Ohne Vorbildung ist dieses Buch nicht zu empfehlen. Aber wenn diese vorhanden ist, ist dieses charmante und unterhaltsame Werk ein großer Genuss.
Ohne Vorbildung ist dieses Buch nicht zu empfehlen. Aber wenn diese vorhanden ist, ist dieses charmante und unterhaltsame Werk ein großer Genuss.
Eine Geistes- und Kulturgeschichte des Jahres 1913. Der Vorabend des ersten Weltkrieges als der Sommer des Jahrhunderts. Texte, Briefe und andere Äußerungen von Schriftstellern/innen, Malern und Musikern collagiert Florian Illies zu dem Bild eines Kultur- und Politikbetriebs der, jeder für sich, zunächst einmal mit sich selbst beschäftigt ist, dabei jedoch zumindest viel Kurioses hervorbringt. Wie ein guter Reporter führt Illies die Fäden zusammen und zwingt geradezu zum Weiterlesen oder wieder Aufschlagen, macht Lust auf einen Besuch im Museum, schafft es bei mir jedoch ebenfalls (wie viele andere) nicht, irgend ein ästhetisches Interesse an der Musik Bergs und Schönbergs zu wecken. Alle sind sie schon da: Hitler, Stalin, Trotzky. Ihre Lebensmittelpunkte liegen in Wien so dicht beieinander, dass sie sich hätten begegnen können. Verfall lauert allen Ortens und zu jeder Stunde: Sei es die Passion Franz Kafkas, der sich nur schriftlich, doch stets selbstzweifelnd, zu äußern vermag, die Angst um den finanziellen Ruin bei Thomas Mann oder das stete Leben am Existenzminimum bei Else Lasker-Schüler. Zwischendrin Skandal um Skandal mal zufällig, mal provoziert, oft, in der Hoffnung auf den eigenen Vorteil, inszeniert. Alles in allem ein schwer fassbares doch in seinen Bann ziehendes Gesamtbild. Schade nur, dass die Bereiche Naturwissenschaft und Technik nur extrem peripher tangiert werden.