Rendezvous im Café de Flore
432 Seiten

Dieses Buch war noch im Gratisangebot von audible und da dachte ich "Warum eigentlilch nicht?".

Mir wurde ziemlich schnell klar, dass das eher als Fehlentscheidung zu verbuchen war, sodass ich mir vornahm, im Stil von David Foster Wallace oder Wolfgang M. Schmitt einen Punkt zu sehen und zu kritisieren, der eigentlich nicht da ist. Leider muss ich sagen, dass es selbst da nicht viel gäbe. Außer der obligatorischen "Oh ja, Paris war früher sooo viel schöner; aber man kann auch etwas finden, wenn man ganz genau hinschaut und die Augen aufmacht". Das ist anödend, vor allem bei Romanlänge.

Es gibt zwei Frauenschicksale, eines zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs (so ca.) (da war Paris ja so schön intellektuell) und eines in den 2010er Jahren. Und tatsächlich fällt eine Sache auf, denn während die bisher unbekannte Vorfahrin als durch und durch emanzipatorisches Subjekt auftritt, in einer Zeit, in der Brüche mit den Konventionen verpönt waren (außer in der tollen Boheme der Pariser Cafés), ist die Ich-Erzählerin in dieser Hinsicht interessanter. In Zeiten, die einem nichts wirklich abverlangen, da man dem Hyperindividualismus anhängt und seinen Weg geht, der bekanntermaßen das Ziel ist, versucht sie an Altem festzuhalten, die ganze Suche nach ihrer Großtante zeugt davon. Aus heutiger Sicht handelt sie da sehr "Irrational", auch wenn sie in sich spürt, dass sie sich eher zu dem spontan auftretenen Mann aus der Künstlerszene hingezogen fühlt (ähnlich wie ihre Großtante), etc. Durch diese Suche, ohne etwas zu finden, verliert sie etwas (wie es dem Wesen des Suchens entspricht) und das ist ihr Selbst. Jordan B Peterson meinte in einem Podcast, dass sich Bücher und Hörücher verhalten wie ein Gemälde zu einem Foto (hier ging es um den Schaffenden, ein Gemälde hat viele Schichten und dutzende Stunden Arbeit und u.A. dadurch einen ganz anderen, viel tieferen Zugang für den Künstler). Dies ist einerseits amüsant, da ich dieses Buch hörend konsumierte, aber auf der anderen Seite verachtet die Ich-Erzählerin die ganzen die Gemälde Fotografierenden gewissermaßen, obwohl sie das Gemälde, das sie und ihre Großtante zeigt (die sich sehr ähnlich sehen), sich selbst in ebendiese zu sehr hineininterpretiert und somit nur anschaut, aber nicht sieht.