Walter Nowak bleibt liegen
200 Seiten

Walter Nowak, 68 Jahre, ist ein Mann der Tat. Um etwas zu erreichen, muss man arbeiten - und das macht er mit Erfolg. In weniger als 10 Jahren vom Lehrling zum Chef - da bleibt keine Zeit für Schnickschnack wie Schwäche oder Gefühle. Doch als er bei seiner täglichen 1000-Meter -Schwimmrunde im Freibad mit dem Kopf gegen die Beckenwand knallt, verliert er zum ersten Mal die Kontrolle über sich. Es gelingt ihm noch heimzufahren, doch dann bleibt er regungslos im Bad liegen. Niemand ist da, um ihm zu helfen und er verliert sich in Erinnerungen, Selbstreflexionen, Träume.
Vermutlich zum ersten Mal in seinem Leben ist er völlig hilflos und muss nun seinen Gefühlen und Schwächen freien Lauf lassen, die er sein ganzes Leben wohl weitestgehend erfolgreich unterdrückt hat. Erinnerungen überfluten ihn, an seine Kindheit als Bastard, seine erste Ehefrau, seine zweite Ehefrau, sein Sohn - und nach und nach wird klar, dass er trotz seines beruflichen Erfolges ein trauriger, einsamer Mann ist.
Das Buch besteht ausschließlich aus dem Gedankenfluß Werner Nowaks, was durchaus gewöhnungsbedürftig ist. Viele Sätze werden nur angerissen und Walter springt mit seinen Gedanken nicht nur im Thema, sondern auch in den Zeiten. Doch spätestens nach fünf bis 10 Seiten war ich so gefesselt von Walters Innenleben, dass ich das Buch fast in einem Rutsch durchlas (wer es bis dahin immer noch öde finden sollte, sollte besser aufhören zu lesen. Denn dieser Stil bleibt bis zum Ende). Julia Wolf schildert die Gedankengänge dieses alternden Mannes so überzeugend, als habe sie tatsächlich in seinem Kopf gesteckt. Und ich habe mich beim Lesen immer wieder gefragt, wie ihr das gelungen ist. Wer dieses Buch gelesen hat, wird einen bestimmten Männertyp künftig mit anderen Augen betrachten - zumindest mir wird es mit großer Wahrscheinlichkeit so gehen :-)

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