Bodo Kirchhoff - ohne jemals von ihm etwas gelesen zu haben, war dieser Name für mich immer der Begriff von anspruchsvoller Literatur, die man nicht so einfach nebenher konsumieren kann. Und nun ein Schundroman? Ein Krimi? Na da bin ich ja mal gespannt.
Willem Hold, nach einem missglückten Raubüberfall mit einem Toten vor 10 Jahren aus Deutschland geflohen, kehrt mit dem Auftrag zurück, einen schwerreichen Geschäftsmann umzubringen. Während seines First-Class-Fluges nach Frankfurt lernt er Lou kennen, für die er (versehentlich) einen berühmten Literaturkritiker tötet, um sie vor der Verfolgung durch einen Privatdetektiv zu schützen. Und nicht nur der Beginn, nein, auch der Anlass seiner Reise verläuft nicht wie geplant. Der Auftragsmord missglückt, zwei Privatdetektive, ein Picasso, ein alter Jugendfeind Willems, eine Sexbuchautorin, die Buchmesse und vor allem die Liebe kommen ins Spiel, sodass es bald drüber und drunter geht, denn irgendwie hängt jede/r mit jede/m auf irgendeine Art und Weise zusammen.
Eines ist dem Buch ganz sicher nicht abzusprechen - sein (für mich) ansprechender Erzählstil: etwas gewunden, in scheinbar endlos langen Sätzen mit einem immer wiederkehrenden leichten ironischen Unterton. Personen (insbesondere AutorInnen, Verleger usw.) und Szenerien werden meist etwas überzogen dargestellt, wobei diese häufig realistische Hintergründe haben. Alles in allem durchaus gelungene Zutaten für einen richtig gut gelungenen Roman.
Doch irgendwie... Für einen Krimi ist die Handlung schlicht zu unglaubwürdig und damit zu wenig spannend, doch für eine amüsante Abrechnung mit dem Literaturbetrieb ist es wiederum zu wenig grotesk. So bleibt alles irgendwie im Mittelmaß und letztendlich: nette Unterhaltung.
Der 10jährige Oliver ist überglücklich: Endlich keine Abenteuer mehr! Denn seine Eltern sind Entdecker und so reist er mit ihnen schon sein ganzes Leben durch die Welt, von einer Entdeckung zur nächsten. Doch langsam hat er genug davon, denn er hätte gerne ein eigenes Zimmer, Freunde und (kaum zu glauben) er möchte endlich in die Schule gehen. Da seine Eltern nun alles kennen, beschließen sie schweren Herzens heimzufahren in ihr Haus direkt am Meer. Aber kaum angekommen, entdecken sie eine Vielzahl neuer Inseln im Meer und beschließen, erst mal eine kurze Entdeckungstour zu unternehmen. Oliver räumt derweil sein neues Zimmer ein bis er feststellt, dass es Abend geworden ist und seine Eltern noch nicht zurückgekommen sind - nur das Schlauchboot liegt am Strand. So macht Oliver sich auf die Suche...
Es ist ein unglaubliches Abenteuer das Oliver da erlebt, eine kurzsichtige Wassernixe und ein sprechender Diomedea exulans (Wanderalbatros) sind da noch die kleinsten Überraschungen. Begleitet wird die Geschichte von den Zeichnungen Sarah McIntyres, die alleine schon die Entdeckung wert sind. Es ist ein eher comichafter Stil in schwarz-weiß-grau-blau Tönen, der die Figuren mit großen Augen zum Leben erweckt. Auch wenn das Titelbild eher plakativ wirkt - die Bilder im Buch sind voller Einzelheiten und Details, die das Buch auch beim wiederholten Lesen nicht langweilig werden lassen.
