Manja

Ich muss gestehen, ich hatte leichte Zweifel als ich mit diesem umfangreichen Hörbuch begann. 873 Minuten - und das zu einem solch ernsten Thema. Ist das auszuhalten? Nein, zumindest nicht immer. Doch dies hängt nicht mit der Länge der Lesung oder des Inhalts an sich zusammen, sondern mit der unbeschreiblich eindringlichen Sprache Anna Gmeyners, die kongenial von Iris Berben umgesetzt wurde. Immer wieder musste ich innehalten, um das Gehörte erst einmal zu verdauen.
Fünf Kinderschicksale in der Zeit von 1920 bis 1934 werden geschildert, jedes so individuell wie Menschen nun mal sind. Manja, das 'Ergebnis' einer spontanen Liebesnacht, voller Lebendigkeit und Liebe dem Leben gegenüber, lebt in einer verarmten jüdischen Einwandererfamilie. Und dann die vier Jungen, deren Familien einen Querschnitt durch die gesamte Gesellschaft bilden: die politisch engagierte Arbeiterschaft, das großbürgerliche, reiche Judentum, die liberalen konfessionslosen Intellektuellen und die faschistischen Kleinbürger. Gemein ist ihnen, dass sie Manja lieben, egal wer aus welcher Familie kommt. Es ist eine schöne, wenn auch von Geldsorgen geprägte Kindheit die da erzählt wird. Doch das Unheil des III. Reiches rückt näher und macht auch vor der Freundschaft dieser Fünf nicht halt. Denn Manja und Harry, einer der vier Jungs, sind nicht rasserein...
Gmeyners Sprache ist voller Poesie und doch so genau, dass man das Schrecken und Grauen dieser Zeit förmlich mit den Händen greifen kann. Iris Berben setzt dies in einer fantastischen Art und Weise um. Rauh und hart klingt ihre Stimme, wenn der faschistische Familienvater seinen Sohn zusammenbrüllt, weich und sanft wenn Manja sich um ihre schwache Mutter kümmert. Einfach brilliant!