Von der Nutzlosigkeit erwachsen zu werden
188 Seiten

Anfang der 80er gab es potentielle Lehrer ohne Ende - und keine Stellen. Junge Menschen, die sich voller Idealismus in ein Lehramtsstudium gestürzt hatten, mussten feststellen dass ihr Wissen und ihre Kenntnisse nicht gebraucht wurden. Mathias Grewe, geboren 1955, ist einer von ihnen. Von seinen Eltern gefördert und gefordert (er soll es einmal besser haben als sie) sind seine eigenen Erwartungen an das Leben anspruchsvoll: der Beruf soll nicht nur den Lebensunterhalt sichern sondern auch einem höheren Sinn dienen. Die Gesellschaft will er mitgestalten, aktiv in der Demokratie mitwirken. Voller Idealismus und Enthusiasmus engagiert er sich in der Friedensbewegung, demonstriert gegen die Stationierung der Pershing-II-Raketen, schreibt Flugblätter und erledigt so 'nebenbei' sein Studium. Doch irgendwann beginnt er zu realisieren, dass seine Zukunftspläne wohl anders verlaufen werden als geplant, denn es gibt wesentlich weniger Lehrerstellen als Anwärter. Und so findet er sich mit 30 Jahren als Aushilfsfahrer wieder und zieht ein Resümee.
1985 erschien dieses Buch und obwohl ich mehrere Jahre später als der Protagonist an der Uni weilte, sind die Verhältnisse derart exakt beschrieben, dass ich ständig nur zustimmend grinsend nicken konnte. Der Glaube an ein besseres Leben, die Weigerung sich als ein Rädchen in den kritiklosen Konsumkreislauf integrieren zu lassen, sich nicht in einen Kokon des Privatlebens einzuhüllen sondern aktiv auch am politischen Leben teilzunehmen - hehre Vorsätze, die zumeist zugunsten einer möglichen Karriere schnell über Bord geworfen wurden. Und heute, fast 30 Jahre später, sieht es nicht viel anders aus. Nur wird nun die Karriere direkter angestrebt und mögliche anderweitige gute Vorsätze bezüglich einer eventuellen Verbesserung der Gesellschaft häufig nur noch zum eigenen Vorteil verfolgt. Tja, manches ändert sich wohl nur wenig...

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