Wo die Angst ist
320 Seiten

Ein türkischer Jugendlicher, der eine erfolgreiche Antirassismusinitiative gegründet hat, wird kurz vor Weihnachten brutal zusammengeschlagen und dabei lebensgefährlich verletzt. Tatverdächtig ist ein Nazi, den ein Zeuge vor Ort gesehen hat und der noch Schlimmeres verhinderte. Dem Vater des Opfers gehen die Ermittlungen zu langsam voran und er beginnt, auf seine Art den Hinweisen nachzugehen. Als der Zeuge nach einem Überfall aus Angst um seine Familie seine Aussage zurückziehen will, wird die Situation äusserst brisant... Hauptkommissar Sigi Kamm und die Psychologin Alicia Behrens, die seit einer gemeinsamen Begegnung vor Gericht eine gegenseitige Abneigung miteinander verbindet, sind gezwungen, in diesem besonders brisanten Fall zusammenzuarbeiten.
Die beiden Hauptfiguren könnten kaum gegensätzlicher sein. Während die Psychologin davon überzeugt ist, dass Worte und Geduld mehr ausrichten können als Gewalt und Zwang, ist der Hauptkommissar nach vielen Berufsjahren der Auffassung, dass bei seiner Aufgabe nichts mehr hilft als Härte und Druck. Die Zwei fetzen sich immer und immer wieder und doch müssen sie (widerwillig) anerkennen, dass jede/r auf auf seine/ihre Weise auch Erfolg hat. Es macht Vergnügen, den Wortduellen der Beiden zu folgen.
Die Geschichte selbst besitzt für einen Krimi einen ungewohnt hohen psychologischen Anteil, was jedoch der Spannung nicht im Geringsten abträglich ist, ganz im Gegenteil. Man gewinnt einen kleinen Einblick in ein Nazimilieu, bei dem einem das Messer in der Tasche aufgeht ('Wie übe ich Druck aus, ohne dass ich strafrechtlich belangt werden kann?' Trifft natürlich auf alle anderen kriminellen Bereiche ebenso zu). Man lernt eine völlig normale Familie kennen, die jedoch alles andere als normal ist und doch in dieser und ähnlicher Konstellation vermutlich überall anzutreffen ist. Kurz: Ein Krimi, der wie aus dem echten Leben gegriffen scheint.
Einziges Manko: Ausgerechnet beim Täter bleiben die psychologischen Erklärungen, weshalb er dies alles so steuern konnte, im Dunkeln. Schade, das hätte mich doch sehr interessiert.

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