Ein tolles Abenteuerbuch für Kinder ab ca. 8 Jahren - und für die Großen natürlich auch :-)
Don, Professor für Genetik, sucht eine Frau. Nichts leichter als das sollte man denken, denn rein objektiv betrachtet erfüllt er alle Anforderungen: durchaus attraktives Äußeres (wenn auch eher im Verborgenen) und ein Job mit hohem gesellschaftlichem Ansehen und überdurchschnittlichem Verdienst. Doch weit gefehlt, denn Don hat so seine Schwierigkeiten mit Menschen, nicht nur mit dem anderen Geschlecht. Gefühle und Empathie sind nicht so sein Ding, denn seine 'Vermutungen über den Rest der Welt gründeten vor allem auf Film- und Fernsehserien', die er als Kind gesehen hatte sodass es immer wieder zu peinlichen Situationen kommt. Logik und Rationalität sind seine Welt und genau mit diesen Mitteln macht er sich auf die Suche nach einer Ehefrau. Doch da trifft er Rosie...
Simsion ist es gelungen, die Welt eines Asperger-Betroffenen in einer gelungenen Form humorvoll darzustellen, ohne dass er sich über seine Hauptfigur lustig macht. Konsequent behält er den nüchternen Ton seines Protagonisten bei und je weiter man liest, umso weniger merkwürdig erscheint einem diese Art und Weise. Egal wie wunderlich man Don zu Beginn empfunden haben mag, Seite für Seite wächst er einem mehr ans Herz und man hofft innigst, dass er trotz aller Widrigkeiten sein Glück finden wird.
Dennoch gab es einige Dinge, die mich störten. Dass Don Asperger hat, liegt auf der Hand denke ich. Dass er jedoch trotz seiner Reflektiertheit über seine eigene Person und mit seinem Hintergrund dies nicht bei sich diagnostiziert (sondern lediglich bei den Kindern seines Vortrages), hat bei mir heftiges Kopfschütteln ausgelöst. Auch die Sache mit der Augenfarbe und seinem besten Freund empfand ich als unglaubwürdig. Und zuguterletzt tritt, so amüsant dieser Schreibstil auch sein mag, ca. ab 2/3 des Buches doch so etwas wie ein Gewöhnungseffekt ein. Man kennt Don und seine Art inzwischen, sodass die Lektüre etwas an Originalität verliert.
Nichtsdestotrotz: Es hat Spaß gemacht und ist eine Empfehlung wert.
Sommer 1958, ein kleiner Ort in Texas. Stanley, gerade 13 Jahre alt, muss erfahren dass der Weihnachtsmann nicht existiert - und es somit wohl auch keinen Osterhasen gibt. So etwas nennt man wohl eine behütete Kindheit ;-) Doch damit ist es in diesem Sommer vorbei. Denn als er beim Spielen ein kleines Kästchen mit Briefen und Tagebucheintragungen findet und Nachforschungen darüber anstellt, kommt er auf die Spur eines Doppelmordes, der noch immer nicht aufgeklärt ist. Gemeinsam mit seiner Schwester, seinem Freund Richard und Buster, dem schwarzen Mitarbeiter seines Vaters machen sie sich auf die Suche und finden so manches...
Was sich hier so liest wie ein Krimi, ist sicherlich auch einer, aber dennoch nur ein kleiner Teil dieser aufregenden und unterhaltsamen Geschichte. Stanley wird erwachsen in diesem Sommer, denn so ganz nebenbei wird er nicht nur aufgeklärt, nein, er erfährt auch (wie wir Lesenden), wie böse und ungerecht aber auch wie schön das wahre Leben ist und wie wichtig Freundschaft und Vertrauen sind. Man lernt die Verhältnisse in den schwarzen und reichen Vierteln kennen, trifft warmherzige wie scheinbar abgrundtief böse Menschen und wird gewahr, welch unterschiedliche Gründe dahinterstecken können. Wie sagt Buster so schön am Ende: 'Ist nicht immer alles ganz befriedigend, aber wenn doch, dann kommt's verdammt gut. Denk dran, genieß das Leben, denn am Ende ist Fleisch und Dreck doch alles wieder eins.'
