Fangirl
448 Seiten

2.5 stars

Cath schreibt FanFiction zu Simon Snow. Bis zum Wechsel zum College waren die diversen Stories, die sie zusammen mit ihrer Zwillingsschwester Wren geschrieben hat, ihr ganzes Leben. Dann überredet Wren sie mit ihr aufs College zu gehen, eröffnet ihr aber kurz vor Beginn, dass sie überhaupt keine Lust hat weiterhin mit ihr zusammen in einem Zimmer zu leben, denn die beiden Zwillingsschwestern sind sehr verschieden: Wren will neue Leute treffen und jeden Abend mit ganz viel Alkohol einen drauf machen, während Cath aufgrund ihrer extrem introvertierten und ängstlichen Art gar keine echten Menschen treffen möchte. Eigentlich hofft sie, dass sie sich weiterhin in ihrem Wohnheimzimmer einschließen und an ihrer Simon Snow-FanFiction schreiben kann, aber ihre neue Mitbewohnerin Reagan und deren Freund Levi sind ständig im Zimmer und stören sie. Zunächst…

Zu Beginn hatte ich ziemliche Schwierigkeiten mit dieser Geschichte, denn Cath ist wirklich eine sehr seltsame Protagonistin. Im Grunde habe ich schon gemerkt, dass sie ziemlich unter social anxiety leidet und dass sie einfach nicht gut mit fremden Menschen kann und deshalb auch nicht wirklich will. Sie ist introvertiert, schüchtern und ängstlich. Das alles konnte ich schon rauslesen, aber richtig spüren konnte ich davon nichts und deshalb hat Cath mir weder leid getan noch war sie mir sympathisch. Zudem finde ich, dass einige Verhaltensweisen von ihr ziemlich widersprüchlich waren. Ein Beispiel, damit ihr wisst, wie sie so drauf ist? (Kein Spoiler, da das alles noch zu Beginn der Geschichte passiert.) Da sie nicht weiß, wo die Mensa ist, ernährt sie sich in den ersten Tagen von selbst mitgebrachtem Zeug. Nach ein paar Tagen traut sie sich allerdings auch nicht mehr jemanden nach dem Weg zu fragen, weil sie nicht doof angeschaut werden möchte, dass sie es immer noch nicht weiß. Außerdem hat sie viel zu viel Angst davor sich dort ihr Essen zu holen, wenn sie nicht weiß, wo man sich anstellen oder sich später hinsetzen soll. Ein paar Tage später jedoch besorgt sie sich eine Mitfahrgelegenheit bei einer ihr völlig fremden Studentin, damit sie ihren Vater besuchen kann, und steigt ohne nachzudenken und ganz allein mit ins Auto ein. Wie passt das zusammen? Natürlich befindet sich im Auto nur eine einzige fremde Person, während das in der Mensa ganz anders wäre. Allerdings hatte sie zunächst auch panische Angst vor ihrer neuen Mitbewohnerin und das war ja auch nur eine Person. Zusätzlich fand ich andere Charaktere, allen voran ihre Schwester Wren, sehr klischeehaft. Wren kommt endlich auf die Uni und alles, was sie machen will, ist: saufen und feiern. Und vor allem: alles zurücklassen, was andere lächerlich oder komisch finden könnten und das ihr deshalb peinlich sein müsste, obwohl es ihr doch im Grunde immer noch gefällt. Also ihre komische Schwester Cath, Simon Snow und die FanFiction, an der sie doch auch mal mit geschrieben hat. So blieb Wren für mich fast bis zum Ende flach, durchschaubar und ohne Tiefgang.

Was mich auch noch gestört hat, waren die Simon Snow-Geschichten, sowohl die Ausschnitte aus den fiktiven Romanen als auch die aus Caths FanFiction. Zwischen jedem Kapitel waren solche Szenen zu lesen, teilweise auch mitten im Kapitel. Für mich haben diese Ausschnitte nichts zur Geschichte beitragen können und die Hauptgeschichte um Cath nur unnötig unterbrochen. Simon Snow hat sich sofort wie eine Art Harry Potter lesen lassen, vielleicht sogar aufgrund der wirklich ironischen Namen (der Böse heißt Insidious Humdrum) ein wenig wie eine Parodie dazu. Auf jeden Fall hat Simon Snow in diesem Universum eingeschlagen wie Harry Potter bei uns, es gibt Filme zu jedem Buch und massenhaft FanFictions mit verschiedensten Pairings. Cath schreibt übrigens über Simon/Baz, die ich immer als Harry/Malfoy interpretiert habe. Nun ja, bis dann eben tatsächlich Harry Potter erwähnt wurde. Da saß ich dann echt mit offenem Mund und wusste plötzlich nicht mehr, was ich aus der ganzen Simon Snow-Sache machen sollte.

Zitat: Levi said. “It’s hard for me to get my head around. It’s like hearing that Harry Potter is gay."

Äh, was? WARUM?? Das ist, als ob es da Harry Potter gab und dann kam Simon Snow und das ist besser geworden als Harry Potter, obwohl es doch offensichtlich daran angelehnt war. Kann ich mir erstens nicht vorstellen und zweitens finde ich es sehr seltsam, dass die Autorin sich erst eine fiktive Geschichte, die im Grunde Harry Potter sein soll, ausdenkt, aber dann doch Harry Potter erwähnt. Wo ist da der Sinn?

Mit der Zeit bin ich allerdings ein wenig mit Cath warm geworden. Vielleicht habe ich mich an sie gewöhnt, vielleicht kam es auch dadurch, dass sie sich ein wenig mehr geöffnet und die Bekanntschaft mit anderen Menschen nicht mehr kategorisch ausgeschlossen hat. So richtig habe ich zwar nicht nachvollziehen können, dass oder warum Cath sich geändert hat, aber zumindest ist es passiert und das hat ziemlich viele schöne Szenen hervorgerufen. Natürlich entwickelt sich hier eine Liebesgeschichte, ganz zart und wirklich sehr langsam, aber dafür unglaublich niedlich. Ich musste ziemlich oft schmunzeln und lächeln und war froh, dass quasi endlich mal etwas passiert, was mir auch nahegeht. Zudem stellt sich mit der Zeit immer mehr heraus, dass es in Caths Familie ziemlich viele Probleme gibt, und auch diese Szenen konnten mich dann zum Glück berühren.

Durch die vielen Schwierigkeiten, die ich mit “Fangirl” hatte, kann ich gar nicht richtig sagen, wem ich das Buch denn empfehlen würde. Ich war selbst schon oft genug in Fandoms unterwegs und bin auch nicht wirklich extrovertiert, habe das Verhalten von Cath aber trotzdem überhaupt nicht begreifen können. Zudem glaube ich auch nicht, dass dieses Buch ein gutes Beispiel für ein Fandom ist, da sie wirklich nur ihre eigene FanFiction schreibt und keine anderen mehr liest (damit man ihr später nicht vorwerfen kann, dass sie Ideen klaut seufz) und zu Veröffentlichungsparties von neuen Simon Snow-Bänden geht. Da hat mir die Fandom-Community doch sehr gefehlt. Oder auch insgesamt alle Internet-Freunde, die sie so oft erwähnt. Trotzdem ist sie natürlich ein interessanter Character, weil sie einfach anders ist, und auch die Liebesgeschichte sowie die Freundschaften, die sich mit der Zeit entwickeln, sind etwas besonderes.

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