Es ist Ende der 80er: Jason gehört mit seinen 18 Jahren zu den reichen jungen Erwachsenen, die sich um ihre Zukunft keine Sorgen machen müssen. Die Familien haben Geld, mehr als genug, man genießt das Leben und irgendetwas wird sich schon ergeben. Doch Jason fühlt sich nicht zugehörig zu seinen Altersgenossen. Seine Liebe gehört dem Segeln zusammen mit seinem besten Freund Cal, doch als dieser sich umbringt, gerät Jasons Leben in Schieflage. Er wechselt das College und kommt in ein Internat, wo alle mit dem entsprechenden 'Hintergrund' ihr Abschlusszeugnis erhalten werden. Dort lernt er Aidan, eine Aussenseiterin, kennen, mit deren Hilfe er vorsichtig beginnt, Cals Tod zu verarbeiten. Doch bei einem schweren Sturm stirbt sie unter merkwürdigen Umständen und Jason ist wieder allein.
Es scheint eine recht unspektakuläre Geschichte zu sein, die hier erzählt wird: Ein 18jähriger, der mühsam versucht, seinen eigenen Weg zu finden und dabei immer wieder auf die Vergangenheit schaut. Doch Jason als Ich-Erzähler schildert mit überraschend genauem, empfindsamen Blick und auch mit Humor das Leben in dieser Luxuswelt, in der man die eigenen Privilegien als selbstverständlich hinnimmt und auf Andere, denen es nicht so gut geht, mit Gleichgültigkeit wenn nicht sogar Verachtung herabsieht. Jason versucht anders zu sein, was nicht so einfach ist, denn er stößt dabei immer wieder auf Misstrauen vonseiten der Menschen, die ausserhalb seiner Welt leben. Viele Vorurteile über das Leben der Reichen werden bestätigt (Oberflächlichkeit, Arroganz, Egoismus...), doch es wird auch klar, dass diese Jugendlichen letzten Endes zu großen Teilen nur ein Produkt ihrer Erziehung sind.
Ein schön zu lesender Roman mit einem Einblick in eine andere Welt, der mir persönlich nur etwas zu viel Segelsprache enthielt. Manche Seiten habe ich deshalb einfach quer gelesen, da ich eh nichts verstanden habe ;-)
Der 12jährige Bobby hat es nicht leicht: Seine Mutter ist von einem Tag auf den andern verschwunden und so lebt er nun alleine mit seinem jähzornigen Vater und dessen klatschsüchtiger Freundin unter einem Dach. Sein einziger Halt ist sein Freund Sunny und die Spuren seiner Mutter zu archivieren: Haare, Kleidungsstücke, Bürsten, alles was er finden kann. Doch dann verschwindet auch noch Sunny und er droht zu verzweifeln, aber die plötzliche Freundschaft zu Rosa, einem Nachbarmädchen und deren Mutter Val gibt ihm neuen Mut. Als sich dann plötzlich jede Menge Schlamassel ankündigt, brechen die drei mit einem gestohlenen Bibliotheksbus zu einer Abenteuerfahrt auf. Und ein Abenteuer wird es...
Eine richtig schöne herzerwärmende Geschichte, die jedoch ebenso ein nicht gerade kleines Maß an Traurigkeit zu bieten hat. Wie Bobby seine Mutter vermisst, von seinem Vater und Klassenkameraden drangsaliert wird ebenso wie Rosa von größeren Jungs, wie bei der ganzen Unternehmung stets die Ahnung mitschwingt, dass es kein gutes Ende nehmen wird - das ist nicht gerade amüsante Unterhaltung. Doch dem Autor gelingt es immer wieder, diese allzu traurigen Momente mit wenigen Worten in eine heitere Situation zu verwandeln. So war ich beim Lesen hin und her gerissen zwischen traurig und wunderschön - ach, es ist einfach Beides.
Natürlich kommen auch die Bücher nicht zu kurz, schließlich findet die Reise ja in einem Bibliotheksbus statt. Val, die Rosa viel vorliest, führt auch Bobby ans Lesen heran. Und so beginnt er alles zu verschlingen, was ihm in die Finger fällt und stellt fest, dass viele Abenteuer die er kurz zuvor gelesen hatte, er selbst in ähnlicher Form erlebt. Auch das Ende (das ich natürlich nicht verrate) ereignet sich durch die Inspiration eines Buch.
