Das Einstein-Mädchen
455 Seiten

Berlin 1932, eine junge Frau wird bewusstlos im Wald gefunden und mit Amnesie in die Charité eingeliefert. Der einzige Hinweis ist ein Programmzettel von einem Vortrag Albert Einsteins, den man bei ihr fand. Dr. Martin Kirsch, ein dort praktizierender Psychiater, ist von ihr fasziniert und nimmt sich ihres Falles an. Er betreibt intensive Nachforschungen, die weit über ein berufliches Interesse hinausgehen und ihn bis nach Zürich führen. Doch gleichzeitig muss er um seine Stelle als Arzt in der Charité und um sein Leben kämpfen. Und die Geister der Vergangenheit fordern in Gestalt seines verstorbenen Bruders Max zusätzlich ihren Tribut. Als ob all dies nicht genug wäre, beginnt er seine Beziehung zu Alma, seiner Verlobten, in Frage zu stellen. Ist sie wirklich die Richtige?
All dies spielt sich vor dem Hintergrund der Machtergreifung der Nazis ab, die unmittelbar nach der Regierungsübernahme auch Einfluss auf Dr. Kirschs Arbeitsgebiet nehmen. Obwohl er nur für seine Arbeit lebt, findet er sich zu seiner Überraschung plötzlich in einer tragenden Rolle des Psychiatriewesens der Nazis wieder.
Es ist ein bisschen viel, womit sich der gute Dr. Kirsch in diesem Buch beschäftigen muss - neben der Behandlung des Einstein-Mädchens. Man spürt, dass dem Autor diese Themen am Herzen liegen: das sinnlose Töten im Krieg, das rücksichts- und gedankenlose Experimentieren mit Patienten aus psychiatrischen Anstalten, der Umgang mit diesen Kranken im Dritten Reich. Aber auch die Entdeckung der Quantenphysik und die damit verbundene Erkenntnis, dass Wissenschaftler damit ihrer Objektivität beraubt wurden. Sington schildert all dies überzeugend und wohl auch wahrheitsgetreu, doch manche der angerissenen Themen enden (vermutlich aufgrund der Vielzahl) bedauerlicherweise im Nirgendwo.
Dennoch: Es ist ein gut unterhaltendes und ebenso geschriebenes Buch (aber wahrlich kein Thriller, wie der Klappentext behauptet), aus dem man sicherlich auch manches Neue zum Thema Psychiatrie und Quantenphysik erfährt. Leicht zu lesen, aber nie seicht. Und wer weiß, vielleicht war das mit Albert Einstein tatsächlich so...?