Hirnrissig: Die 20,5 größten Neuromythen – und wie unser Gehirn wirklich tickt
272 Seiten

“Ein provokantes, ein augenöffnendes Buch.” So wirbt der eigene Klappentext für dieses populärwissenschaftliche Buch. Was es auf jeden Fall ist: augenöffnend. Was es für mich nicht so sehr war: provokant. Doch das soll nun nicht negativ klingen, denn das Buch ist mehr als provokant: ehrlich, systematisch und vor allem - begründet. Mythen rund ums Gehirn werden zwar mit einem gewitzten, provokanten Stil behandelt und der Autor lässt den ein oder anderen witzigen Vergleich aus dem Alltag oder aus der Promiwelt mit einfließen, doch das Buch bleibt stets wissenschaftlich.

Hinrissig war mein erstes populärwissenschaftliches Buch. Vorher war ich mir nie wirklich sicher, ob dieses Genre etwas für mich sein könnte. Doch nun, da ich es endlich ausprobiert habe, kann ich sagen: Ja, das ist was für mich. Der Humor ist vielleicht nicht an jeder Stelle passend für jeden, doch oft werden auch humorvolle Vergleiche aus dem Alltag benutzt, um Vorgänge im Gehirn anschaulich zu machen. Diese gut ausgewählten Vergleiche haben an allen Stellen wirklich super geholfen und sehr zum Verständnis beigetragen.
Die Mythen an sich werden auch toll und sinnvoll aufgearbeitet. Zuerst wird der Mythos vorgestellt und dann erst mal geklärt, woher er kommen könnte, ob er denn eventuell eine wissenschaftliche Grundlage hat. Dann wird auch nicht davor zurückgescheut zu sagen: Ja, an dem grundsätzlichen Mythos ist was dran, aber was daraus gemacht wurde, ist falsch bzw. kann aus den Untersuchungen so nicht einfach gefolgert werden. Und das trifft tatsächlich auf fast alle gängigen Mythen über das Gehirn zu: Grundsätzlich sind Ergebnisse aus der Forschung vorhanden, diese werden dann aber von aufmerksamkeitsheischenden Wissenschaftlern, Journalisten oder sonstigen Laien komplett falsch oder viel zu weit interpretiert und verbreitet. Henning Beck hingegen erklärt in diesem Buch, was diese Forschungsergebnisse tatsächlich aussagen.

Trotz der locker-leichten Lesbarkeit ist dieses Buch natürlich kein Buch für Zwischendurch. Man braucht Konzentration, man muss aufpassen. Erkenntnisse aus dem ersten Kapitel kann man auch im zwölften Kapitel noch gut gebrauchen. Henning Beck hilft dem Leser allerdings immer zusammenfassend weiter, verweist auf diesen und jenen Bereich des Gehirns, den der Leser vorher schon näher kennengelernt hat. Da bleiben Wiederholungen natürlich nicht aus, aber diese bleiben stets kurz und knackig und helfen an der richtigen Stelle. Einige humorvolle Einschübe oder Witze wirken zwar noch so, als seien sie direkt aus dem Science Slam (in dem der Autor deutscher Meister 2012 wurde) übernommen. Dort wirken sie wahrscheinlich viel besser, gedruckt wirken sie teilweise eher hölzern. Dennoch tragen sie dazu bei, dass der Text aufgelockert wird.

Hirnrissig kann ich jedem empfehlen, der endlich mal wissen möchte, was es mit unserem Gehirn wirklich auf sich hat. Es ist zu gleichen Teilen wissenschaftlich und humorvoll geschrieben, immer locker-flockig und doch fordert es die kleinen grauen Zellen (was es mit den kleinen Dingern auf sich hat, wird hier auch geklärt).

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