Alles in allem: einfach schön!
Seit 18 Jahren lebt der Schweizer Andreas als Lehrer in Paris, ein Tag so unspektakulär wie der andere. Seit er die Chance vertan hat, sich seiner Jugendliebe Fabienne zu offenbaren, nimmt er das Leben wie es kommt und verschwendet keine Energien darauf, den Ablauf seines Daseins zu verändern oder Beziehungen zu vertiefen. Nichts berührt ihn wirklich, seine Freundschafts- wie auch Liebesverhältnisse und die Verbindungen zu seiner Familie bleiben oberflächlich, als ob mit der Nichterfüllung seiner Liebe zu Fabienne jegliches Interesse an Anderen erloschen sei. Erst als der Verdacht entsteht, er habe eine ernsthafte Krankheit, beschließt er aus dieser Monotonie seines Lebens auszubrechen.
Obwohl ich das Buch gerne gelesen habe, fällt es mir nicht leicht, es Anderen zu empfehlen. Die Handlung ist weder übermäßig spannend geschweige denn humorvoll, der Protagonist dröge und eher langweilig - weshalb sollte man es dann lesen? Vielleicht weil es ein Abbild des wahren Lebens ist, gerade in dieser Gleichförmigkeit, wo sich kaum ein Tag vom anderen unterscheidet. Doch letzten Endes liegt es nur an einem selbst, dies zu ändern. Andreas' Krankheit veranlasst ihn dazu: Statt in seinen Träumen weiter zu verharren und den verpassten Chancen nachzutrauern, ergreift er selbst die Initiative und erkennt, dass die Träume nur wenig bis nichts mit der Realität zu tun haben. Das echte Leben befindet sich genau vor ihm, er muss nur den Schritt hineinmachen.
Ein Buch, das weniger Unterhaltung bietet als Stoff zum Nachdenken.
Irgendwann in der Zukunft ist die Welt von NOX eingehüllt, einer dichten Wolke aus Schmutz. Während die 10% Reichen in lichten Höhen leben, umgeben von Sonne, frischer Luft und allem, was das Leben leichter macht, fristen die Armen unten, in ständiger Dunkelheit ihr Dasein. Auf engstem Raume sind sie stets mit dem Kampf ums Überleben beschäftigt, fortwährend in Bewegung um Energie zu erzeugen und haben dennoch nur einen Bruchteil der Lebenserwartung der Reichen. Doch nicht alle ergeben sich ihrem Schicksal, sondern versuchen mit der Teilnahme an geheimen, illegalen Organisationen sich ein Recht auf ein besseres Leben zu erkämpfen.
Gerges und Lucen gehören nach Unten und sind schon immer eng befreundet, obwohl Gerges Vater ein Milizführer ist, einer grausamen Gruppierung die die Bevölkerung unten wilkürlich bespitzelt und drangsaliert. Lucens Vater scheint sich jedoch aus allem rauszuhalten und Lucen will seinem Beispiel folgen. Doch bald schon wird die Freundschaft der beiden Jungen auf eine Bewährungsprobe gestellt, da Gerges auf Befehl seines Vaters zur Miliz soll. Und Lucen hilft verbotenerweise der jungen Ludmilla aus der Oberstadt, ihr Kindermädchen zu suchen.
Es ist eine grauenvolle Welt, die Grevet hier entwirft. Die Unterstadt lebt unter erbärmlichsten Bedingungen, kaum sauberes Wasser, vergiftete Luft, keine frischen Lebensmittel, zur Erzeugung von Energie müssen die Ärmsten der Armen, bevorzugt Kinder, Tag und Nacht in die Pedale treten, aus Insekten wird braunes Pulver gemahlen, um so den Proteinbedarf zu stillen.
