Das Schicksal der Sterne
256 Seiten

Adib und Karl, zwei Menschen, die auf der Flucht waren. Der eine ist gerade erst in Berlin angekommen, der andere ist schon viele Jahre da. Karl wurde als Fünfzehnjähriger nach dem zweiten Weltkrieg mit seiner Mutter und Schwester aus Schlesien vertrieben und Adibs Familie musste Afghanistan verlassen, weil sie von den Taliban verfolgt werden. Die beiden verbindet auf der einen Seite überhaupt nichts, auf der anderen einfach alles. In Berlin laufen sie sich zufällig über den Weg und werden Freunde.

Daniel Höra erzählt in "Das Schicksal der Sterne" den gegenwärtigen Alltag von Adib und Karl in Berlin, aber in Rückblicken auch die Flucht der beiden. Beide werden monatelang weiter gescheucht, müssen hungern, Schmerzen leiden und bei widrigsten Bedingungen die Tage überstehen. Die Zeit auf der Flucht wird bei beiden Perspektiven eindringlich und bedrückend erzählt, sodass ich bei jedem Satz mitfühlen konnte — "leider" mitfühlen, müsste ich fast sagen, denn es war schwere Kost und doch so wichtige Kost.

In Berlin lernen die beiden sich kennen, weil Adib im Park ein Buch findet, in dem Karls Name und Adresse stehen. Er hat es dort verloren, als er einen Schlaganfall hatte. Nach seiner Genesung sucht er Adib auf, um sich bei ihm zu bedanken, und sie entdecken neben der Flucht eine weitere Gemeinsamkeit: Sie interessieren sich beide für Astronomie. Und so beginnt eine zaghafte Freundschaft. Besonders in diesem Zeitstrang werden wichtige aktuelle Themen wie Fremdenhass und Vorurteile behandelt. Adib darf mittlerweile in Berlin zur Schule gehen, dies wird allerdings nicht von allen neuen Klassenkameraden gern gesehen. Auch andere Menschen um ihn herum sind eher misstrauisch, während anderen nicht mal einfällt, warum Adib anders sein sollte.

Insgesamt wird in diesem Buch gern mit überspitzten Klischees gearbeitet. Viel Schreckliches, das Adib und Karl während der Flucht und auch danach passieren kann, passiert ihnen auch, oft zugefügt von Personen mit extremen Haltungen. Aber auch vermeintlich kleine Dinge wie Alltagsrassismus werden behandelt. Einige Male wirkt dies übertrieben, erfüllt aber den Zweck und zeigt, dass diese Dinge existieren und angesprochen werden müssen. Das Wenigste wird dabei ausführlich kommentiert — show, don’t tell ist hier die Devise, weshalb es hier auch keinen erhobenen Zeigefinger gibt — und deshalb müssen Leser_innen selbst interpretieren. Mit einem gesunden Menschenverstand funktioniert das prima. Das Buch ist laut Verlag für Leser*innen ab 14 Jahren, für mein Empfinden ist es für jedes Alter geeignet und lesenswert, jung wie alt. Eltern könnten es mit ihren Kindern vielleicht zusammen lesen und dabei wichtige Aussagen gemeinsam besprechen.

Adib und Karl erzählen in "Das Schicksal der Sterne" wichtige Geschichten. Mal mitreißend, mal bedrückend, mal schrullig, mal hoffnungsvoll. Ein mitfühlendes Buch.

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