Lansdale ist ein grandioser Erzähler, in dessen Buch man richtiggehend eintauchen und für Stunden die Welt um sich herum vergessen kann, da einen die seine vollständig gefangen nimmt. Toll!
Ein Mittfünfziger stellt fest, dass das Alter über ihn kommt. Als hauptberuflicher Apokalyptiker daran gewöhnt, sich das Unheil der Welt auszumalen, fällt es ihm nicht weiter schwer, auch das eigene vor Augen zu sehen. Zwei Frauen liebt er und wird von ihnen geliebt, ohne dass sie voneinander wissen. Doch er muss sich für eine der Beiden entscheiden, denn er ist sich sicher, dass es ihm mit zunehmenden Jahren unmöglich sein wird, diese Dreierbeziehung aufrechtzuerhalten. So versucht er sich zu einer Entscheidung durchzuringen, was sich als äusserst schwierig erweist.
Während seiner Entscheidungsfindung begleitet man den Ich-Erzähler in seinem Leben, seinen Betrachtungen und Gedanken. Er ist überaus aufmerksam ('überempfindlich' nach eigenen Worten) gegenüber alltäglichen Dingen, die wohl bei niemandem ausser ihm Beachtung finden. Dieselbe Konzentration wendet er auch gegenüber dem eigenen Befinden auf, sodass man den Eindruck nicht los wird, einen Hypochonder vor sich zu haben (der aber einen Arztbesuch unter allen Umständen vermeiden möchte). Dazu im Widerspruch steht die fast schon gefühllose Art und Weise des Erzählens. Über Sex wird beispielsweise in einer Form berichtet, als sei es eine Beschreibung aus einem Sachbuch: Eine der Frauen ist ungemein 'beischlafwillig', die andere überprüft ob er schon 'geschlechtsbereit' sei. Es klingt, als sei er schlicht der Chronist seines an ihm vorüberziehenden Lebens, das ihm zwar manch Freude und auch Qual bereitet, aber letztlich kaum berührt.
Vielleicht war dies der Grund, weshalb ich mich mit diesem Hörbuch so schwertat. Denn Genazino, der selbst liest, hat einen exakt ebensolchen Tonfall sodass ich mich anstrengen musste, mit voller Konzentration dabeizubleiben. Zugegeben, seine Überlegungen und auch sein phantasievoller Umgang mit Sprache sind amüsant und auch anregend, doch letztendlich ist der Protagonist ein ermüdender und reizloser Zeitgenosse, was sich bedauerlicherweise auch auf die Geschichte niederschlägt.
29 Jahre alt, 'fertiger' Lehrer - eigentlich sollte man glauben, dass 'Erwachsenwerden' für so jemanden kein Thema mehr ist. Doch es ist lange her, dass knapp 20jährige bereits Familien gründeten und mit dem Hausbau begannen. Max, der Protagonist dieses Buches, ist ein typischer Vertreter der heutigen Generation 'ewig Kind': Lethargisch hängt er auf seiner Couch durch, unfähig sich aufzuraffen etwas mit seinen Ferien anzufangen. Doch ein Anruf seines Vaters nimmt ihm die Entscheidung ab (wie schon immer?). Seine Eltern fliegen zwei Wochen nach Kreta und Max soll auf Haus und Hund aufpassen. So reist er in seine alte Heimat, nicht ahnend dass es eine Reise zurück in seine Vergangenheit wird, aus der er als Erwachsener zurückkehrt.
Es ist kein Drama, keine Tragödie oder Komödie, sondern ein unterhaltsames, schön zu lesendes ruhiges Buch über das Erwachsenwerden im Hier und Heute, nicht mehr und nicht weniger. Der Ton ist ebenso leicht wie trübsinnig, ganz so wie Max sich immer wieder fühlt. Und da er trotz seiner eher düsteren Einstellung ebenso über Humor und Selbstironie verfügt, gibt es auch eine Menge amüsanter Stellen (wie beispielsweise ein kotzender Hund Max' Führerschein rettet).