Doch das eigentliche Thema des Buches ist die Entwicklung der Persönlichkeit der drei Hauptpersonen. Alle sind um die 16 oder 17 Jahre alt und waren bisher kaum bis überhaupt nicht an Politik interessiert. Doch langsam werden sie erwachsen und beginnen, ihren eigenen Maßstab für Gerechtigkeit und Freiheit zu entwickeln. Jeder der drei Protagonisten erzählt die Geschehnisse aus seiner Sicht, sodass manchmal das gleiche Geschehen aus unterschiedlichen Perspektiven berichtet wird, wobei (fast schon über-)deutlich wird, zu welch verschiedenen Reaktionen Missverständnisse und Manipulationen führen können.
NOX ist als Trilogie angelegt, wobei sich der erste Teil auf die Entwicklung der drei jungen Menschen bezieht: Wie wurden sie zu denen, die sie (vermutlich) in den beiden Fortsetzungen sein werden? Eine düstere Geschichte, die mich mit diesem Beginn neugierig auf die Fortsetzung macht.
In unserer modernen Welt scheint es kein Entrinnen mehr zu geben: wohin wir gehen, mit wem wir sprechen, was wir kaufen, wem wir mailen - Alles ist unter der Kontrolle der scheinbar allmächtigen Geheimdienste. Weil Jeder glaubt, auf den Komfort nicht verzichten zu können, den elektronische Dienstleistungen uns bieten. Doch eine salafistische Terrorgruppe unterläuft diese Allmacht, indem sie bewusst all diese Bequemlichkeiten vermeidet, um so ihren Anschlag in der BRD ungestört vorbereiten zu können. Doch mit einiger Verzögerung kommt man auf ihre Spur - rechtzeitig?
Mit einer relativ langen Vorgeschichte (ca. die Hälfte des Buches) wird u.a. die Rekrutierung dieser Terroristen beschrieben, die alle aus Deutschland stammen. Immer wieder wird auch deutlich gemacht, wie leicht es Salafisten und anderen Menschenfängern gemacht wird, insbesondere junge Erwachsene auf ihre Seite zu ziehen, die keinen Sinn in ihrem Leben sehen und/oder keinen Halt besitzen. Denn sie bieten beides: den Sinn im Hier und Jetzt wie auch im Jenseits und die Unterstützung und den Rückhalt durch die Gemeinde. Doch wie schon geschrieben, das macht nur einen eher kleinen Teil der Vorgeschichte aus. Daneben gibt es die Undercoveraktion von Solveigh Lang in Südamerika, die durchaus spannend ist, mit der eigentlichen Geschichte aber nur wenig zu tun hat. Meiner Meinung nach hätte man daraus durchaus ein eigenes Buch machen können.
Für mich war dieser vierte der erste Band der Solveigh-Lang-Reihe, den ich gelesen habe. Wobei ich mich nach dem Lesen etwas wunderte, weshalb es nicht Paul-Regen-Reihe heißt, denn er scheint mir fast mehr im Mittelpunkt zu stehen als Solveigh. Aber egal: Ich finde, 'Phantom' ist ein spannender Krimithriller, bei dem man zwar bereits von Beginn an die Täter kennt, aber bis zum Ende mitfiebert, ob der Anschlag verhindert werden kann. Ich denke, ich werde mir die anderen Bände dieser Reihe auch mal genauer anschauen ;-)
Vegan ist ja voll im Trend und so scheinen entsprechende Kochbücher im Minutentakt auf den Markt zu kommen. Was mich dabei jedoch häufig stört: Die Zutaten der Speisen sind in normalen Supermärkten nur schwer zu bekommen und wirken so exotisch, dass Kiwis schon fast wie eine heimische Pflanzenart anmuten. Tofu gibt es mittlerweile ja sogar bei Discountern, aber Sachen wie Seitan, Tempeh, Guakernmehl oder Agar-Agar - ist das wirklich notwendig?
Da kam mir Katharina Seisers Kochbuch gerade recht. Bereits von ihrem 'Italien vegetarisch' war ich sehr begeistert, da es zumeist einfache aber überaus leckere Rezepte enthält. Und auch dieses Kochbuch hier hat mich nicht enttäuscht.
