Mister Pip Roman
282 Seiten

Bougainville, eine kleine Insel im pazifischen Ozean, deren Name ich bisher eher mit der ebenfalls nach ihrem Namensgeber benannten Pflanze Bougainvillea in Verbindung brachte, ist der Schauplatz dieses Romans, der sich vor dem realen Hintergrund des dortigen, von der Weltöffentlichkeit fast unbemerkten Bürgerkrieges abspielt. Tausende von Menschen starben damals, darunter viele Zivilisten, unter anderem auch infolge der Blockade, die das Eiland von sämlichen Lieferungen incl. Lebensmittel und Medikamente abriegelte.
Auch Mathilda, ein 'dünnes vierzehnjähriges Ding', spürt die Auswirkungen. Von ihrem Vater, der in Australien arbeitet, bekommen sie und ihre Mutter keine Nachrichten mehr und alle Ausländer verlassen nach und nach die Insel, so auch ihre Lehrerin. Lediglich der etwas schrullige Mr. Watts mit seiner einheimischen Frau Grace bleiben und nach einiger Zeit bietet er sich als Lehrer für die verbliebenen Kinder an. Sein 'Hauptprojekt' ist das tägliche Vorlesen eines Kapitels aus 'Große Erwartungen' von Charles Dickens, dem 'größten Roman des größten englischen Schriftstellers aus dem 19. Jahrhundert'. Nicht nur Mathilda ist begeistert, doch für sie wird der Waisenjunge Pip, die Hauptfigur, zu einem richtigen Freund und sie lernt zum ersten Mal in ihrem Leben eine neue Welt kennen - sehr zum Missfallen ihrer gottesfürchtigen Mutter. Doch es bleibt nicht bei den verhältnismäßig kleinen Unstimmigkeiten: Der Bürgerkrieg rückt in ihrem Dorf ein in Form einer Gruppe von Soldaten...
Jones beschreibt im Namen der 14jährigen Mathilda in bedachtsamer und aufmerksamer Form, was Literatur im Menschen bewirken kann: Wie die Phantasie sich Bahn bricht, fiktive Gestalten immer realere Formen annehmen im Guten wie im Schlechten und dass das Zurückziehen in seine eigene Gedankenwelt dennoch Kraft, Hoffnung und Trost geben kann - gerade in schlimmen Zeiten. Ein schönes Buch, das zum Lesen animiert - und besonders zum Lesen der 'Großen Erwartungen' ;-)