Unschön ist, dass der Verlag das Buch unnötig aufgebläht hat. Vermutlich um den nun verlangten Preis zu rechtfertigen. Denn wäre es 'normal' gesetzt (beispielsweise nicht nur ein Satz pro Seite), wären es kaum 200 Seiten geworden.
It is the first Sandman series in which the Endless play the main role. Delirium, Dreams sister, longs for her brother Destruction, who has left the family of the Endless 300 years ago - no one knows where he is. After Desire and Despair refused helping delirium in her search, she turns to Dream, who will surprisingly stand by her. However due to selfish reasons: Just left from his beloved, he is hoping to think of other things and maybe, in secrete, to meet her once again ...
I have to admit, that this Sandman series left me behind with mixed feelings. On the one hand it is a story that is unique to sense and serious thoughts about the uniqueness and finality of life in this form, on the other hand there are so many references to previous volumes, that I am constantly asked myself, what was happening before, who are these persons, don’t I know them, etc. Unfortunately, between my readings of each book there are longer periods and not all is still present, so I think my reading experience was significantly diminished. Otherwise, the drawings are awesome as always, with some of them are almost be described as paintings.
All in all, great reading material, but if possible, just read it in conjunction with the preceding books. And I, I have to read it again ;-)
Nenne fünf Worte, die dir zu dem Begriff Islam einfallen!
Wetten, dass darunter garantiert nicht Punk, Haschisch, Oralsex, Alkohol oder ähnliches nicht als halal (erlaubt) Definiertes auftauchen? Dafür aber in diesem Buch.
Der Autor, selbst zum Islam konvertiert, beschreibt das Leben in einer WG, die ausschließlich von Muslimen bewohnt wird, darunter Punks, eine Burka tragende Feministin und auch völlig 'normale' Bewohner wie der Ich-Erzähler Yusef. Alle ringen damit, auf ihre Art den richtigen Glauben zu leben obwohl sie aus der Sicht der rechtgläubigen Muslime ständig gegen alle Gebote verstoßen. Doch statt wie die meisten Mitglieder der Umma (weltweite islamische Gemeinschaft) nur streng die islamischen Gesetze und Vorgaben zu befolgen, hinterfragen die WG-Bewohner alles, was sich nicht mit ihrer Lebensauffassung scheinbar vereinbaren lässt und kommen immer wieder zu erstaunlichen Erkenntnissen. Gespräch zwischen den jungen Männern: "..Plötzlich sind alle deine schmutzigen Gedanken ihre (die der Mädchen) Schuld, weil sie hätten wissen müssen, wie schwach du bist, und das nicht hätten ausnutzen dürfen....Wenn die schmutzigen Gedanken der Männer das Problem sind, warum stehen wir dann nicht hinter der Trennwand (in der Moschee)?"
Es sind größtenteils recht durchgeknallte Gestalten, um die man im realen Leben vermutlich einen großen Bogen machen würde. Doch je mehr man von ihnen liest, desto symphatischer werden sie. Obwohl sie einen so unkonventionellen Lebensstil pflegen, leben sie ihren Glauben wahrscheinlich aufrichtiger als so viele Andere. Ich schätze, Allah hätte seine Freude an ihnen :-)
Was mir die Lesefreude allerdings etwas verringert hat, ist das Fehlen einer richtigen Geschichte. Letzten Endes sind es 300 Seiten Beschreibung eines (für mich) ungewöhnlichen Alltages, an den ich mich allerdings spätestens nach ca. der Hälfte gewöhnt hatte. Und da doch ein nicht unwesentlicher Teil der Gespräche in der Art verläuft "Hej, cool!", "Scheiße", "Wow", wird es zeitweise doch etwas zäh. Dennoch: Für diese Einblicke, die man in den Islam erhält, kann man darüber hinwegsehen.