Die Aufmachung allein macht schon Einiges her: In leuchtend gelbem Leinen gebunden mit grünen Gemüseillustrationen - es ist schon eine Freude, es in der Hand zu halten. Die Rezepte sind in bewährter Manier übersichtlich angeordnet: Eine Seite Rezept mit Zutatenliste, die gegenüberliegende Seite ein ansprechendes Photo der Mahlzeit. Sortiert ist alles nach Jahreszeiten, was auch Sinn macht, da die Hauptzutaten für diese Essen Gemüse sind und es daher sinnvoll ist, das zuzubereiten, was der Garten bzw. der Markt zur Zeit anbietet. Zusätzlich gibt es am Ende noch ein jahreszeitenunabhängiges Kapitel und zu Beginn eine Übersicht über die unterschiedlichen Geschmacksrichtungen und worin diese enthalten sind. Die Rezepte sind meistens nicht allzu schwierig und bei der Zutatenliste liegt die Exotik mehr bei den Gemüsesorten und Gewürzen, denn überwiegend liegt deren Herkunft nicht gerade bei uns um die Ecke. Es gibt viel aus Asien, dem Nahen Osten aber auch aus Süd- und Osteuropa. Das leuchtet auch ein: Gemüse ist dort in großer Vielfalt aufgrund der Wetterbedingungen so gut wie das ganze Jahr verfügbar, während Mittel- und Nordeuropa eher mit seinem Kohl und seinen Kartoffeln auskommen musste (vermute ich mal ;-)).
Wer einen Einstieg in die vegane Küche sucht, wird mit diesem Kochbuch überaus gut versorgt sein, denn die Sachen sind durchweg lecker (zumindest die, die ich bisher versucht habe).
Felix hat alles, was man braucht um glücklich zu sein - eigentlich. Einen tollen Job mit vielversprechenden Karriereaussichten, eine wunderschöne ebenso erfolgreiche Freundin und eine Familie, mit der er sich noch immer eng verbunden fühlt. Doch von jetzt auf gleich bekommt er allergische Anfälle und die Diagnose ist alles andere als schön: Es sei die Folge auf zu große emotionale Reaktionen - eine Glücksallergie, wie Felix schnell klar ist. Aus diesem Grund versucht er auf jedem erdenklichen Weg sich schlechte Laune zu verschaffen, um sein Glück besser zu verkraften. Glücklicherweise ist seine neue Kundin Ruby eine Nervensäge hoch zehn, was dazu führt, dass er mehr Zeit mit ihr verbringt als ihm lieb ist - eigentlich...
Selten bin ich in einem Buch auf eine sympathischere Hauptfigur gestoßen wie hier. Felix berichtet in Ich-Form von seiner 'Krankheit' und das in einer Weise, dass ich immer das Gefühl hatte, hier sitzt mir ein guter Freund gegenüber, der mir das alles gerade direkt erzählt. Das führt dazu, dass man nur noch weiterlesen möchte, was auch dadurch erleichtert wird, dass Alles als Blogbeitrag geschrieben wird in einem Stück ohne Unterbrechung. Mich hat es nicht weiter gestört, ausser dem 'die Zeit vergessen' und lesen, bis einem die Augen zufallen. Aber das ist ja nicht die schlechteste Empfehlung für ein Buch, oder ;-) ?
Alles in allem eine schöne, kurzweilige und amüsante Unterhaltung mit dem mehr oder weniger indirekten Hinweis, vielleicht etwas genauer hinzuschauen, wo und was das Glück denn wirklich ist.
Wenn ich eines sicherlich nicht bin, dann Fussballfan - selbst eine WM sehe ich wenn überhaupt, dann nur zu kleinen Teilen und auch ein deutsches Finale ist für mich kein unabdingbares Muss. Von mir also eine Lobeshymne auf dieses Buch zu erwarten ist sicher nicht selbstverständlich.
