Er ist wieder da
396 Seiten

Was hatte ich mir bei den vorliegenden Lobeshymnen von diesem Buch alles versprochen: Grenzüberschreitungen jeglicher Art; Humor der schwärzesten Sorte; Satire scharf, schärfer, am schärfsten. Aber - na jaaaa...
66 Jahre nach seinem vermeintlichen Tod erwacht Hitler in Berlin - und hat nur ein Ziel: die Führung Deutschlands wieder an sich zu reißen. Wider Erwarten (nein, nicht Hitlers. Er ist von Beginn davon überzeugt, dass es klappt. Also vermutlich eher wider Erwarten der lesenden Person) gelingt es ihm in kürzester Zeit, sich in allen Medien ganz vorne zu platzieren - als 'Comedian'. Zwar gibt er nichts anderes von sich als seine kruden Weltansichten und Überzeugungen, angepasst an die heutige Zeit, doch dafür wird er einhellig bejubelt. Denn man ist sich sicher, dass hier einer perfekt eine Rolle satirisch verkörpert - nämlich die Adolf Hitlers.
Alles in allem empfand ich die Lektüre eher durchschnittlich witzig - wer sich öfter mal Kabarettsendungen anschaut (am besten live, da ist manches noch böser :-)), dem kommt ein Großteil der 'bösartigen' Bemerkungen und Kommentare über die heutige Gesellschaft, egal in welcher Form, weitgehend bekannt vor. Und Grenzüberschreitungen, womit vermutlich unter anderem Hitlers Anmerkungen über das Auslöschen missliebiger Gestalten (egal ob Juden, Andersdenkende, Kranke usw.) gemeint sind, sind in anderer und besserer Form auch in Deutschlands endgültigem Satiremagazin zu finden - einfach mal kaufen und lesen :-) Zugegeben, es gibt einige wirklich schöne Szenen: Dem Laubbläser, dem er für seinen treuen Dienst dankt oder der Besuch Renate Künasts in seiner Fernsehshow - das war gelungen. Ansonsten ziehen sich aber über lange Passagen Erinnerungen an seine eigene Vergangenheit, die ich eher ermüdend empfand.
Ich vermute, dass das Hörbuch mit dem in dieser Rolle zweifellos genialen Christoph Maria Herbst deutlich besser wirkt. Dabei hat man Hitler nicht nur auf den Ohren, sondern sieht ihn regelrecht vor sich, was jedoch beim Lesen nicht gelingt da ein eigener Stil fehlt, der für den Führer typisch wäre. Aber vielleicht hatte er ja keinen?

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