Es gibt Bücher, die verschlagen einem die Sprache, machen einen atemlos. Aus Begeisterung, Faszination und/oder Entsetzen. Letzteres trifft auf Kukolka zu, denn die Geschichte, die hier erzählt wird, ist so grausam, dass ich mir immer wieder wünschte, sie sei reine Phantasie. Vermutlich bleibt es bei einem frommmen Wunsch. Die siebenjährige Samira flieht aus dem Waisenhaus, in dem sie (wie auch die anderen Kinder) eher als lästige Objekte wie als zu umsorgende Lebewesen behandelt werden. Schikanen und Schläge sind an der Tagesordnung, und als ihre beste Freundin Marina von deutschen Eltern adoptiert wird, beschließt Samira, ihr nachzureisen. Sie gerät an Rocky, der sie unter seine Fittiche nimmt, und sie, wie auch andere Kinder und Jugendliche, betteln, stehlen und arbeiten lässt, um damit sein Leben zu finanzieren. Doch Samira ist glücklich, denn endlich scheint sie frei zu sein und mit Rocky einen Menschen zu haben, der sich wirklich um sie kümmert. Mit dreizehn trifft sie Dima, einen jungen Mann, der von ihr ebenso fasziniert ist wie sie von ihm und sie tatsächlich nach Deutschland bringt. Samira scheint fast am Ziel, doch ihr Glück währt nicht lange. Es ist eine Geschichte, wie man sie vermutlich schon unzählige Male in der Kurzversion im Fernsehen gesehen oder in irgendwelchen Zeitschriften gelesen hat. Doch hier wird das Erlebte aus der Perspektive eines betroffenen Kindes geschildert, das einen scheinbar unverrückbaren Glauben an das Gute im Leben hat - und im Menschen. Sie wird ausgebeutet, verraten und missbraucht - und dennoch bleibt sie im Grunde ihres Wesens eine Optimistin. Bei einer derartigen Geschichte und einer solchen Heldin besteht die Gefahr, dass das Ganze schnell kippt: in eine allzu mitleidsvolle, vielleicht schon kitschige Gefühlslage. Doch der Autorin gelingt das Kunststück, die Sprache dieser Heldin so natürlich wiederzugeben, als stünde sie neben einem und würde alles direkt erzählen, ohne Bitterkeit, einfach grausam-sachlich: "Ich sollte ihn mit beiden Händen reiben. Rocky sagte, er braucht das. Das wäre das Mindeste, was ich für ihn tun kann, um ihm Schmerzen zu nehmen und damit er sich erholen kann. Er sagte, es wäre gut, wenn ich früh lerne, wie ein männlicher Körper funktioniert und wie man einem Mann Freude bereitet. Denn irgendwann würde ich einen Freund haben, und er würde enttäuscht sein von mir, wenn ich keine Erfahrung habe. Er sagte, dass er mir einen Gefallen tut, indem er mir das alles beibringt." Keine Gute-Laune-Literatur, aber eine äußerst intensive und berührende Lektüre!
Es gibt Bücher, die verschlagen einem die Sprache, machen einen atemlos. Aus Begeisterung, Faszination und/oder Entsetzen. Letzteres trifft auf Kukolka zu, denn die Geschichte, die hier erzählt wird, ist so grausam, dass ich mir immer wieder wünschte, sie sei reine Phantasie. Vermutlich bleibt es bei einem frommmen Wunsch.
Die siebenjährige Samira flieht aus dem Waisenhaus, in dem sie (wie auch die anderen Kinder) eher als lästige Objekte wie als zu umsorgende Lebewesen behandelt werden. Schikanen und Schläge sind an der Tagesordnung, und als ihre beste Freundin Marina von deutschen Eltern adoptiert wird, beschließt Samira, ihr nachzureisen. Sie gerät an Rocky, der sie unter seine Fittiche nimmt, und sie, wie auch andere Kinder und Jugendliche, betteln, stehlen und arbeiten lässt, um damit sein Leben zu finanzieren. Doch Samira ist glücklich, denn endlich scheint sie frei zu sein und mit Rocky einen Menschen zu haben, der sich wirklich um sie kümmert. Mit dreizehn trifft sie Dima, einen jungen Mann, der von ihr ebenso fasziniert ist wie sie von ihm und sie tatsächlich nach Deutschland bringt. Samira scheint fast am Ziel, doch ihr Glück währt nicht lange.
Es ist eine Geschichte, wie man sie vermutlich schon unzählige Male in der Kurzversion im Fernsehen gesehen oder in irgendwelchen Zeitschriften gelesen hat. Doch hier wird das Erlebte aus der Perspektive eines betroffenen Kindes geschildert, das einen scheinbar unverrückbaren Glauben an das Gute im Leben hat - und im Menschen. Sie wird ausgebeutet, verraten und missbraucht - und dennoch bleibt sie im Grunde ihres Wesens eine Optimistin.
Bei einer derartigen Geschichte und einer solchen Heldin besteht die Gefahr, dass das Ganze schnell kippt: in eine allzu mitleidsvolle, vielleicht schon kitschige Gefühlslage. Doch der Autorin gelingt das Kunststück, die Sprache dieser Heldin so natürlich wiederzugeben, als stünde sie neben einem und würde alles direkt erzählen, ohne Bitterkeit, einfach grausam-sachlich: "Ich sollte ihn mit beiden Händen reiben. Rocky sagte, er braucht das. Das wäre das Mindeste, was ich für ihn tun kann, um ihm Schmerzen zu nehmen und damit er sich erholen kann. Er sagte, es wäre gut, wenn ich früh lerne, wie ein männlicher Körper funktioniert und wie man einem Mann Freude bereitet. Denn irgendwann würde ich einen Freund haben, und er würde enttäuscht sein von mir, wenn ich keine Erfahrung habe. Er sagte, dass er mir einen Gefallen tut, indem er mir das alles beibringt."
Keine Gute-Laune-Literatur, aber eine äußerst intensive und berührende Lektüre!