Doch wider Erwarten habe ich mich beim Lesen wirklich gut unterhalten. Der Autor, Fussballfan seit der WM 1966, die er mit sieben Jahren miterleben durfte, beschreibt seinen eigenen Enthusiasmus zu dieser 'schönsten Nebensache der Welt' mit erfreulich viel Selbstironie. Hauptthemen sind die Weltmeisterschaften 1990 und 2014 - beides Jahre, in denen Deutschland Weltmeister wurde. 1990 lag er mit gebrochenem Wadenbein (natürlich vom Fussballspielen) wenig mobil in seiner Wohnung, sodass er kurzerhand sein Wohnzimmer zum WM-Studio umwandelte. Umgeben von sehr guten Freunden, alles Experten wie er selbst, war somit garantiert, dass vor, nach und selbstverständlich während den Spielen fundierte Fachgespräche zwischen ausreichend Bier, Chips und Rollmöpsen stattfinden konnten (Zitat: "...ein gesundheitsgefährdender Spielrhythmus, der bis zum Viertelfinale täglich Leber wie Lunge attackieren würde."). 24 Jahre später, immerhin gesund, findet das Mitfiebern an verschiedenen Orten mit wechselnder Besetzung statt: daheim mit ebenfalls mitbibbernder Freundin, gemeinsam mit der 15jährigen Tochter, mit KollegInnen beim Arbeitgeber usw. Und trotz des mittlerweile gesetzteren Alters und deutlich weniger Alkohol tut es der Begeisterung des Autors keinen Abbruch. Jochen Staat hat einen locker-leichten Schreibstil, wobei er Dinge sehr offen und direkt beschreibt, was wie seine bildhaften Formulierungen zur vergnügten Lektüre beiträgt (Zitat zum Spiel Deutschland-Schweden, WM 1974: 'Das Rheinstadion wurde umgegraben wie ein Kartoffelacker, offensichtlich auf der Suche nach den dort verbuddelten urdeutschen Tugenden.').
Für Fussballfans hat das Ganze sicherlich einen hohen Wiedererkennungswert, während der Rest sich immerhin gut unterhalten kann und bei Einigen vielleicht das Verständnis für die LiebhaberInnen der 'schönsten Nebensache der Welt' vergrößert. Bei mir zumindest ist es gelungen ;-)
Oed am Tiefen Grafen, irgendwo im Nirgendwo Österreichs, der Name des Ortes ist Programm. Hier kreuzen sich die Lebensläufe von Menschen, die sich normalerweise nicht begegnet wären. Greta, erfolgreiche Karrierefrau, steht auf der nächsten Stufe der Erfolgsleiter - glaubt sie. Doch statt sich bei einer internationalen Messe in San Marino ihre nächste Beförderung abzuholen, strandet sie mit dem Zug in Oed, wo sie unfreiwilligerweise einige Tage verbringen muss. Jurek hingegen, Philosoph und nun einziger Taxifahrer der Gegend, ist nach seiner Scheidung freiwillig in seine Heimat zurückgekehrt - in das halbfertige Elternhaus. Ihre Wege kreuzen sich, wie auch die vieler Anderer, die nichts miteinander gemein zu haben scheinen als die Anwesenheit am selben Ort. Doch tatsächlich verbindet sie eines: Einsamkeit.
Es ist eine ziemlich schräge Ansammlung von ZeitgenossInnen, die die Autorin Isabella Straub hier auffährt. Auf den ersten Blick eher durchschnittlich, zeigen die einzelnen Personen nach und nach einige doch recht bizarre Charaktereigenschaften. Jurek, der das Schlafzimmer seiner Eltern wie einen Tatort versiegelt hat. Joe, adipöser Pensionär, der auf die Rückkehr seiner philippinischen Ehefrau wartet und jede Menge unnützes Zeug in TV-Verkaufsshows bestellt. Greta, die verheiratete Männer bevorzugt, da die ihr treu sind. Und so weiter und so fort.
Der Roman ist weniger eine spannende Story als die detaillierte Beschreibung eines Zeitabschnitts im Leben diverser Personen. Eher düster ist die zugrunde liegende Stimmung: einsame Menschen in einer trostlosen Gegend, die nicht oder kaum fähig sind, sich daraus zu befreien. Doch der Autorin gelingt es durchweg, diese Leben mit herrlichen Wortkreationen und Sätzen zu beschreiben, dass man sich beim Lesen wundervoll amüsieren kann. Nur ein, zwei Beispiele: "S. 24: Die Diagnose (Diabetes Typ 2) ist sein Airbag, an dem die Zumutungen des Alltags abprallen." oder "S. 203: Ihr Lippen wurden schmäler mit den Jahren, zwei Hartgummischläuche, die den Körpereingang bewachten. Es herrschten strenge Einfuhrbestimmungen:.."
