Kleine Geographie des deutschen Witzes. Mit einem Nachwort hrsg. von Helmuth Plessner
97 Seiten

Eines der bemerkenswerteren (im Sinnen von: "außergewöhnlich wirr") Bücher, dass ich in letzter Zeit gelesen habe.

Die Prämisse finde ich grundsätzlich spannend: Humor und Witz manifestieren sich in unterschiedlichen Gegenden des deutschsprachigen Raumes auf verschiedene Art und Weise und das – so die Idee des Autors – lässt sich analysieren. Warum ist der Witz und die Gewitztheit in Berlin so, in Wien anders und in Leipzig wieder ganz anders als in Köln oder München? Welche sozialen, historischen und gesellschaftlichen Entwicklungen haben dazu beigetragen? Etc etc etc

Die Charakteristisierungen der Regionen lesen sich gut und sind unterhaltsam. Einige Dinge erkennt man tatsächlich wieder und eine Reihe von Herleitungen erscheinen sinnvoll und nachvollziehbar.

Nun muss ich aber auch sagen: Es gibt hier viele Abers. Das erste und entscheidenste: Das Buch ist 1955 posthum erschienen, die Kapitel stammen aus dem Jahr 1941. Das erklärt die Sprache, die Definition von Deutschland und die Angestaubtheit einiger Aspekte. Es ist wenn überhaupt, dann sehr gering propagandistisch gefärbt (und eines der Kapitel soll wohl auch einen damaligen Gauleiter schwer verärgert haben), aber ich glaube man sollte sich bewusst machen, dass es mindestens einige Auslassungen gibt: Ich bin fern davon ein Experte zu sein, aber ich hätte vermutet, dass auch die jüdische Bevölkerung und das Jiddische als Sprache einen Einfluss auf Witz, etc hatten – aber das wird leider nicht betrachtet.

Alles in allem würde ich sagen: Auf eine seltsame Art und Weise durchaus lesenswert und unterhaltsam – aber eben mit dem zeitlichen Kontext im Hinterkopf.