Kommissar Winters Rückkehr nach Göteborg ereignet sich zeitgleich mit einer grausamen Tat: Eine junge Frau wird gemeinsam mit ihren zwei kleinen Kindern ermordet, nur das jüngste bleibt verschont. Doch warum?
Wer Krimis und Thriller mit überraschenden Wendungen und rasanter Action liebt, wird bei diesem Buch wohl nicht so auf seine Kosten kommen. Kommissar Winter ist ein Protagonist, der sich hauptsächlich intuitiv und mit Einfühlungsvermögen in die Persönlichkeit des Täters hineinversetzt. Und wie so viele seiner nordischen Kolleginnen und Kollegen immer am Rande einer möglichen Depression steht. Einen Großteil der Lektüre nehmen daher seine Gedanken und Überlegungen zu diesem Fall ein, sodass es lediglich wenige Möglichkeiten zu dramatischen Momenten gibt. Dennoch konnte ich das Buch nur schwer aus der Hand legen. Wie sich die Gedankenfetzen zu tatsächlichen Spuren entwickeln, wie aus einem verbalen Schlagabtausch mit einem Kollegen am Tatort die Beiden dem tatsächlichen Ablauf auf die Spur kommen, wie aus Intuition Realität wird - für mich hochspannend, sodass ich das Buch nach zwei Tagen durch hatte.
Ärgerlich ist nur mal wieder der Umschlagtext: Es gibt keine Widerstände gegen die Winter ermitteln muss (ausser seine eigenen). Und der Mann des Opfers ist nicht stärker verdächtig als andere Personen. Zudem besteht zu keiner Zeit die Gefahr einer Treibjagd. Was soll das?
Eine Frau liegt tot auf einer Kuhweide am Fuße eines Abhanges. Ein Unfall? Doch es finden sich Koordinaten auf ihren Fußsohlen, die ihr bereits vor ihrem Tode tätowiert wurden. Als sich die ErmittlerInnen auf die Suche danach machen, entdecken sie einen Geocache, in dem sich ein menschliches Körperteil befindet. Und ein Rätsel, das zu den Koordinaten des nächsten Caches führt...
Eine grauenvolle Vorstellung, menschliche Körperteile quer durch's Land versteckt. Die Polizei versucht erst auf konventionelle Weise die Hintergründe zu ermitteln, doch als dies ohne Ergebnis bleibt, macht sie sich auf die GeoCaching-Jagd. Aburd? Vielleicht ein bisschen, doch so ganz realitätsfremd wirkt das Ganze nicht. Häppchenweise (wie bei einem Multi) erfährt man immer ein Stückchen mehr, doch die Auflösung kommt doch sehr überraschend - zumindest für mich.
Keine schlechte Geschichte, doch das Drumherum konnte dabei leider nicht mithalten. Wie sich die beiden ErmittlerInnen zueinander hingezogen fühlen, aber eigentlich doch nicht. Wie man den unliebsamen Ex-Ehemann von Beatrice auf 'Teufel komm raus' unbedingt in die Geschichte reinpacken musste. Und nicht zuletzt: die Vorleserin. Nicole Engeln habe ich hier ein erstes und garantiert auch letztes Mal gehört. Leider ist sie nicht in der Lage, den einzelnen Personen einen eigenen Charakter zu verleihen - die Kinder hören sich beispielsweise nur quäkend und nervend an, ohne dass sie es sind. Oder dass die Stimme von Beatrice völlig unpassend zum Erzählten wirkt. Das hat keinen Spaß gemacht.
Vielleicht lese ich das Buch noch, denn die Geschichte an sich hat was. In der Hörbuchversion muss man sich es aber nicht antun.
Es ist der Sommer, in dem Joe, soeben 13 Jahre alt geworden, erwachsen wird. Seine Mutter wird Opfer eines brutalen Überfalls, doch aufgrund gesetzgeberischer Unstimmigkeiten fühlt sich keine Ermittlungsbehörde wirklich zuständig. Joe und seine drei Freunde machen sich gemeinsam auf die Suche...
