Kritik kann laut ihr sofort abgeschmettert werden, denn ich bin ein Mann (sie tut das sogar im titelgebenden Essay).

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