Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne
368 Seiten

Saša Stanišićs unvergleichlicher Humor steckt auch hier in jeder Zeile, im Duktus, im Rhythmus und selbst im Schriftsatz. Zuweilen fühlt sich das Werk fast schon an wie nihilistisches Shitposting. Vielleicht bleibt angesichts des uns um die Ohren fliegenden Klimas, der globalen Sicherheitslage, der zunehmenden sozialen Ungleichheit, des Wiedererstarkens rechtsextremer Kräfte generell und im Speziellen die demokratiefeindliche AfD in den Parlamenten nichts anderes übrig, als mit einem irren Lachen durch die Welt zu gehen 🤷‍♂️

Aber vielleicht ist genau das auch irgendwie das größte Problem, das ich mit „Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne" habe. Die ausgestellte Problematisierung der oben aufgezählten Tatsachen hat auf mich oft wie eine Pflichtübung gewirkt, ein Aufzählen kleinster gemeinsamer Nenner, auf die sich vernunftbegabte Menschen hoffentlich einigen können.

Dann gibt es wieder wahnsinnig poetische Einschläge, die Perspektiven verrücken, zuvor geknüpfte Stränge wieder aufdröseln und neu zusammenführen, die zutiefst berühren und Hoffnung keimen lassen. Hach.

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