Das Verbrechen an Joes Mutter ereignet sich im Jahre 1988 in einem Reservat in den USA. Obwohl es sich bei dem Vorfall um die zentrale Geschichte des Buches handelt, ist es doch nur ein Part unter vielen. Joe und seine Freunde lernen die Liebe kennen, es geht um die alten Mythen der Indianer, um Familie, Liebe, Gerechtigkeit, Rassismus undundund.
Erdrich ist nicht nur eine Könnerin darin, in beiläufigen Bemerkungen ganze Dramen aufzuzeigen wie beispielsweise die damals noch immer massive Diskriminierung der Indianer oder der Bombenanschlag auf die US-Botschaft in Beirut. Ebenso grandios ist ihre Fähigkeit, daneben überaus witzige Dialoge oder Szenen wie die acht nackten Indianer, die aus der Schwitzhütte flüchten zu beschreiben, ohne dass es aufgesetzt oder gekünstelt wirkt. Auch die Figuren des Romans bringt sie einem nahe: Man leidet, fürchtet oder freut sich mit ihnen und kann deren überaus skeptische Haltung gegenüber den Menschen ausserhalb des Reservates mehr als nachvollziehen. Ja, da fragt man sich, wie Joes Vater trotz alledem so voller Vernunft bleiben kann.
Weshalb dann nicht die volle Punktzahl? Weil ich kurz zuvor von Joe R. Lansdale 'Ein feiner dunkler Riss' gelesen habe, das ein sehr sehr ähnliches Thema behandelt: Ein ebenfalls 13jähriger macht sich im Sommer des Jahres 1958 gemeinsam mit Freunden auf, ein vor vielen Jahren begangenes Verbrechen aufzuklären. Und auch hier ist es ein Sommer des Erwachsenwerdens. Doch Lansdales Geschichte war (etwas) packender, was daran liegen mag, dass durch die vielen unterschiedlichen Teile Erdrichs Geschichte nicht so aus einem Guss wirkte. Etwas weniger wäre hier vielleicht mehr gewesen.
Nichtsdestotrotz: Voll und ganz empfehlenswert (und Lansdale natürlich erst recht ;-)).
Eine Pilgerreise verspricht der Untertitel dieses Buches, doch eigentlich handelt es sich eher um drei. Wobei die Dritte dann doch keine ist, sondern vielmehr eine Vater-Sohn-Zusammenführungsunternehmung oder sowas in der Art. Und Pilgerreisen sind auch nicht das allein bestimmende Thema dieses Buches, sondern die Suche des Autors nach einem Ziel, einer Richtung in seinem Leben sowie die Bewältigung des Konflikts mit seinem Vater, der seinen Söhnen erst spät eröffnete, dass er schwul ist.
Was sich in dieser 'Kürzestzusammenfassung' wie auch im Klappentext vielleicht als amüsantes Pilger-Roadmovie à la Hape Kerkeling anhört, entwickelt sich jedoch zunehmend als zeitweise recht anstrengend zu lesendes philosophisches Traktat über das Wesen des Pilgerns an sich wie auch als selbstreflexive Studie über das Verhalten des Autors aufgrund seiner verkorksten Vater-Beziehung.
Die erste Strecke führt ihn zusammen mit seinem Freund Tom auf den Jakobsweg quer durch Spanien, während er als zweite Route einen Pilgerweg in Japan auswählt, der ungleich schwieriger ist. Parallel zur anstrengenderen körperlichen Herausforderung werden auch die Überlegungen des Autors anspruchsvoller und komplexer. Und manchmal leider so komplex, dass ich schlicht den Sinn dahinter nicht mehr verstanden habe. Dies setzt sich auch bei der dritten Reise nach Uman fort, die er mit seinem Vater und seinem Bruder unternimmt, welche eher eine Art Wallfahrt darstellt, die mit den früheren Pilgerreisen nicht vergleichbar ist. Nur ein Beispiel: 'Am Ende einer Pilgerfahrt wird dem Schmerz und dem Elend rückwirkend ein Platz in der Ordnung der Dinge gewährt.' So weit, so gut. Weshalb er sich jedoch hierbei auf Nietzsche, Camus, Dorothea Brooke (wer immer das auch sei) und Rilke bezieht, ist mir völlig unklar. Um nicht falsch verstanden zu werden: Es gibt durchaus eine Menge amüsante und schräge Geschehnisse in diesem Buch, aber sie nehmen nicht den Hauptteil ein.