Obwohl sich das Buch leicht weglesen lässt, ist es keine Unterhaltungslektüre. Mir hat es aber auf jeden Fall Spaß und Freude bereitet.
Maggie ist arbeitslos und verbringt ihre freien Tage Nackenbeisserromane lesend im Antiquariat Dragonfly Books. Sie freundet sich mit dem Besitzer Hugo an, einem warmherzigen Althippie, der ebenso liebenswert seltsam ist wie viele seiner KundInnen. Als sie durch die Vermittlung ihres besten Freundes Dizzy, ein IT-Nerd, die reiche Unternehmerin Avi kennenlernt, nutzt sie das Dragonfly als Projekt, um ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Mit großer Begeisterung und kreativen Einfällen gelingt es ihr tatsächlich, den Umsatz anzukurbeln und Maggie entdeckt ihre Liebe zu diesem Antiquariat. Doch nicht nur die :-) Der sympathische Rajhit stürzt sie von einer Verwirrung in die nächste - und dann kommt ein unglaubliches Angebot.
Auch wenn auf der Rückseite unter anderem steht "Eine wunderbar andere Liebesgeschichte..." sollte man das nicht für bare Münze nehmen. Ja, es gibt sogar zwei Liebesgeschichten, aber beide sind nur ein Teil dessen, was in diesem Buch erzählt wird. Daneben (bzw. eigentlich als Hauptsache) geht es um die Liebe zu Büchern, insbesondere zu gebrauchten. Aber auch um die Suche nach dem, was wirklich wichtig ist. Maggie wird immer deutlicher bewusst, dass ihre ursprünglichen Wünsche und Hoffnungen mehr mit ihren Eltern zu tun haben als mit ihr selbst. Doch bis sie zu dieser Erkenntnis kommt, ist es ein weiter Weg.
Wer nun hochgeistige Gedankenflüge oder geniale Inspirationen erwartet, wird jedoch mehr als enttäuscht sein. Der Roman ist lockerleicht geschrieben und verursacht ein immer wiederkehrendes Schmunzeln durch die vielen völlig überzogenen Beschreibungen. Es ist eine richtig schöne Lektüre mit einer wunderbar sympathischen Hauptfigur (aber auch der Rest ist nicht schlecht ;-)), mit der man mitleidet, -fiebert und -liebt und dazu noch eventuell ein paar Anregungen für's eigene Leben erhält. Das ist doch schon eine ganze Menge - oder nicht ;-) ?
Kleine Mäkelei am Rande: Gelegentlich merkte ich den beruflichen Hintergrund der Autorin deutlich - mancher Abschnitt geriet ihr doch sehr IT-spezifisch. Etwas zu viel für ein Buch wie dieses, meine ich.
- Jahrhundert, Istanbul (das zu dieser Zeit Konstantinopel heisst - keine Ahnung, warum die Autorin diesen Namen ignoriert). In dieser Weltstadt kommt der elfjährige Jahan mit einem weißen Elefanten an, der ein Geschenk des Schahs von Indien für den Sultan des Osmanischen Reiches ist. Der Junge wird mit seinem Tier in der Menagerie untergebracht und findet sich plötzlich wieder mitten im Zentrum dieses mächtigen Herrschaftsgebietes. Doch erst, als er den angesehenen und einflussreichen Hofarchitekten Sinan trifft, erfährt sein Leben eine unerwartete Wendung hin zum Guten. Sinan nimmt ihn als einen seiner wenigen Schüler an, die eng mit ihm zusammenarbeiten. Zusammen mit drei Anderen lernt er das Handwerk der Architektur und ist gleichzeitig stets eng verbunden mit den Geschehnissen im Palast: Intrigen, Freundschaften, Kriege, Liebe. Immer dabei: sein geliebter Elefant Chota.
