Firmin: Ein Rattenleben
201 Seiten

Firmin kommt als 13. Rattenjunges in einer Buchhandlung zur Welt, im Vergleich zu seinen Geschwistern körperlich eher zurückgeblieben und wenig durchsetzungsstark. Statt sich mit ihnen ums Fressen zu streiten, frisst er sich im wahrsten Sinne des Wortes durch die Bücher um ihn herum. Und stellt zu seiner eigenen Verwunderung eines Tages fest, dass er lesen kann. Um sich die geistige Nahrung zu erhalten, hält er sich beim Fressen nunmehr an die Ränder und Einbände - und verschlingt zusätzlich den Inhalt mit den Augen in großen Mengen. Durch all das Wissen das er auf diese Art und Weise ansammelt, fühlt er sich den Menschen immer mehr verbunden und wünscht sich nichts sehnlicher als von ihnen als einer der ihren anerkannt zu werden. Firmin versucht mit dem Buchhändler in Kontakt zu treten, doch all seine Bemühungen scheitern: Zeichensprache, Schreibmaschine, Blickkontakt (Computer gab es noch nicht). Als er in einer gefährlichen Situation von einem anderen Menschen gerettet und 'adoptiert' wird, hat Firmin zwar den gewünschten direkten Kontakt, doch die Anerkennung als Wesensgleicher bleibt ihm weiterhin versagt. Er arrangiert sich mit der Situation, spielt das putzige Haustier und erträumt sich seine Welt...
Zu Beginn ist man verwundert: Der Sprachstil ist für eine Ratte doch sehr gewählt, wenn nicht sogar gelegentlich etwas geschraubt. Doch bald wird einem bewusst, wieviel Firmin in seinem doch recht kurzen Leben bereits gelesen hat. Und dass er mit diesem Wissen und der sich angeeigneten Bildung so manchen Menschen weit übertrifft. Dennoch: Eine Ratte ist eine Ratte ist eine Ratte.
Eine moderne Fabel die mit etwas Nachdenken klar macht, wie wenig äußere Attribute doch etwas über das aussagen, was dahinter steckt. Und das alles ohne moralischen Zeigefinger. Lesenswert!