Wer also schlicht und einfach 'nur' gute Unterhaltung sucht, dürfte sich mit diesem Buch nicht unbedingt einen Gefallen tun.
Tut es gut, wenn man einen der ganz Großen der Geschichte zum Hanswurst herunterschreibt? Ist es ein Genuss darüber zu lesen? Nach der Lektüre dieses Buches und der Rezensionen aus professioneller und nichtprofessioneller Feder zu urteilen, behaupte ich mal schlicht ja. Alle LeserInnen hatten sich glänzend amüsiert mit dem Roman über diesen ach so großen Denker, der in Wahrheit jedoch offenbar ein ganz armseliges Würstchen war: hypochondrisch, egozentrisch bis zum gehtnichtmehr, überheblich, arrogant, wankelmütig, ein Misanthrop dem man sich nie zu begegnen wünscht. Und der Autor scheint frohgestimmt kein gutes Haar an Rousseau zu lassen. Könnte man nicht aus anderen Quellen etwas über ihn erfahren (oder vielleicht sogar schon etwas von ihm gelesen hat), würde man NIE ahnen, welch großen Einfluss dieser Mensch auf die westliche Welt ausübte.
Ich gestehe, meine Kenntnis über Rousseau war eher, nun ja, marginal. So fragte ich mich, woher der Autor seine Informationen hatte oder ob es sich um ein reines Phantasieprodukt handelte. Keine der vielen Biographien, die im Netz kursieren, gibt auch nur annähernd Ähnliches wieder. Ja, die äußeren Fakten (Aufenthalte in bestimmten Städten, Tätigkeiten usw.) stimmten, aber sonst fand sich nichts. Bis ich auf ein Werk von Rousseau selbst stieß: Bekenntnisse. Seine Autobiographie, die erst posthum veröffentlicht wurde und in der er schonungslos über sich selbst schrieb, voller Selbstkritik und Offenheit. Hier finden sich Details wieder die in Otts Buch auftauchen, womit klar sein dürfte woher der Autor seine Informationen hatte. Selbst Otts Stil entspricht im Großen und Ganzen der Schreibweise Rousseaus, sodass ich letztendlich zu dem Schluss komme: Wintzenried scheint nichts Anderes als eine Zusammenfassung der skandalöstesten Ereignisse aus den 'Bekenntnissen' zu sein, angereichert durch die unermüdliche Anwendung der Hyperbel als Stilmittel.
Begeistert hat mich das Buch durch diese beharrlichen Schmähungen nicht besonders. Statt dessen werde ich mich nun dem Original zuwenden: Die 'Bekenntnisse' sind sicherlich nicht weniger offenherzig und skandalös ;-), dafür aber garantiert nicht so einseitig. Und von den Gedanken, die Rousseau so berühmt machten, kann man auch etwas lesen.