Auch wenn sich die Geschichte um die Figur Jahan rankt, ist es doch keine über ihn, sondern über diese Epoche Istanbuls. Shafak erzählt in detaillierter Weise und höchst ausführlich über die Verhältnisse und die Menschen der damaligen Zeit. Manchen mag dabei die Langeweile überkommen, Anderen eine tiefgreiferende Beschreibung der Protagonisten fehlen - ich war jedoch gebannt von diesem bunten, aber auch elenden und teilweise grausamen Leben im damaligen Istanbul. Es ist ein Schmöker im besten Sinne, farbenprächtig ausgeschmückt mit viel Liebe zum Detail, der auf der Grundlage wahrer Personen beruht. Doch die Autorin nimmt diese nur als Anhaltspunkte, wie sie im Nachwort erläutert, und passt manche Gegebenheiten an ihre Vorstellungen an. Auch ist nicht alles unter streng realistischen Gesichtspunkten zu betrachten - Manches gehört sicherlich ins Reich der Phantasie.
Nur das Ende ließ mich etwas unzufrieden zurück. Als sich alles anfing aufzulösen, begann offenbar auch die Detailfreude Elif Shafaks nachzulassen, Vieles wirkte nur noch recht oberflächlich - die Geschichte verlor für mich ihren Zauber. Dennoch: Ein richtiger Schmöker für lange Stunden.
Ein Trauerzug zieht durch Berlin, wie man ihn vermutlich nur selten gesehen hat: vorweg eine professionelle Marching Band aus New Orleans mit Posaunen, Trommeln und Tuba, gefolgt von einem Elefanten, auf dem ein falscher Maharadscha thront, der die Urne mit der Asche des verstorbenen, ehemaligen Zirkusdirektors und Magiers Bellmonti in Händen hält und immer wieder emporreckt. Eskortiert wird das Ganze von sechs schwarzen Motorrädern, die von einer ukrainischen Artistengruppe gefahren werden. Dahinter folgen die Trauergäste, die zum Teil ein ebensolch schräges und farbenprächtiges Bild abgeben, aber auch Gäste wie Maik Kleine, der sich rein äusserlich in Nichts von der durchschnittlichen Bevölkerung unterscheiden würde. Doch auch er stand dem Toten nahe, in dessen Zirkus er einige Jahre lebte und arbeitete. Als kurz nach der Beerdigung bekannt wird, dass Bellmonti ein Stasiagent gewesen sein soll, kann Maik dies ebenso wenig glauben wie zwei seiner Freunde und ehemalige Wegbegleiter. Gemeinsam versuchen sie, die Wahrheit herauszufinden, doch dabei wird deutlich, dass Maiks Vergangenheit keine unwichtige Rolle dabei spielt.
Fast genauso schrägschrill wie der Beginn ist das ganze Buch. Es geht um den Teufel, Mord(?), die Stasi, unterdrückte Gefühle und Geheimnisse noch und nöcher.
In zwei Erzählsträngen nähert man sich der Rätsel Lösungen, doch bevor auch nur ansatzweise etwas Licht ins Dunkel kommt, wird erst einmal für vollständige Verwirrung gesorgt. Einmal wird Maiks Vergangenheit dargestellt, beginnend mit dem Unglück das ihn aus der DDR 1979 in den Westen brachte. Parallel dazu versuchen Maik und seine Freunde, die Stasi-Vorwürfe gegen Bellmonti zu entkräften. Das ist Beides gut und spannend erzählt, doch ich habe mich bestimmt bis zur Hälfte des Buches immer wieder gefragt: Wie kann das nur miteinander zusammenhängen??? Was den Unterhaltungswert der Lektüre aber nicht mindert, bei der man nicht nur viel aus der DDR erfährt sondern auch aus dem Zirkusleben, zumindest dem magischen Teil.
Lediglich das Ende fiel mir etwas zu glatt aus. Alles löst sich, die Unklarheiten sind beseitigt und so gut wie Alle sind glücklich. Nichts gegen ein Happyend, aber hier gab es zu viele Fragen die noch offen waren und praktisch mit einem Fingerschnipp beantwortet wurden - das ging mir zu reibungslos. Dennoch: es ist eine lesenswerte, unterhaltsame und spannende Lektüre - mir hat es Spaß gemacht.
