Der Alpdruck
285 Seiten

Deutschland in den Monaten des Zusammenbruchs der Jahre 1945/46: Die Siegermächte nahen, im Osten des Landes kann es nicht mehr lange dauern, bis die russische Armee eintrifft. Viele packen ihr Hab und Gut und fliehen in den Westen, denn wenn der Russe kommt... Doch die Dolls in einem kleinen mecklenburgischen Dorf freuen sich, ganz im Gegensatz zum Rest der Bewohner. Zunächst sieht es gut für das Paar aus: Trotz Verleumdungen wird Dr. Doll vom russischen Kommandanten zum Bürgermeister ernannt. Doch die Arbeit fordert mehr von ihm als er zu leisten fähig ist und so kommt er, gemeinsam mit seiner ebenfalls kranken Frau, ins Krankenhaus. Mehr oder weniger genesen gehen beide nach Berlin, wo Frau Doll noch eine Wohnung besitzt. Doch als sie dort ankommen, wird ihnen nicht geöffnet: Ihre Wohnung ist besetzt, ihr Hab und Gut verstreut. Mitten im zerstörten Berlin stehen sie wie tausend Andere auch vor dem Nichts...
Es ist die Geschichte Hans Falladas, und die Aussage des Vorwortes, das Buch sei autobiographisch inspiriert, halte ich persönlich für stark untertrieben. Zuviele der handelnden Personen sowie der Geschehnisse des Romanes stimmen mit dem realen Leben Falladas überein. Und mir erklärt es den stark Ich-bezogenen Ton, der das ganze Buch durchzieht. Doll/Fallada krankt an den Verbrechen die das deutsche Volk verübte ebenso wie an dem stillen Mitläufertum, das das Alles erst ermöglichte und wozu er sich auch selber zählt. Er verurteilt ohne Ausnahme einschließlich seiner eigenen Person und wird erst angesichts konkreter Armut und Hilfsbedürftigkeit milde und mitfühlend, aber auch dann ohne jede Einschränkung. Kein Gedanke daran, dass auch diese Menschen vielleicht überzeugte Nazis oder Mitläufer waren - hier zählt plötzlich nur der Mensch. Diese Einseitigkeit des Protagonisten, egal in welche Richtung, ist vermutlich der Krankheit Dolls/Falladas zuzuschreiben, der zeit seines Lebens an Depressionen litt, was es mir aber schwermachte, mich mit Doll als Romanhelden anzufreunden. Unter dem Aspekt Biographie betrachtet ist es jedoch ein ungemein ehrliches wie auch schonungsloses Zeugnis einer Zeit, die schlimmer kaum hätte sein können.
Es gibt auch (wenige) humorvolle Stellen, an den durchschimmert, welch 'anderer' großer Erzähler Fallada ebenfalls war. Ich werde mir in jedem Falle seine weiteren Werke früher oder später zu Gemüte führen.