Den unzähligen Rezensionen und Kommentaren zu diesem Buch (die es ja nicht nur hier gibt) noch eine weitere hinzuzufügen - sind das nicht Eulen nach Athen getragen? Vermutlich, aber da der eigentliche Sinn und Zweck meiner Anmerkungen mehr meinem Nutzen als dem Anderer dienen soll (damit ich auch noch in Jahren weiss, was so ungefähr in all den von mir gelesenen Büchern steht), soll mir das egal sein ;-)
Was ist der Sinn des Lebens? Die endgültige absolute Wahrheit? Das worauf es ankommt? Wie so viele andere Menschen plagt sich auch der junge Brahmanensohn Siddhartha mit dieser Frage und obwohl es ihm an nichts fehlt, ist sein Hunger nach diesem Wissen unstillbar. So schließt er sich eines Tages einer Gruppe wandernder Bettelmönche an, begleitet von seinem Freund Govinda. Sie lernen viel, doch noch immer ist Siddharthas Geist nicht glücklich mit dem Erreichten. Als sie von Gotama, dem Erhabenen Buddha hören, machen sie sich gemeinsam auf den Weg in der Hoffnung, von ihm das Geheimnis der Erleuchtung zu erfahren. Während Govinda von dessen Lehre mehr lernen möchte und sich ihm als Jünger anschließt, bleibt Siddhartha skeptisch. Er zweifelt nicht an Buddhas Erleuchtung, hält dessen Lehren aber nicht für völlig schlüssig. So trennen sich die Wege der Freunde und Siddhartha zieht allein weiter...
Die Sprache des Buches klingt altertümlich und zeitweilig gekünstelt, doch sie passt zu dieser Zeit und Region, sodass man sie bereits nach ein paar Seiten kaum noch als etwas Ungewöhnliches wahrnimmt. Dreh- und Angelpunkt dieser eher kurzen Geschichte ist die Suche nach dem was das Leben ausmacht, nach einem Leben in Wahrhaftigkeit - zumindest hat es sich für mich so dargestellt. Hesse gelingt es, im Weg des Siddhartha die unterschiedlichsten Aspekte dieser Suche darzustellen, von einer völlig vergeistigten Lebensweise hin zu einer radikal materialistischen Haltung. Das Alles in einer gut verständlichen Sprache, sodass Sinnsuchende (und andere Interessierte ;-)) jeglicher Couleur hier eine Menge an Inspiration und Anregung erhalten dürften.
Ich empfand diese Buch als eine Bereicherung, wobei sich mir nichts gänzlich Neues offenbarte. Dies mag aber an meinem fortgeschrittenen Alter liegen ;-)
Island 1972, Ost gegen West, Boris Spasski gegen Bobby Fischer. Die ganze Welt steht kopf und schaut nach Island, denn dort wird DAS Schachturnier ausgetragen. Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt wird in einem Kino des Austragungsortes ein Jugendlicher erstochen - und die Frage stellt sich, ob es mit dem soeben stattfindenden Jahrhunderteignis zusammenhängt...
Es liegt eine verhaltene Ruhe über dem Roman, was der Eigenart des ermittelnden Kommissars wie auch der eigentlichen Natur der Isländer geschuldet sein könnte (haben diese ein eher ruhiges Naturell? Ich nehme es einfach mal an ;-)). Alle Spuren, die näher an die Lösung des Falles heranführen, ergeben sich aus zufälligerweise auftauchenden Indizien oder Zeugen, richtige Überraschungsmomente sind äußerst selten. Obwohl der geschichtliche Hintergrund (Ost gegen West) für zusätzliche Spannung hätte sorgen können, bleibt er doch mehr am Rande als schmückendes Beiwerk. Schade, denn etwas mehr Ost-West-Rivalität hätte der Story vermutlich nicht geschadet. Begleitend zum Kriminalfall wird die Lebensgeschichte des Kommissars erzählt, die sicherlich ein gutes Viertel des Buches einnimmt und nichts, wirklich überhaupt nichts mit dem Krimi zu tun hat. Doch da Indriðason ein guter Erzähler ist, folgt man dem Lebensweg Marians und dessen Ermittlungen nicht ohne Interesse, aber echte (Hoch)Spannung kommt nicht auf - zumindest nicht bei mir. So bleibt es bei einem gut geschrieben Roman mit einem Kriminalfall, der einem den damaligen Hype um Schach wieder nahebringt.