Morgen kommt ein neuer Himmel
367 Seiten

Siebenhunderttausend Damen können nicht irren. Siebenhunderttausend Mal verkaufte sich Lori Nelson Spielmanns Roman Morgen kommt ein neuer Himmel allein in der Bundesrepublik Deutschland. Und das sind nur die Druck- und Ebook-Exemplare. Der Argon-Verlag möchte auch ein wenig vorn der Torte „Belletristik Bestseller Nr. 1 / 2014“ mitessen und legte ein Hörbuch nach. Mit Anja Stadlober fand man zudem eine sehr gute Besetzung für dieses Sujet. Der Grundton ihrer Lesung ist ein wenig wehleidig und doch irgendwie zupackend.

Denn nichts anderes bleibt der Roman-Heldin Brett Bohlinger übrig. Ihre abgöttisch geliebte Mutter verstirbt an Krebs als Brett gerade mal 34 Jahre alt ist und somit noch gar nicht richtig im Leben steht. Im vollen Bewusstsein ihres jugendlichen Unvermögens rechnet sie damit, das zig millionenschwere Familienunternehmen zukünftig zu leiten. Natürlich hat sie davon keine Ahnung und natürlich ist sie die Einzige, die ihre Mutti wirklich geliebt hat. Deswegen liegt sie heulend in deren Bett, während unten die vollkommen beschäuerte Restfamilie versammelt ist. Und weil die Paarung dieser schrecklichen Umstände so schwer und erdrückend ist, kippt sich unser nun auch schon etwas gealtertes Girlie in der Eröffnungs-Szene erstmal eine 700-$-Pulle Champagner in die nichtsnutze Birne. Doch die Firma bekommt nicht Brett sondern deren blöde Schwägerin. Brett erbt eine Liste mit Lebenszielen, die sie zu allem Überfluss während ihrer Pubertät selbst zu Papier gerotzt hat und von der sie nun so gar nichts mehr wissen will. Darauf stehen so flauschige Dinge wie ein Köter und ein Zosse. Aber auch Gutes wollte sie – naiv wie sie war – einmal vollbringen. Letztendlich wollte sie sich dann noch in den richtigen verlieben und mit dem Thema – Sie ahnen es – lag mir Stadlober den ganzen Rest der Romanlesung andauernd in den Ohren. Ein junger Anwalt, der glücklich/unglücklich eine ältere Frau liebt, soll die Erlangung der Ziele überwachen. Immer, wenn seiner Meinung nach ein Ziel erreicht ist, bekommt die dumme Brett einen Brief von Mutti in einem rosafarbenen Umschlag.

Kürzen wir das ab: Brett erlangt fast alle Ziele. Eines wird ihr von unserem Anwalt erlassen. Sie wird eine Lehrerin, hilft gesellschaftlich vernachlässigten Menschinnen, bekommt das Sorgerecht für das Baby einer Nebenfigur, die dankenswerterweise zu diesem Zwecke aus dem Roman durch Hinschied abtritt, nennt einen Lastrami (Landstraßenmischung) ihr eigen … und verliebt sich in den Richtigen. Jedenfalls erfährt man nichts Gegenteiliges, da auch jeder noch so schöne Roman einmal sein Ende finden muss. Alles weitere lesen wir dann im Gedicht Danach von Kurt Tucholsky. Den Rest meiner Kritik hier: theiresiasweb.de/2015/04/22/der-roman-zur-debatte-regrettingmotherhood/

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