Ein unglaublich spannender und gleichzeitig sehr lebenskluger und sensibler Psychothriller. Hauptfigur ist eine Frau, deren Leben etliche unerwartete Wendungen nimmt, spannendes Finale, psychologisch glaubwürdig.

Sollte man dieses Buch in ein Genre einordnen, wird es schwierig. Denn auf diesen mehr als 500 Seiten findet sich so gut wie alles: Familiengeschichte, die mehr einem Drama ähnelt; eine Liebesgeschichte, die zu schön ist um wahr zu sein; und nicht zuletzt ein Thriller, der sich bereits auf den ersten Seiten des Buches ankündigt, denn Rachel, die Hauptfigur und Icherzählerin, erschießt ihren geliebten Mann.
Nach diesem furiosen Auftakt berichtet Rachel, wie es soweit kommen konnte: über ihre Kindheit mit einer (vermutlich) neurotischen Mutter und die Suche nach ihrem Vater; ihre Karriere als Journalistin und der bodenlose Absturz; ihre erste, glücklose Ehe. Doch dann trifft Rachel Brian, den sie Jahre zuvor kennengelernt hat und mit dem sie sehr lose per Mail in Kontakt geblieben ist. Er wird die Liebe ihres Lebens und ihr Glück scheint perfekt, als gewisse Unstimmigkeiten in ihrem gemeinsamen Leben auftauchen und schlussendlich zu Brians Erschießung führen.
Für viele AutorInnen wäre hier vermutlich das Ende schon erreicht (immerhin Seite 338 und auch bis dahin bereits eine klasse Unterhaltung), aber bei Dennis Lehane beginnt nun erst der dritte (Thriller)Teil, der mindestens ebenso viele Überraschungen zu bieten hat wie die ersten beiden.
Dieses Buch hat nicht nur eine spannende und äußerst wendungsreiche Geschichte zu bieten, sondern vermittelt zudem sehr überzeugend die Verfasstheit der Protagonistin. Wie sie über einen Parkplatz geht und überall erwartet, von Kugeln niedergestreckt zu werden - das lässt sich kaum besser schildern. Die Panikattacken, die sie in den unpassendsten Momenten überfallen - ich musste während des Lesens tief ein- und ausatmen, um sicher zu gehen, genügend Luft zu bekommen. Kein Wunder, denn Lehane, der als therapeutischer Berater geistig Behinderte und sexuell missbrauchte Kinder betreute, kennt solche Empfindungen wohl sehr genau.
Ein rundum gelungenes Buch, bei dem kleine Unstimmigkeiten (weshalb wundern sich die Gangster nicht, dass Rachel alleine ist?) nicht weiter ins Gewicht fallen.