Dieser Thriller ließ mich etwas ratlos zurück. War er jetzt richtig gut oder einfach nur haarsträubender Blödsinn? Irgendwie trifft wohl Beides zu. Fakt ist, die Geschichte, nein, die Geschichten, denn es sind mehrere, die parallel erzählt werden, sind durchweg spannend. Man fiebert beim Lesen der Tagebucheinträge von Erica mit (die entführte Wissenschaftlerin), die sie während ihres Aufenthaltes in Afrika verfasste, als sie von einer Rebellengruppe als Geisel genommen wurde. Ebenso spannend ist die Suche der Wissenschaftler nach den unbekannten Erregern der plötzlich aufgetauchten Malaria und einem Heilmittel dagegen und natürlich auch die Nachforschungen von Max, dem Freund Ericas, nach seiner verschwundenen Freundin.
Doch gerade Max‘ Suche wurde teilweise für mich zu einer Lachnummer. Da gibt es einen Mann, der ein Motorrad zwar mit etwas Anstrengung in die Höhe hebt, um sie auf ein Auto zu werfen. Doch das ist nichts im Vergleich zu dem wahren Unhold, der mich eher an Terminator erinnerte als an einen realen Menschen. Praktisch unbesiegbar, superschlau und gegen alles gewappnet, selbst der CIA zittert vor ihm. Superman in böse. Oder die Amsterdamer Polizei. Offenbar durchweg korrupt und nur darauf aus, diesem Amerikaner Max eins über die Rübe zu ziehen. Himmel, was hat der Autor nur für ein Bild von der niederländischen Polizei?
Ebenfalls nicht so richtig glücklich sind manche Sätze in diesem Thriller geraten, die ich eher in einer Liebesschmonzette vermutet hätte wie beispielsweise: „Wie unerbittlich der Tod doch die Blume der Liebe zwischen seine schweren Seiten presste.“
Dennoch – die Geschichten sind bis zum Ende hin spannend, das wie manch anderes etwas überzogen wirkt. Da es das erste Buch dieses Autors ist, hoffe ich einfach mal, dass es sich hier um sogenannte ‚Kinderkrankheiten‘ handelt, die sich beim nächsten Buch dann ausgewachsen haben. Ich würde es auf jeden Fall nochmal ausprobieren ;-)
Montana ist die Heimat von Alma, doch mittlerweile lebt sie als erfolgreiche Anwältin in Seattle, hängt aber noch immer mit ganzem Herzen an diesem rauen, wunderschönen Land mit seinen einsilbigen Menschen, auch wenn sie es vor sich selbst nicht zugeben möchte. Als der überraschende Tod ihrer jüngeren Schwester Vicky sie mehr oder weniger nötigt in ihre Heimatstadt Billings zurückzukehren, sieht sie sich gegen ihren Willen gezwungen, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Dazu belastet sie der mysteriöse Tod ihrer Schwester, bei dem es einige Ungereimtheiten gibt wie auch die Sorge um ihre Nichte Brittanny. Nur wenige Tage will Alma in Montana verbringen, doch diese gestalten sich als eine Herausforderung, wie die toughe Anwältin noch keine zu bewältigen hatte.
Mehr oder weniger sind es eigentlich zwei Geschichten die hier erzählt werden. Zum Einen die Aufklärung der Umstände die zum Tode Vickys führten, zum Anderen Almas Gefühlsleben, das durch die Rückkehr in ihre Heimat und der Begegnung mit ihrer früheren Liebe in ein heftiges Chaos gestürzt wird. Während mir Ersteres zusagte (recht spannend mit einer für mich überraschenden Auflösung), empfand ich den anderen Teil zunehmend eher nervig. Nicht nur die Sprache störte mich ("Alma begreift allmählich die ozeanische Gewalt ihrer Gefühle..." S. 138 oder "...Bergkuppen, die wie Halbgötter über der Herrlichkeit eines Universums aus Hochebenen thronten." S. 152), auch die Vorhersehbarkeit der Handlung. Wer kriegt wen, wer macht was, die Guten (wenn auch mit kleinen Fehlern) sind in Montana, die Schlechten in der Stadt. Nach ca. 1/3 bis zur Hälfte des Buches ahnte ich, wie es ausgehen würde - und so war es denn auch, wie ich am Ende leider feststellen musste (aber, wie schon geschrieben, nicht beim 'Krimiteil').
So fällt mein Resümee etwas unentschieden aus: Die Aufklärung der Todesursache von Vicky habe ich mit Freude gelesen, Almas Gefühlsleben und Vergangenheitsbewältigung war nicht so mein Fall.